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       # taz.de -- Buch über Krisen und Katastrophen: Wenn man selbst die Antwort nicht kennt
       
       > Sara Bildau hat „Mama, kommt der Krieg auch zu uns?“ herausgebracht.
       > Darin erklärt sie, wie man Kindern das Zeitalter der Krisen vermitteln
       > kann.
       
   IMG Bild: U-Bahn-Schule in Charkiw, April 24. Die Schule wurde unterirdisch gebaut, um die Kinder vor russischen Angriffen zu schützen
       
       In seinem Besteller [1][„Die Macht der Geographie]“ aus dem Jahr 2015
       schreibt der britische Journalist Tim Marshall, die Europäer lebten im
       Paradies, sollten aber nicht glauben, dass die Regeln des Paradieses auch
       draußen in der Welt der Macht Gültigkeit hätten.
       
       Und nun, zehn Jahre später, stehen wir da, als „Gefangene der Geographie“,
       wie das Buch treffend im Original heißt: Im Osten die vollendet
       mafiös-faschistische atomare Schurkenmacht Russland, immer noch verdammt
       nah, so viele Staaten Ostmitteleuropas auch zwischen uns und Moskau liegen
       mögen, die sich seiner Herrschaft entzogen haben.
       
       Im Westen, jenseits des Atlantiks – nicht nur geographisch ziemlich weit
       weg – das tendenziell mafiös-faschistische Regime in Washington. Und im
       Süden, wenn wir die Erkenntnisse der Wissenschaft und unsere eigenen
       Warnungen vor der Klimakatastrophe ernst nehmen, eine schon mittelfristig
       [2][nur noch bedingt lebenswerte Großregion.]
       
       Und zwischen all dem steckt das einstige Paradies, unser Europa, das die
       ganze Welt kriegerisch kolonialisiert hat und dessen Industrien sie
       maßgeblich aufgeheizt haben.
       
       ## Seriöses Handwerk
       
       Das ist die Lage, in die derzeit Kinder hineinwachsen, ob sie nun, in der
       Diktion des Buches von Sara Bildau [3][„Mama, kommt der Krieg auch zu
       uns?“], „unsere Große“ oder „unsere Kleine“ sind:
       
       „‚Mama, kommt der Krieg auch zu uns?‘, will meine Große plötzlich von mir
       mit erwartungsvollem Blick wissen. In Erwartung, dass ich sie wie so oft
       schnell beruhigen kann. Doch dieses Mal hat sie mich eiskalt erwischt. (…)
       Krieg auch in Deutschland? Allein der Gedanke daran war bis vor einiger
       Zeit völlig abwegig. Doch seit Beginn des russischen Angriffskriegs in der
       Ukraine ist diese Frage jeden Tag dringender und aufdringlicher geworden –
       ich stelle sie mir selbst oft. Die Antwort darauf kenne ich allerdings
       nicht.“
       
       Aus dem Bedürfnis heraus, ihre Hilflosigkeit als Mutter nicht Überhand
       gewinnen zu lassen, begibt sich Sara Bildau mit seriösem journalistischem
       Handwerk auf die Suche. Sie gliedert das Thema nach Altersgruppen,
       interviewt einen Medienexperten, eine Lehrerin, eine Bildungsreferentin für
       Kitas und viele andere Menschen mit hilfreichen Analysen und Tipps.
       
       Das Ergebnis ist dann ein wenig so selbsterklärend wie die überhand
       nehmenden Ernährungsempfehlungen: also nur Dinge zu essen, die auch wie
       Essen aussehen, bewusst konsumieren, sich Zeit nehmen und so weiter.
       
       ## Edle Aufgabe
       
       Aber auch in diesem Katalog des scheinbar Selbstverständlichen gibt es
       Sätze, die viel stärker ins gesellschaftliche Bewusstsein gehämmert
       gehören, etwa wenn die Lehrerin Antje Menn betont: „Neben den
       Erziehungsberechtigten haben wir einen im Grundgesetz verankerten
       Erziehungsauftrag. Den müssen wir wahrnehmen, denn die Schule ist die
       einzige Sozialisationsinstanz, die alle Kinder durchlaufen. Wir haben die
       Aufgabe, die Schülerinnen und Schüler auf den lösungsorientierten Umgang
       mit Unsicherheiten vorzubereiten, um sie so stark und lebenstüchtig zu
       machen.“
       
       Wer schulpflichtige Kinder hat, weiß, dass die Schulen für diese ja in der
       Tat und altmodisch gesagt edle Aufgabe nicht im mindesten ausgestattet
       sind. Harald Welzer hat kürzlich [4][nochmal darauf hingewiesen,] dass
       Kinder und Jugendliche als Wählergruppe [5][irrelevant] sind, nur 14
       Prozent der Wahlberechtigten sind unter dreißig Jahre alt.
       
       Aber auch hier wird nichts bleiben, wie es ist. Denn an die Verstoßung aus
       dem Paradies und die neuen harten Verhältnisse der Macht werden sich die
       heute Jungen besser und schneller anpassen als die immer hilfloseren Alten.
       
       In zehn Jahren wird die Welt nichts mehr mit dem relativ gelassen zu
       betrachtenden Pöstchen zu tun haben, das die europäischen
       Nachkriegsgenerationen erlebt haben. Nicht umsonst gibt es Marshalls Buch
       über „Die Macht der Geographie“ inzwischen auch schon in einer Ausgabe für
       Kinder ab 9 Jahren.
       
       8 Mar 2025
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://www.perlentaucher.de/buch/tim-marshall/die-macht-der-geographie.html
   DIR [2] https://www.techno-science.net/de/nachrichten/klima-bald-kritische-temperaturen-in-nordafrika-und-im-nahen-osten-N26173.html
   DIR [3] https://gu.de/products/65999-mama-kommt-der-krieg-auch-zu-uns-vorwort-von-peter-maffay?variant=45671931576494
   DIR [4] /!vn6073693/
   DIR [5] /Kinder-und-Jugendliche/!6066907
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Ambros Waibel
       
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