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       # taz.de -- Die Wahrheit: Teurer als Goldstaub
       
       > Die USA im Griff von Trump und der tödlichen Vogelgrippe: Ein ganz, ganz
       > großes Land geht vor dem Osterfest auf verzweifelte Eiersuche.
       
   IMG Bild: Alte Frage: Was war zuerst da – Huhn, Ei oder Trump?
       
       Sie ist schlimmer als jeder Tornado, schlimmer als der
       Corona-Klopapier-Notstand, womöglich schlimmer als das Trumpel im Weißen
       Haus. Die Eierkrise. Das Menstruationsprodukt der Legehenne Gallus gallus
       domesticus ist in den Vereinigten Staaten von Amerika zur Bückware
       geworden, teurer als Goldstaub. Zuletzt hat die Preisspirale sich auf 12
       Dollar je Packung hochgeschraubt, jeder Kunde darf nur zwei Packungen
       erwerben. Herzzerreißende Szenen vor den Eierregalen der Supermärkte:
       weinende Frauen, brüllende Männer, stehlende Kinder, Prügeleien,
       Schießereien, Chaos.
       
       Die immer knappere Zuteilung durch die Behörden reicht nicht mehr für den
       morgendlichen High-Level-Protein-Kick, fürs Full-American-Breakfast.
       Fluffige Pancakes mit Ahornsirup und aufgeschlagener Butter? Egg Benedict
       mit Sauce Hollandaise drapiert? Von beiden Seiten gebratene Spiegeleier mit
       Toastbrot und drei Löffeln Erdnussbutter? All gone. Die adipöse Identität
       der USA steht auf dem Spiel. Das kanzerogene Aroma von verschmurgeltem
       Eiweiß gehört zum Start in den Tag wie Bettenlüften und Zähneputzen. Soll
       der Amerikaner jetzt Marmeladenbrot essen?
       
       280 Eier im Jahr mümmelt er weg, das ist sein in der Verfassung verbrieftes
       unveräußerliches Recht. Vorbei! Sleepy Joe Biden hat’s verbockt, sagt der
       Hühnerversteher und Landwirtschaftsexperte Elon Musk. Unter der sehr, sehr
       schlechten Vorgänger-Regierung seien wegen der Vogelgrippe Millionen Hennen
       sinnlos gekeult worden. Anstatt sie mit Aspirin und Wadenwickel sanft zu
       heilen.
       
       ## Bettelnde Regierung
       
       Weil die Vogelgrippe trotz Regierungswechsel immer weiter grassiert und
       sich selbst vom Raketenbauer Musk nicht einschüchtern lässt, muss die
       Trump-Regierung jetzt betteln gehen. Auch die verhasste EU soll liefern.
       Brüssel, haste mal ’n Ei? Selbst das wegen des Grönlandkonflikts knötterige
       Dänemark ist zur Eierhilfe aufgefordert worden. Sollte Dänemark die Eier
       verweigern und Trump als Revanchefoul mit seinen US-Navy-Seals die größte
       Insel der Welt überfallen – es würde den Notstand nicht beenden. Grönland
       ist reich an Bodenschätzen, doch auf der Insel gibt’s nur Schneehühner mit
       erbärmlicher Legeleistung. Und die frisst der Polarfuchs.
       
       Wenigstens etwas Hoffnung schöpft die Trump-Regierung aus der neuen
       Hühner-Initiative, die jetzt mit Plan B um die Ecke kommt: „Rent The
       Chicken!“ Für wenige hundert Dollar kann jeder Amerikaner zwei Hühner
       ausleihen und für sechs Monate zu Hause einstallen. Das Angebot im Detail:
       ein mobiles hundehüttengroßes Hühnerhäuschen in Bordeauxrot auf Rollen,
       dazu Futter, Futternapf, Sitzstangen, eine Tränke und ein
       Hühnerhaltungshandbuch „with some good instructions“. Die Firma wird von
       Bestellungen förmlich überrollt.
       
       ## Legefrische Leiheier
       
       Während der 180-tägigen Leihfrist sollen die zwei Miethühner 150 Farm-Eier
       legen, die extrem viel gesünder sind als jedes Industrie-Ei, sagt die
       Verleihfirma. Hoher Gehalt an Vitamin A, B, C, D, E – und natürlich immer
       super legefrisch. Kaum hinten rausgedrückt, schon im Pancake veredelt. Und:
       Kinder können Hühner streicheln, Nester bauen, Eier ernten – ein
       Mini-Bauernhof mitten in Manhattan, Los Angeles, Chicago! Eierkrise? Nie
       gehört!
       
       Kleiner Nachteil: die Hühnerkacke. Das Stoffwechsel-Endprodukt von Gallus
       gallus muss regelmäßig entsorgt werden. Großer Nachteil: Fuchs, Habicht,
       Waschbär, Haushund, Nachbarn. Sie attackieren die Miethühner, die natürlich
       nicht ständig in der dunklen Hundehütte vegetieren können. Eine Stunde
       Hofgang sollte schon sein. Kann schwierig werden im Loft an der New Yorker
       Fifth Avenue im 31. Stock. Also doch kein „Chicken on rent“?
       
       Leider kommt der Eier-Notstand zur Unzeit: Ostern steht vor der Tür, das
       große Eier-Happening. Donald Trump könnte das Fest selbstverständlich per
       Dekret verbieten oder diesmal mit Weihnachten tauschen, ihm fällt ja stets
       was ein. Auch Freund Putin könnte helfen – mit Russisch Ei, Mayo und einem
       Klecks Kaviar. Fazit: Zurück in die Fünfzigerjahre!
       
       25 Mar 2025
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Manfred Kriener
       
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