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       # taz.de -- Schuldenbremse und Sondervermögen: „Geht die Union auch heimlich kiffen?“
       
       > Für ihre Kehrtwende braucht die Union die Grünen – auch im Bundesrat.
       > Mehrere Landesminister:innen stellen jetzt Bedingungen.
       
   IMG Bild: Die Jüngeren nicht zu vergessen, fordert die stellvertretende Ministerpräsidentin von NRW, Mona Neubaur, hier im Bundesrat
       
       Berlin taz | Um ihr Finanzpaket umzusetzen, brauchen Union und SPD die
       Unterstützung der Grünen. Deren Fraktionschefinnen im Bundestag, Katharina
       Dröge und Britta Haßelmann, [1][verhandeln bereits mit Schwarz-Rot]. Sie
       haben bereits angekündigt, dem Beschluss nicht bedingungslos zuzustimmen.
       Aber es kommt auch woanders auf die Stimmen der Grünen an: Im Bundesrat
       bräuchte eine Verfassungsänderung die Zustimmung der grün regierten Länder.
       Aus diesen kommen nun Forderungen – und harsche Kritik an der Union.
       
       Grundsätzlich stößt das Finanzpaket – [2][500 Milliarden Euro für die
       Infrastruktur, 100 davon für die Länder, und dazu eine Reform der
       Schuldenbremse für Militärausgaben] – bei den Landesgrünen auf Zustimmung.
       „Das ist ja genau der Hebel für mehr Investitionen, Innovation und mehr
       Wachstum, für den wir seit Jahren auf Bundesebene streiten. Leider haben
       Union und FDP dies bislang blockiert, dadurch hat Deutschland viel
       wertvolle Zeit verloren“, sagt etwa Hamburgs zweite Bürgermeisterin
       Katharina Fegebank der taz.
       
       Allerdings, so die Kritik mehrerer Grünen-Minister*innen, habe die Union
       wertvolle Zeit verschwendet. „Keines der Probleme, die mit dem Paket
       angegangen werden sollen, sind in den vergangenen Tagen entstanden“, sagt
       Nordrhein-Westfalens stellvertretende Ministerpräsidentin Mona Neubaur der
       taz. Schließlich sei etwa das Vorgehen des US-Präsidenten Donald Trump in
       seiner zweiten Amtszeit lange vorhersehbar gewesen.
       
       Auch die Folgen des Krieges der Ukraine seien schon seit Jahren abzusehen,
       so Neubaur. „Die Unverfrorenheit, mit der die Union im Bund wenige Tage
       nach der Wahl ihr Programm kassiert, ist schwer in Worte zu fassen“.
       
       ## Kollegen teilen die Kritik
       
       Die Kritik teilt auch Baden-Württembergs Finanzminister Daniel Bayaz: „Dass
       Friedrich Merz eine Woche nach der Wahl in der Realität ankommt, wo der
       gigantische Investitionsbedarf doch seit langem klar ist, spricht nicht
       gerade für strategische Weitsicht und politische Redlichkeit. Besser wäre
       es gewesen, diese grundlegenden Reformen frühzeitig, strategisch und nicht
       unter Zeitdruck anzugehen.“
       
       Die Hamburgerin Fegebank geht noch weiter: Mit ihrem Vorgehen habe die
       Union der Demokratie geschadet. „Bei der Geschwindigkeit, mit der die Union
       jetzt bisherige Positionen und Haltungen über Bord wirft, fragt man sich
       ja, ob die auch schon heimlich in der Mittagspause zum Kiffen in den Park
       gehen“, sagt sie.
       
       Klar sei, dass die Vorschläge nicht alle Haushaltsprobleme lösen können, so
       Schleswig-Holsteins Finanzministerin Silke Schneider. Allerdings könnten
       sie bei den nötigen Zukunftsinvestitionen helfen. „Es liegt jetzt an
       Friedrich Merz, diese dringend notwendige Reform auch in Abstimmung mit der
       Fraktion von Bündnis 90/Die Grünen zum Gelingen zu bringen.“
       
       ## Länder wollen mehr Geld für sich
       
       Trotz der generellen Offenheit für Verhandlungen, ist Bremens Finanzsenator
       Björn Fecker über die Versäumnisse der Union pikiert: „Vergessen worden ist
       offensichtlich der Klimaschutz, der ebenfalls hohe Investitionen
       erfordert“. Dem stimmt Katharina Fegebank ebenfalls zu: „Wenn wir so ein
       großes Investitionspaket schnüren, muss auch der Klimaschutz als die größte
       Menschheitsaufgabe angemessen berücksichtigt werden“.
       
