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       # taz.de -- Frauensport und Rassismus: Ein Profi namens Babe
       
       > Mildred „Babe“ Didrikson war Multi-Sport-Star: Läuferin, Basketballerin,
       > Golferin – und mehr. Doch nicht alles in ihrer Biografie ist
       > bewundernswert.
       
   IMG Bild: Schlug alle: Mildred „Babe“ Didrikson bei einem Golfturnier 1949
       
       Die erste Olympiasiegerin im Speerwurf ist gleichzeitig auch der bislang
       einzige Mensch, der bei Olympischen Spielen in je einem Wettbewerb in einer
       Wurf-, Sprung- und Laufdisziplin Medaillen gewinnen konnte.
       
       Mildred Ella „Babe“ Didrikson war am 26. Juni 1911 als sechstes von
       insgesamt sieben Kindern norwegischer Einwanderer in Port Arthur geboren
       worden, und ein ausgesprochenes Multitalent. Auch im Handarbeiten, Singen
       und Mundharmonikaspielen war sie sehr gut, 1931 wurde sie zur
       südtexanischen Meisterin im Nähen gekürt, in den fünfziger Jahren nahm sie
       mit ihrer Freundin Betty Dood [1][eine Platte] auf.
       
       Eine gute Schülerin war Didrikson, die ihren ursprünglichen Nachnamen
       Didriksen amerikanisiert hatte, dagegen nicht, sie musste die achte Klasse
       wiederholen und zog schließlich ohne Schulabschluss nach Dallas, um
       Basketballerin zu werden. Eine Versicherung hatte sie als Sekretärin
       angestellt, damit sie im Firmenteam Golden Cyclones spielen konnte. In der
       Saison 1931/32 wurden die Cyclones Meister der Amateursport-Organisation
       AAU.
       
       Bei den Olympischen Spielen in Los Angeles 1932 gewann sie das erstmals
       ausgetragene olympische Speerwerfen der Frauen mit einer Weite von 43,69
       Metern. Über die 80-Meter-Hindernis-Distanz unterbot sie dazu im Finale
       ihren eigenen, am Tag zuvor im Vorlauf aufgestellten Weltrekord. Im
       Hochsprung wurde sie allerdings nur Zweite hinter ihrer Teamkollegin Jean
       Shiley, obwohl beide Frauen die Höhe von 1,65 Meter problemlos übersprungen
       hatten. Die Kampfrichter entschieden jedoch, dass Didrikson bei ihrem
       Sprung nicht die vorgeschriebene Technik angewandt habe, und sprachen
       Shiley den Sieg zu.
       
       Im Nachhinein betrachtet könnte die entgangene Goldmedaille eine Art
       ausgleichende Gerechtigkeit gewesen sein, denn Babe Didrikson hatte vor den
       Olympischen Spielen die als erste Schwarze Frauen für Olympia nominierten
       Leichtathletinnen [2][Tidey Pickett und Louise Stokes] angegriffen, die
       ebenfalls für das Team USA nominiert waren. Während einer Zugfahrt übergoss
       sie die beiden schlafenden Frauen mit eiskaltem Wasser, weil sie keine
       Schwarzen in der Mannschaft dulden wollte.
       
       ## Gegen Schwarze Konkurrentinnen teilte Babe aus
       
       „Einige Teammitglieder und Funktionäre verbargen ihre Vorurteile nicht“,
       sagte Pickett 1984 in der Fernsehdoku „Olympic Pride, American Justice“.
       Ein namentlich nicht genannter Lehrer erklärte laut den Autoren, dass Babe
       „Schwarze damals wirklich hasste und ihr Möglichstes unternahm, um sie zu
       provozieren und ihnen wehzutun“. Was natürlich die Frage aufwirft, ob eine
       Rassistin als Sportpionierin gefeiert werden darf. Andererseits: Solange
       Rassismus, Antisemitismus oder Frauenfeindlichkeit großer männlicher
       Sportstars lediglich am Rande erwähnt werden, stellt sich diese Frage
       eigentlich nicht.
       
       Tidey Pickett und Louise Stokes sollten noch mehr Diskriminierungen
       erleben. Bei einem 1932 dem olympischen Team zu Ehren in Denver
       ausgerichteten festlichen Dinner durften sie das Brown Palace Hotel nicht
       wie alle anderen durch den Haupteingang betreten, sondern mussten einen
       Personaleingang durch die Küche benutzen.
       
       Die angesichts ihrer sportlichen Leistungen bei den Spielen von Los Angeles
       für sicher gehaltenen Starts in den 100- respektive 400-Meter-Staffelläufen
       fanden nicht statt. Statt Louise Stokes durfte die weiße Läuferin Mary
       Carew starten, deren beste Laufzeiten lange nicht an die Leistungen ihrer
       Schwarzen Kollegin heranreichten. Gleichwohl gewann die Staffel Gold. Auch
       [3][1936] wurden beide Frauen nicht bei den Wettbewerben eingesetzt, ob
       Rassismus oder sportliche Gründe dafür ausschlaggebend waren, ist Experten
       zufolge unklar.
       
       Babe Didrikson verlor nach den Olympischen Spielen 1932 ihren
       Amateurstatus, weil sie erlaubt hatte, dass ihr Name in einer
       Automobilwerbung verwendet wurde. 1938 heiratete sie den Wrestler George
       Zaharias – die Ehe verlief unglücklich – und verlegte sich aufs
       [4][Golfspielen], umgehend wurde sie zum ersten weiblichen Star der
       Sportart. Didrikson gewann zunächst zahlreiche Amateurmeisterschaften für
       Frauen. Ein Jahr nachdem sie Golfprofi wurde, gelang ihr 1948 als erste
       Frau die Qualifikation für die US Open. Die Veranstalter teilten ihr jedoch
       mit, dass nur Männer startberechtigt seien.
       
       1950 traf sie die Golferin Betty Dodd. Die Historikerin Susan Cayleff
       schreibt in ihrer 1996 erschienenen Didrikson-Biografie „Babe“, dass die
       beiden Frauen sich ineinander verliebten und Dodd sehr schnell bei Babe und
       ihrem Mann einzog. 1953 erkrankte Babe an Darmkrebs und engagierte sich
       fortan als Botschafterin der American Cancer Society.
       
       Am 27. September 1956 starb Babe Didrikson im Alter von 45 Jahren an Krebs.
       1975 erschien ein Film namens „Babe“ über ihr Leben, die Hauptrolle spielte
       eine Schauspielerin, die ihr Mann George Zaharias Anfang 1960 geheiratet
       hatte.
       
       27 Mar 2025
       
       ## LINKS
       
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       ## AUTOREN
       
   DIR Elke Wittich
       
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