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       # taz.de -- +++ Krieg in Nahost +++: Verhandlungen um Waffenruhe und Protest auf dem Golfplatz
       
       > Die Aushandlungen um die Waffenruhe in Gaza sollen wieder aufgenommen
       > werden. Propalästinensische Aktivist*innen besprühen Trumps
       > Golfanlage.
       
   IMG Bild: Konnte Brot ergattern: Ein Palästinenser in Gaza vor einer Bäckerei in Chan Junis
       
       Drohnenangriff in Gazas Stadtteil Schedschaija
       
       Vor dem Hintergrund einer brüchigen Waffenruhe ist bei einem israelischen
       Luftangriff im Gazastreifen ein Palästinenser getötet worden. Zwei weitere
       erlitten Verletzungen, als eine israelische Drohne eine Gruppe von Menschen
       in Gazas Stadtteil Schedschaija angriff, wie die örtlichen
       Gesundheitsdienste meldeten.
       
       Die israelische Armee teilte wenig später mit, dass eine Gruppe Militanter
       in der Nähe einer israelischen Militärstellung einen Sprengkörper abzulegen
       versucht habe. Die israelische Luftwaffe habe die Gruppe bombardiert, um
       die Bedrohung für die israelischen Truppen zu beseitigen.
       
       Die Angaben keiner der beiden Seiten lassen sich unabhängig überprüfen.
       Zwischen Israel und der islamistischen Hamas im Gazastreifen besteht seit
       dem 19. Januar eine brüchige Waffenruhe. Israel hat seine Truppen aus dem
       abgeriegelten Küstenstreifen teilweise abgezogen, unterhält aber noch
       Stellungen in einer selbst definierten Pufferzone auf der Gaza-Seite
       entlang der Grenze zu Israel.
       
       Der Ostrand von Schedschaija liegt nur wenige hundert Meter von der Grenze
       entfernt. Israel behält sich auch während der Waffenruhe das Recht vor,
       gegen Bedrohungen seiner in Gaza verbliebenen Streitkräfte mit Waffengewalt
       vorzugehen. (dpa)
       
       ## Hamas fordert Verhandlungen über zweite Phase der Waffenruhe
       
       Die radikal-islamische Hamas hat eine sofortige Aufnahme der Gespräche über
       die zweite Phase der Waffenruhe im Gazastreifen gefordert. Die Forderung
       teilte sie am frühen Sonntagmorgen in einer Erklärung mit. Zuvor hatte ein
       Sprecher bereits mitgeteilt, dass es „positive Anzeichen“ für einen
       möglichen Beginn von Verhandlungen gebe.
       
       „Wir bekräftigen unsere Bereitschaft, an den Verhandlungen der zweiten
       Phase in einer Weise teilzunehmen, die den Forderungen unseres Volkes
       entspricht, und wir rufen zu verstärkten Anstrengungen auf, um dem
       Gazastreifen zu helfen und die Blockade gegen unser leidendes Volk
       aufzuheben“, so Hamas-Sprecher Abdel-Latif Al-Qanoua. Eine Delegation der
       Hamas führt derzeit in Kairo Gespräche über die zweite Phase der Waffenruhe
       im Gazastreifen mit Vermittlern aus Ägypten und Katar.
       
       Nach einem Treffen mit dem Leiter des ägyptischen Geheimdienstes, Hassan
       Mahmoud Rashad, bekräftigte die Hamas zudem, mit der Bildung eines Komitees
       mit „nationalen und unabhängigen“ Persönlichkeiten, das den Gazastreifen
       bis zu den Wahlen verwalten soll, einverstanden zu sein.
       
       Der ägyptische Präsident Abdel Fattah al-Sisi hatte zuvor angekündigt, dass
       Kairo in Zusammenarbeit mit den Palästinensern einen Verwaltungsausschuss
       aus unabhängigen und professionellen palästinensischen Mitgliedern bilden
       werde, die nach dem Ende des Krieges mit der Verwaltung des Gazastreifens
       betraut würden.
       
