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       # taz.de -- Kostenloser Nahverkehr: Schafft endlich die Tickets ab
       
       > Wenn der ÖPNV kostenlos ist, entlastet das nicht nur die Nutzer. Dieser
       > wichtige Beitrag zur Verkehrswende muss so bald wie möglich umgesetzt
       > werden.
       
   IMG Bild: Wann kommt endlich der kostenlose Nahverkehr. Einfach einsteigen und losfahren
       
       Wenn ich mit dem Zug von Mönchengladbach nach Düsseldorf fahre, kostet das
       19 Euro. Für eine 30-minütige Fahrt, wohlgemerkt, die gerade einmal 25
       Kilometer überbrückt. Und zurück natürlich nochmal 19 Euro. Wenn ich jetzt
       noch älter, knapp bei Kasse, mit digitalen Fahrplänen überfordert und nicht
       mit Onlinezahlungen vertraut wäre, stellten sich so einige Hürden. Unnötig
       viele Hürden für ein [1][Bus-und-Bahn-Land].
       
       Dabei muss Deutschland genau das werden. Für Klima und Umwelt, klar, aber
       auch, weil es sicherer und effizienter ist, wenn nicht jeder allein in
       tonnenschweren Blechbüchsen durch das Land rollt. Nun ist es aber so: Wer
       nicht zu den klassischen ÖPNV-Pendlern und Deutschlandticket-Nutzern
       gehört, muss sich noch immer den Weg durch einen teuren Ticketdschungel
       schlagen.
       
       Was also tun? Aus dem 58-Euro-Deutschlandticket wieder ein
       [2][49-Euro-Ticket] machen? Oder gar wieder ein 9-Euro-Ticket? Reicht alles
       nicht. Für ein Bus-und-Bahn-Land müssen mehr Hürden als der bloße Preis
       abgeräumt werden. Die Lösung? [3][ÖPNV ticketfrei] machen! Einfach
       einsteigen!
       
       Die Vorteile liegen auf der Hand. Ticketfreier ÖPNV steigert die
       Lebensqualität. Man muss sich nicht an ranzige Automaten stellen oder mit
       schlecht programmierten Apps herumschlagen, wenn man in den Bus oder die
       Bahn steigen will. Außerdem gibt es keine nervige Ticketkontrolle. Bus- und
       Bahnfahren wird einfacher, flexibler und angenehmer – für Kunden wie für
       Fahrer und Fahrbegleiter.
       
       Zudem gibt es einen ökonomischen Gewinn: Ohne Tickets spart man Ressourcen.
       Dann braucht es keine Kontrolleure; keine Ticketinfrastruktur und
       Schalter, um die sich Ingenieure und IT-Spezialisten kümmern müssen, die
       eigentlich Besseres zu tun hätten; kein Service-Personal, das überforderten
       Kunden durch den Ticketdschungel hilft; weniger Anwälte, Richter und
       Justizvollzugsbeamte, die sich um Bußgeldsünder kümmern – und natürlich:
       weniger Papier.
       
       ## „Können wir uns nicht leisten“ gilt nicht
       
       Die ganze Arbeit rund um die Ticketkontrolle ist chronisch unproduktiv, es
       wird kein Wert geschaffen. Der US-Publizist David Graeber hätte das als
       Bullshit Jobs bezeichnet. Die ganze Arbeitskraft, die ganze Energie, die
       ganze Kapazität kann dann für andere, produktivere Tätigkeiten eingesetzt
       werden. Mehr Fahrer, mehr Service, mehr Ingenieure.
       
       Und die Kosten? 2023 beliefen sich die [4][bundesweiten Ticketeinnahmen]
       für den ÖPNV auf etwa 12 Milliarden Euro. Selbst wenn sich die
       Fahrgastzahlen wegen des günstigen Preises verdoppelten, käme man
       vermutlich mit weniger als 20 Milliarden aus. Denn betriebswirtschaftlich
       gilt, dass die Grenzkosten mit steigender Menge fallen. Den tausendsten Bus
       zu betreiben ist günstiger als den ersten. Doppelte Fahrgastzahlen bedeuten
       also nicht doppelte Kosten. Die natürlich vom Bund an Länder und Kommunen
       geleistet werden sollten. Die kommunalen Kassen sind vielfach leer und die
       kommunalen Verkehrsbetriebe kurz vor roten Zahlen. Selbst 20 Milliarden
       Euro entsprächen außerdem nicht einmal einem Drittel aller klimaschädlichen
       Subventionen.
       
       Natürlich: Auch das Verkehrsnetz muss dringend ausgebaut und modernisiert
       werden: mehr Busse und Bahnen, mehr Schienen, mehr Personal, bessere
       Taktung, mehr Fahrkomfort, und, und, und. Einfach einsteigen erfordert auch
       eine Investitionsoffensive. Gott sei Dank gibt es dafür ja jetzt ein
       500-Milliarden-Euro-Sondervermögen. „Können wir uns nicht leisten“ gilt
       also nicht.
       
       24 Mar 2025
       
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