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       # taz.de -- Pressefreiheit in Nahost: Willkür in der Westbank
       
       > Die israelische Polizei hat einen „FAZ“-Journalisten im Westjordanland
       > festgenommen. Es ist nicht der einzige Einschnitt in die Pressefreiheit.
       
   IMG Bild: Pressefreiheit ist unter den derzeitigen Bedingungen im Westjordanland schwer zu verwirklichen wie der FAZ-Korrespondent erlebte
       
       Es sei ein inakzeptabler und willkürlicher Eingriff, [1][schreibt die
       Frankfurter Allgemeine Zeitung]: Am Freitag wurde Christian Meier,
       FAZ-Korrespondent für den Nahen Osten, im Westjordanland festgenommen.
       Meier sei am Rande des Jordantals unterwegs gewesen, heißt es im Beitrag,
       um zu Übergriffen auf palästinensische Hirten zu recherchieren, als
       israelische Siedler ihn und weitere Journalist*innen sowie eine Gruppe
       israelischer Menschenrechtsaktivist*innen an der Weiterfahrt
       gehindert hätten.
       
       Die Siedler hätten sich bedrohlich verhalten, das sollen Videoaufnahmen
       zeigen, die der FAZ vorliegen. Erst nachdem die Polizei gerufen worden sei,
       habe die Gruppe weiterfahren können. Meier und einer der Israelis in der
       Gruppe seien jedoch festgenommen worden – „offenbar auf Drängen der Siedler
       und ohne Befragung der übrigen Anwesenden“, schreibt die Zeitung. Erst nach
       mehreren Stunden auf einer Polizeiwache sei der Journalist wieder
       freigelassen worden. Jedoch unter einer Auflage: Er darf 15 Tage lang das
       Westjordanland nicht betreten. Laut FAZ musste Maier eine entsprechende
       Erklärung unterschreiben.
       
       Auf eine taz-Anfrage reagierte ein Sprecher der israelischen Polizei bis
       Redaktionsschluss nicht. Die Vereinigung der Auslandspresse in Israel hat
       nun eine Beschwerde eingereicht. Und die FAZ fordert die israelischen
       Behörden auf, die Arbeit von Korrespondenten nicht zu behindern: Die
       Pressefreiheit müsse auch im Westjordanland gewährleistet werden.
       
       „Es ist leider bei Weitem nicht das erste Mal, dass gewaltbereite
       Siedlerinnen und Siedler auf Medienschaffende losgehen“, sagt Christopher
       Resch von Reporter ohne Grenzen (ROG) der taz. „Es ist aber ebenso
       inakzeptabel wie das Verhalten der israelischen Polizei.“ Dass Meier dazu
       gezwungen sei, für 15 Tage nicht aus dem Westjordanland zu berichten, ist
       für Resch ein „illegaler Eingriff in die Pressefreiheit“. „Weder Behörden
       noch Siedlerinnen und Siedler dürfen journalistische Arbeit behindern.“
       
       ## Immer weniger Raum für kritische Berichterstattung
       
       Eine Sprecherin des Auswärtigen Amts verurteilt gegenüber der taz den
       Vorgang der israelischen Polizei „aufs Schärfste“. Sie spricht von einer
       „vollkommen unbegründeten und unrechtmäßigen Festsetzung“ des Journalisten.
       Das Vertretungsbüro Deutschlands in Ramallah sowie die Botschaft in Tel
       Aviv hätten Kontakt mit der israelischen Polizei aufgenommen, heißt es.
       Dass Meier eine Erklärung unterzeichnen musste, in den nächsten zwei Wochen
       das Westjordanland nicht mehr zu betreten, nennt die Sprecherin „ebenso
       rechtswidrig wie die Festsetzung selbst“.
       
       Auf der Rangliste der Pressefreiheit von Reporter ohne Grenzen stehen die
       Palästinensischen Gebiete, zu denen das Westjordanland zählt, auf Platz 157
       von 180. Dass internationale, vor allem westliche Journalist*innen dort
       festgenommen werden, passiert jedoch selten. Palästinensische
       Medienschaffende wiederum stehen von zwei Seiten unter Druck. Auf der einen
       Seite: israelische Sicherheitskräfte und bewaffnete Siedler. Auf der
       anderen: die Palästinensische Autonomiebehörde. So bleibe immer weniger
       Raum für kritische Berichterstattung, warnt die Organisation.
       
       Seit Jahresbeginn hat ROG im Westjordanland etwa [2][20 gezielte Angriffe
       durch Israel auf palästinensische Medienschaffende dokumentiert].
       Journalist*innen berichten von Gummigeschossen und Tränengasgranaten,
       die in ihre Richtung abgefeuert worden seien. Laut der Organisation
       befinden sich derzeit 17 Journalist*innen, die seit dem 7. Oktober 2023 im
       Westjordanland verhaftet wurden, immer noch in israelischer Haft.
       
       Auch palästinensische Sicherheitskräfte gehen gegen die Medien im
       Westjordanland vor. Neun Journalist*innen seien seit Jahresbeginn
       vorgeladen und vorübergehend inhaftiert worden, berichtet Reporter ohne
       Grenzen. Sie seien zu ihren Verbindungen zum Sender Al Jazeera befragt
       worden, [3][den die Palästinensische Autonomiebehörde am 1. Januar verboten
       hatte]. Die Vorwürfe gegen Al Jazeera: „Aufwiegelung“, „Volksverhetzung“
       und „Einmischung in interne palästinensische Angelegenheiten“. In Israel
       ist der Sender, der teils von der katarischen Regierung finanziert wird und
       vielen im Land als „Sprachrohr der Hamas“ gilt, seit Mai 2024 verboten.
       
       25 Mar 2025
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://www.faz.net/aktuell/politik/ausland/israel-polizei-nimmt-faz-korrespondenten-fest-110376768.html
   DIR [2] https://www.reporter-ohne-grenzen.de/pressemitteilungen/meldung/schon-20-gezielte-angriffe-seit-jahresbeginn
   DIR [3] /Westjordanland/!6056674
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Nicholas Potter
       
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