       Dies war Teil des Wiederaufbauplans für Gaza, den al-Sisi am Dienstag bei
       einem Gipfeltreffen der Arabischen Liga vorgestellt hat. Dieser sieht
       zunächst eine Verwaltung des Küstenstreifens durch ein palästinensisches
       Expertengremium vor, während parallel die Rückkehr der palästinensischen
       Autonomiebehörde in das Gebiet ermöglicht werden soll. Diese soll dann die
       politische Kontrolle übernehmen. (reuters)
       
       ## Israel signalisiert Verhandlungsbereitschaft
       
       Neben der Hamas signalisierte auch Israel, sich auf die nächste Phase der
       Verhandlungen um die Weiterführung der Waffenruhe vorbereiten zu wollen.
       „Israel hat die Einladung der von den USA unterstützten Vermittler
       angenommen und wird am Montag eine Delegation nach Doha entsenden, um die
       Verhandlungen voranzutreiben“, teilte das Büro von Ministerpräsident
       Benjamin Netanjahu mit.
       
       Die erste Phase der am 19. Januar in Kraft getretenen Waffenruhe war am 1.
       März ausgelaufen. Eigentlich sollten noch in der ersten Phase Verhandlungen
       über eine zweite Phase geführt werden, welche die Freilassung aller
       verbliebenen Geiseln ermöglichen und [1][den Weg für ein dauerhaftes Ende
       des Krieges ebnen soll.]
       
       Israel will die erste Phase nun hingegen bis Mitte April verlängern. Vor
       einem Eintritt in die zweite Phase verlangt Israel eine „vollständige
       Entmilitarisierung“ des Gazastreifens, das Verschwinden der Hamas aus dem
       Küstengebiet sowie die Freilassung aller von ihr festgehaltenen Geiseln.
       Die Hamas lehnt einen Abzug ab, verlangt ihrerseits den vollständigen
       Rückzug der israelischen Armee, das Ende der Blockade des Gebietes sowie
       den Wiederaufbau und finanzielle Hilfen.
       
       Das am 19. Januar in Kraft getretene Waffenruheabkommen für den
       Gazastreifen sieht unter anderem vor, dass die verbleibenden 59 Geiseln,
       die sich immer noch in der Gewalt der Hamas befinden, in einer zweiten
       Phase freigelassen werden sollen. In dieser zweiten Phase sollen auch Pläne
       für ein Ende des Krieges ausgehandelt werden. Die erste Phase der
       Waffenruhe endete vergangene Woche. Kurz darauf verhinderte Israel die
       Einfuhr von Hilfsgütern in den Gazastreifen und forderte die Hamas auf, die
       verbleibenden Geiseln freizulassen. (dpa)
       
       ## EU-Außenminister begrüßen Gaza-Plan arabischer Staaten
       
       Die Außenminister von Deutschland, Frankreich, Italien und Großbritannien
       haben [2][den Plan arabischer Länder für die Zukunft des Gazastreifens
       begrüßt]. Dieser zeige „einen realistischen Weg für den Wiederaufbau“ des
       Gazastreifens auf, hieß es in einer am Samstag vom Auswärtigen Amt
       veröffentlichten, gemeinsamen Erklärung. Der Plan verspreche im Falle
       seiner Umsetzung auch „eine rasche und nachhaltige Verbesserung der
       katastrophalen Lebensbedingungen der im Gazastreifen lebenden
       Palästinenser“.
       
       Die Bemühungen für einen Wiederaufbau müssten in einem „soliden politischen
       und sicherheitspolitischen Rahmen“ erfolgen, der sowohl für Israelis als
       auch für Palästinenser akzeptabel sei und langfristig Frieden und
       Sicherheit für Israelis und Palästinenser gleichermaßen biete. Die Hamas
       dürfe weder im Gazastreifen regieren noch eine Gefahr für Israel
       darstellen.
       
       [3][Die Außenminister der vier europäischen Länder unterstützen der
       Erklärung] zufolge die „zentrale Rolle“ der Palästinensischen
       Autonomiebehörde und die Umsetzung ihrer Reformagenda. Sie fordern alle
       Parteien auf, die Vorzüge des Plans der arabischen Länder als Ausgangspunkt
       zu nutzen.
       
