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       # taz.de -- Genehmigung für Testbetrieb ausgelaufen: Fliegendes Kraftwerk muss am Boden bleiben
       
       > In Schleswig-Holstein wird ausprobiert, wie sich mit einem Flugdrachen
       > Strom erzeugen lässt. Doch jetzt ist die Genehmigung dafür ausgelaufen.
       
   IMG Bild: Windkraft mal anders: Testanlage mit Lenkdrachen in Klixbüll
       
       Hamburg taz | Im nordfriesischen Klixbüll wird eine Anlage getestet, die
       die Nutzung der Windenergie revolutionieren könnte. Die Anlage basiert auf
       einem Lenkdrachen und läuft seit fünf Jahren. Doch seit Oktober vergangenen
       Jahres ist vorläufig Schluss, obwohl der Test noch nicht abgeschlossen ist.
       
       Derzeit arbeitet die Anlage mit starken Einschränkungen. Die
       schleswig-holsteinischen Regierungsfraktionen von CDU und Grünen wollen
       jetzt erreichen, dass die luftverkehrsrechtliche Sonderregel für die Anlage
       wenigstens bis zum Jahresende verlängert wird.
       
       Der Lenkdrachen der Firma Skysails erlaubt es, mit weniger Materialaufwand,
       Platzbedarf, Lärm und Schattenwurf Wind dort zu ernten, wo er besonders
       kräftig und auch stetig weht: in großer Höhe – von bis zu 800 Metern ist
       die Rede. Damit könnte das System eine Alternative und Ergänzung zu den
       Windrädern sein, die heute die Windenergie abgreifen.
       
       [1][Stephan Wrage, Gründer und Chef von Skysails, kam vor mehr als 20
       Jahren auf die Idee], die Energie eines Lenkdrachens zu nutzen. Damals ging
       es darum, Schiffe von den Drachen ziehen zu lassen, um Treibstoff zu
       sparen. Der Drachen wird von einem Kranarm ausgebracht, entfaltet sich im
       Wind und fliegt dann automatisch gesteuert Schleifen, die die
       Energieausbeute maximieren.
       
       ## „Weltweit größte erneuerbare Energiequelle“
       
       Wrage entwickelt die Idee weiter zu einem Kraftwerk an Land, das von einem
       Container aus operiert. Hier zieht der Drachen beim Steigen an einer
       Seilwinde, die mit einem Generator verbunden ist. Ist das Kunststoffseil
       abgerollt, wird der Drachen in eine Position mit minimalem Winddruck
       gebracht, sodass er mit geringem Energieaufwand eingeholt werden kann.
       
       Erst vor einer Woche präsentierte Skysails die „weltweit erste extern
       validierte Leistungskurve“ für seine Anlage. Sie bildet die Leistung ab,
       die netto ins Stromnetz eingespeist werden kann. „Höhenwind ist die
       weltweit größte erneuerbare Energiequelle“, sagt Wrage. „Die Validierung
       durch die Windtest Grevenbroich beweist erstmals das Potenzial unserer
       Technologie.“
       
       200 Haushalte kann das in Klixbüll getestete System versorgen. Je nach
       Standort liefert es bis zu 5.000 Stunden Volllast. [2][Windräder an Land
       lieferten laut dem Bundeswirtschaftsministerium] über alle Standorte
       gemittelt zwischen 1.600 und 2.000 und Windräder auf See je nach Standort
       etwa zwischen 3.000 und 4.000 Volllaststunden.
       
       Für den Testbetrieb musste Skysails ein Flugbeschränkungsgebiet (ED-R)
       beantragen. Ein solches Gebiet dient dem Schutz des Flugverkehrs und darf
       ohne Genehmigung nicht durchflogen werden. „Das ist etwas, das schwer zu
       kriegen ist in Deutschland“, sagt Klixbülls Bürgermeister Rolf
       Friedrichsen. Sein Amtsvorgänger, selbst Pilot, habe sich da ausgekannt. So
       sei das Projekt nach Klixbüll gekommen.
       
       Zur Frage, ob es Beschwerden der Anwohnerschaft gegeben habe, sagt
       Friedrichsen: „Das Ding ist nicht geräuschlos.“ Skysails habe verschiedene
       Drachen-Designs ausprobiert, die unterschiedlich laut gewesen seien. Zudem
       sei die Anlage ja nur wenige Stunden täglich gelaufen.
       
       ## Das Land will einen dauerhaften Betrieb
       
       CDU und Grüne in Schleswig-Holstein wollen nicht nur erreichen, dass der
       Bund die Geltung des Flugbeschränkungsgebiets bis zum Jahresende
       verlängert, sondern darüber hinaus auch einen dauerhaften Betrieb
       ermöglicht. „Über einen Standort in Schleswig-Holstein würden wir uns sehr
       freuen“, sagt der CDU-Landtagsabgeordnete Andreas Hein.
       
       Dazu solle der Bund einen Erprobungsstandort im Land ermöglichen und
       bundesrechtliche Vorschriften nötigenfalls anpassen. Darüber spreche das
       Landeswirtschaftsministerium gerade mit dem Bundesministerium für Digitales
       und Verkehr. Zumindest eine vorläufige Verlängerung sollte aus Sicht Heins
       unproblematisch sein, nachdem die Anlage ja schon fünf Jahre problemlos
       gelaufen sei. „Warum sollte das nicht noch ein Dreivierteljahr länger
       funktionieren?“, fragt der CDU-Abgeordnete. Das Bundesverkehrsministerium
       hat bis Redaktionsschluss nicht geantwortet.
       
       Ein Erprobungsstandort ist Hein zufolge wichtig, weil Skysails dort die
       Technik vorführen kann – [3][eine Technik, für die es gerade im Ausland
       großes Interesse gebe]. „Wenn Sie keinen Standort im Heimatmarkt haben,
       haben Sie es schwer“, sagt Hein. Bei der Erprobung geht es nicht nur um die
       Technik, sondern auch um die Umweltauswirkungen, [4][etwa ob Vögel
       verscheucht, getötet] oder durch Schall gestört werden.
       
       Transparenzhinweis: In einer früheren Fassung dieses Textes stand, ein
       Flugbeschränkungsgebiet heiße abgekürzt AD-R, nicht ED-R. Wir haben den
       Fehler korrigiert.
       
       27 Mar 2025
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Ingenieur-ueber-Windantrieb-fuer-Schiffe/!5782831
   DIR [2] https://www.bmwk.de/Redaktion/DE/Publikationen/Energie/erneuerbare-energien-in-zahlen-2022.pdf?__blob=publicationFile&v=8
   DIR [3] /Entwicklungsspruenge-im-Globalen-Sueden/!5966362
   DIR [4] /Artenschutz-gegen-Energiewende/!6007022
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Gernot Knödler
       
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