# taz.de -- Tesla missachtet Arbeitsrecht: Der Autobauer drangsaliert kranke Mitarbeiter
> In Grünheide geschieht krankgemeldeten Beschäftigten Ungeheuerliches.
> Damit darf Elon Musks Unternehmen nicht durchkommen.
IMG Bild: Tesla-Werk in Grünheide: Kranke Mitarbeiter:innen sollen ihre Ärzt:innen von der Schweigepflicht entbinden
Der US-Autobauer Tesla gilt in vielerlei Hinsicht als Pionier. Jahrelang
war das Unternehmen so der einzige ernstzunehmende Produzent von
Elektroautos. Weniger bekannt, aber mindestens genauso engagiert, sind die
Tesla-Pionierleistungen, lang etablierte Arbeitnehmer:innenrechte zu
untergraben.
Jüngstes Beispiel: Vergangene Woche sorgte die Nachricht für Furore, dass
Tesla in seinem Werk in Grünheide in Brandenburg kranken
Mitarbeiter:innen keinen Lohn mehr zahlen will. Wie das Handelsblatt
als erstes berichtete, verschickte das Management Beschäftigten massenhaft
Mails, in denen es „Zweifel an den eingereichten
Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen“ anmeldete. Das Unternehmen forderte die
Arbeiter:innen auf, ihre Diagnosen und Atteste offenzulegen und die
behandelnden Ärzte von der Schweigepflicht zu entbinden. Ansonsten würden
Lohnfortzahlungen eingestellt.
Es seien viele Fälle bekannt, in denen das passiert ist, klagt die IG
Metall. Wie die Gewerkschaft darlegt, lässt sich das Vorgehen des
Unternehmens als „dreist“ bezeichnen. Gegenüber den Beschäftigten behauptet
es, die Angestellten hätten für die gemeldeten Krankheitstage eine
„Überbezahlung“ bekommen und hätten nun Schulden bei Tesla. Diese könnten
sie mit der sofortigen Unterschrift eines Aufhebungsvertrags abwenden –
dann wären sie ihre Schulden los, aber auch ihren Arbeitsplatz.
Man muss keine Expertin für Arbeitsrecht sein, um zu ahnen, dass das
Vorgehen von Tesla nicht ganz koscher ist. Das zeigt auch die Erfahrung der
IG-Metall. In vielen Fällen konnte die Gewerkschaft einbehaltene
Lohnzahlungen erfolgreich zurückfordern. Fast eine halbe Million Euro
wurden zurückerstritten. Tatsächlich wird der Rechtsschutz der Gewerkschaft
von Tesla-Arbeiter:innen im Schnitt 21-mal häufiger als in anderen
Betrieben genutzt.
## Dreist, aber nicht überraschend
Teslas Gebaren ist dreist, aber nicht überraschend. Anstatt an
krankmachendem Stress und gesundheitsgefährdenden Arbeitsbedingungen etwas
zu ändern, [1][klopfte das Management lieber persönlich bei kranken
Mit]arbeiter:innen an der Haustür. Gewerkschaften und Betriebsräte
sind sowieso des Teufels, die Werksleitung in Grünheide tut alles, um
gewerkschaftliche Organisierung im Werk zu verhindern.
In der deutschen Industrielandschaft wirkt das Unternehmen auf viele wie
ein kurioser Sonderfall. Die von Firmenchef Elon Musk vorgegebene
Managementkultur setzt auf Konfrontation, Misstrauen und Disziplinierung.
Die gewerkschaftliche Organisierung ist niedrig, viele Tesla-Arbeiter:innen
kommen aus dem Ausland und wissen selten über ihre Rechte Bescheid. [2][In
einem Konzern wie VW, in dem die IG-Metall in manchen Werken einen
Organisationsgrad von über 90 Prozent ha]t, Arbeiter:innen
überdurchschnittlich verdienen und sich stark mit dem Unternehmen
identifizieren, wäre so ein Tesla-Verhalten undenkbar.
Doch Gewerkschaften, Politik und Autokäufer:innen täten gut daran,
Tesla seine Arbeitnehmer:innenfeindlichkeit nicht durchgehen zu
lassen. Zu groß ist die Gefahr, dass Elon Musks Unternehmen auch hier
Erfolg hat mit seiner Pionierarbeit.
Wenn es für das Management von VW, Porsche und Siemens einen einfachen Weg
gibt, Lohnzahlungen für kranke Mitarbeiter:innen einzubehalten, warum
ihn nicht nutzen? Die folgenlose Missachtung von
Arbeitnehmer:innenrechte ist für Tesla vor allem ein
Wettbewerbsvorteil. [3][In Zeiten, in denen ein Großkonzern nach dem
anderen ankündigt, Stellen zu streichen, haben die Gewerkschaften ohnehin
einen schlechten Stand.] Da dürfte es für viele Manager:innen eine
willkommene Gelegenheit sein, Lohnkosten zu sparen und unliebsame
Mitarbeiter:innen loszuwerden.
21 Mar 2025
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## AUTOREN
DIR Jonas Wahmkow
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