       Die Arabische Liga stimmte dem Plan zu, die Bundesregierung begrüßte ihn am
       Freitag. Israel und die USA lehnten den Plan hingegen ab. Am Samstag nahm
       die Organisation für Islamische Zusammenarbeit (OIC) den Plan an. Die aus
       57 Mitgliedstaaten bestehende Organisation rief die internationale
       Gemeinschaft auf, schnell die notwendige Unterstützung für den Plan
       bereitzustellen.
       
       Der ägyptische Plan war eine Reaktion auf das von US-Präsident Donald Trump
       angekündigte Vorhaben, den Gazastreifen unter US-Kontrolle bringen und neu
       aufbauen zu wollen. Die dort lebenden Palästinenser sollen nach Trumps
       Vorstellungen das Gebiet verlassen und unter anderem nach Ägypten und
       Jordanien umgesiedelt werden. (afp)
       
       ## Protestparolen gegen Trump auf dessen Golfplatz in Schottland
       
       Gegen diesen Plan gab es am Wochenende Proteste von propalästinensischen
       Demonstranten. Sie haben einen der Golfplätze von US-Präsident Donald Trump
       in Schottland für ihren Protest genutzt. In der Nacht zum Samstag sprühten
       Aktivisten der Gruppe Palestine Action „Gaza is not 4 sale“ (Gaza steht
       nicht zum Verkauf) auf den Rasen der Anlage in Turnberry. Die Aktivisten
       beschädigten auch die Grünflächen und besprühten das Clubhaus der
       Luxusanlage mit blutroter Farbe.
       
       Dies sei die „direkte Antwort auf die erklärte Absicht der US-Regierung,
       den Gazastreifen ethnisch säubern zu wollen“, erklärten die Aktivisten.
       Trump hatte im Februar mit seinem Vorschlag für Empörung gesorgt, die USA
       sollten den Gazastreifen übernehmen und die dort wohnenden Palästinenser
       sollten die Region für immer verlassen und sich in Ägypten oder Jordanien
       ansiedeln.
       
       Der Rechtspopulist erklärte, er werde das Küstengebiet in eine „Riviera des
       Nahen Ostens“ verwandeln. „Während Trump versucht, den Gazastreifen wie
       sein Eigentum zu behandeln, sollte er wissen, dass sich sein Eigentum in
       Reichweite befindet“, erklärten die Aktivisten.
       
       Der Golfplatz in Turnberry ist eine von zwei Anlagen, die Trump in
       Schottland, dem Heimatland seiner Mutter, besitzt. Ein Sprecher der Anlage
       sprach von einer „kindischen, kriminellen Tat“. Turnberry sei ein
       „nationales Kulturgut“ und werde weiterhin „die Nummer eins für Luxus und
       Vortrefflichkeit in der Welt des Golfsports sein“. (afp)
       
       ## Mann mit Palästinaflagge auf Big Ben
       
       Auch in London gab es Proteste In London hat ein Mann einen großen
       Rettungseinsatz ausgelöst, weil er mit einer Palästinenserflagge auf den
       Uhrturm am britischen Parlament geklettert ist. Die Polizei rückte am
       Samstagmorgen zum Elizabeth Tower mit der bekannten Glocke Big Ben aus.
       
       „Beamte sind vor Ort und arbeiten daran, den Vorfall sicher zu Ende zu
       bringen“, teilte die Metropolitan Police mit. Die Feuerwehr und der
       Rettungsdienst seien ebenfalls im Einsatz.
       
       Ein Bild zeigte, wie der Mann barfuß auf einem Vorsprung an der Turmfassade
       stand. Einsatzkräfte auf einer Drehleiter versuchten, mit ihm zu sprechen,
       wie die britische Nachrichtenagentur PA meldete.
       
       Der Einsatzort in der Londoner Innenstadt wurde abgesperrt. Zum Motiv des
       Mannes machte die Polizei zunächst keine Angaben. Eine Reporterin des
       Fernsehsenders Sky News sagte, es sei unklar, wie er überhaupt dorthin
       gekommen sei. Das Parlament sei gut gesichert. (dpa)
       
       9 Mar 2025
       
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