       Um der Klimakrise zu begegnen, müssten den Ländern und Kommunen
       ausreichende Mittel gegeben werden. „In der aktuellen Aufteilung, sollten
       nur 100 von den 500 Milliarden Euro an Länder und Kommunen gehen, sehe ich
       das derzeit nicht“, sagt NRWs stellvertretende Ministerpräsidentin Neubaur.
       
       „Die Kommunen stemmen gut 60 Prozent der öffentlichen Bauinvestitionen in
       unserer Republik. Deshalb erwarte ich, dass für die Länder und Kommunen der
       Anteil deutlich auf mindestens zwei Fünftel (200 Milliarden Euro) aus dem
       Infrastruktur-Sondervermögen erhöht wird“, fordert Bremens Finanzsenator
       Fecker. Aus Schleswig-Holstein heißt es, auch [3][Küstenschutz und
       Maßnahmen zur Klimafolgenanpassung] müssten mit bedacht werden.
       
       ## Schwarz-Rot lässt Fragen offen
       
       Ungeklärt ist bislang auch, ob mit dem Sondervermögen ausschließlich
       zusätzliche oder auch bereits geplante Investitionen finanziert werden
       sollen. Um langfristig die finanzielle Handlungsfähigkeit der Länder zu
       gewährleisten, sollten mit dem Finanzpaket lediglich zusätzliche
       Investitionen getätigt werden können, fordert Baden-Württembergs
       Finanzminister Bayaz.
       
       „Wäre das nicht der Fall, dann entstünde ein möglicher Verschiebebahnhof
       für bestehende Investitionen und frei werdende Mittel in Kernhaushalten
       würden sehr wahrscheinlich konsumtiv ausgegeben. Das wäre der völlig
       falsche Weg“, sagt er.
       
       Noch sei das Vorhaben der Union zu unkonkret und ließe viele Fragen offen.
       „Wie stellen wir zum Beispiel sicher, dass die Verteidigungsausgaben auch
       vor allem Hochtechnologie zu Gute kommen? Dass die Mittel für Infrastruktur
       auch abfließen, indem wir Kapazitäten aufbauen und schneller in der
       Genehmigung sind? Wie können diese konkret die digitale und ökologische
       Erneuerung des Standorts unterstützen?“, so Bayaz.
       
       ## „Verteidigungs-Soli für Gutverdiener“
       
       Unbedingt notwendig seien auch Antworten auf die strukturelle
       Unterfinanzierung bestimmter Staatsaufgaben, sagt Niedersachsens
       Finanzminister Gerald Heere: „Es wäre fatal, wenn nun der Handlungsdruck
       verschwände und grundsätzliche Themen wieder in die Zukunft verschoben
       würden.“
       
       Was bei all dem nicht vergessen werden dürfe, ist die
       Generationengerechtigkeit, fordert Nordrhein-Westfalens stellvertretende
       Ministerpräsidentin Mona Neubaur. Dem schließt sich auch Bayaz an: „Wir
       können die Kosten für dieses gigantische Kreditpaket auch nicht vollständig
       in die Zukunft schieben und unseren Kindern aufbürden. Die geplanten
       Schulden werden zumindest zum Teil auch von der jetzigen Generation
       getragen werden müssen.“
       
       Antworten darauf, wie das geschehen soll, habe es von der Union noch keine
       gegeben. Mögliche Maßnahmen dafür sieht Bayaz in Umschichtungen im
       Bundeshaushalt oder auch einem „Verteidigungs-Soli für Gutverdiener“. „Wer
       Schulden in dieser Größenordnungen aufnimmt, sollte auch so ehrlich sein
       und darlegen, wie er gedenkt, diese abzutragen. Dazu habe ich bislang aber
       noch nichts gehört“, so der Baden-Württemberger.
       
       7 Mar 2025
       
       ## LINKS
       
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       ## AUTOREN
       
   DIR Marco Fründt
       
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