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       # taz.de -- Untersuchung der Stiftung Warentest: Vitamingummis mit Nebenwirkungen
       
       > Die Stiftung Warentest hat Nahrungsergänzungsmittel für Kinder
       > untersucht. Das Ergebnis sei „alarmierend“.
       
   IMG Bild: In den meisten Fällen keine Ergänzung sondern eine Überschreitung der Tageshöchstdosen
       
       Berlin taz | Nahrungsergänzungsmittel für Kinder sind in der Regel
       überflüssig – und mitunter sogar gefährlich. Das ist das Ergebnis einer
       [1][Untersuchung der Stiftung Warentest].
       
       17 der 18 untersuchten Produkte, die zum Beispiel Vitamine,
       Omega-3-Fettsäuren oder Eisen enthalten, hatten demzufolge Mängel. Der
       häufigste: Die enthaltene Dosis an Vitaminen oder Mineralien überschreitet
       die empfohlenen Richtwerte, teilweise sogar die für Erwachsene. „Das
       Gesamtergebnis ist durchaus alarmierend“, sagt Holger Brackemann von der
       Stiftung Warentest.
       
       [2][Nahrungsergänzungsmittel fallen in den Bereich Lebensmittel.] Eine
       Zulassung gibt es daher ebenso wenig wie verbindliche Vorgaben für die
       Dosierung der Wirkstoffe. Als Basis für die Untersuchung hat die Stiftung
       Warentest daher wissenschaftliche Empfehlungen etwa des [3][Bundesamts für
       Risikobewertung (BfR)] zugrunde gelegt. Beispiel Vitamin A. Das ist häufig
       in Multivitamin-Präparaten enthalten. Die Stiftung Warentest fand in 4 der
       untersuchten Produkte mehr Vitamin A, als das BfR für Kinder empfiehlt,
       teilweise war demnach das Doppelte der Dosis für Erwachsene enthalten.
       
       Dazu kommt: Laut dem BfR erreichen oder überschreiten sowohl Erwachsene als
       auch Kinder ohnehin die empfohlenen Verzehrmengen für Vitamin A. „Die
       Hersteller verkaufen für teuer Geld überflüssige Produkte“, kritisiert
       Brackemann. Er spricht von einem „Geschäft mit der Angst und Sorge der
       Eltern“, die fürchten, dass ihre Kinder unterversorgt sein könnten. Eine
       Überdosierung mit Vitamin A könne unter anderem zu Kopfschmerzen führen und
       Haut und Leber beeinträchtigen.
       
       Besonders problematisch: „Die Produkte kommen häufig in einer Form daher,
       dass sie wie Süßigkeiten aussehen“, sagt Brackemann. Bärchenformen sind
       besonders häufig, aber auch kleine Autos oder süße Säfte gibt es. Der
       Experte warnt daher: „Es besteht die Gefahr, dass Kinder die Produkte als
       Süßigkeit verstehen und zu viel davon zu sich nehmen.“
       
       ## Forderung nach gesetzlichen Höchstmengen
       
       Die Stiftung Warentest fordert nun verbindliche gesetzliche Vorgaben für
       Höchstmengen. Auch andere Expert:innen sehen Defizite: „Die Ergebnisse
       der Stiftung Warentest machen deutlich: Die bisherigen gesetzlichen
       Regelungen reichen nicht. Es braucht ein Zulassungsverfahren für
       Nahrungsergänzungsmittel“, sagt Sabrina Göddertz, Lebensmittelexpertin beim
       Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv).
       
       Eine Forsa-Umfrage im Auftrag des vzbv hatte im vergangenen Oktober
       ergeben, dass mehr als die Hälfte der Verbraucher:innen sich sehr oder
       eher schlecht zu möglichen Gesundheitsrisiken von Nahrungsergänzungsmitteln
       informiert fühlte.
       
       „Kindgerechte Formen wie Fruchtgummis werden vor allem deshalb in dieser
       Form angeboten, um die Akzeptanz bei Kindern zu erhöhen“, verteidigt Antje
       Preußker vom Lebensmittelverband Deutschland die Praxis.
       Nahrungsergänzungsmittel könnten „eine sinnvolle Ergänzung“ zu einer
       ausgewogenen Ernährung und einem gesunden Lebensstil sein.
       
       Nicole Merbach von der Stiftung Warentest rät jedoch von einer pauschalen
       Gabe ab. Kinder hierzulande seien in der Regel mit Vitaminen und Mineralien
       gut versorgt. Im Verdachtsfall könne ein:e Kinderärzt:in per
       Blutuntersuchung klären, ob es einen Mangel gebe. Gesünder gestalten lasse
       sich ein Speiseplan, indem etwa Gemüse regelmäßig in unterschiedlichen
       Darreichungsformen – roh, gekocht oder püriert versteckt – angeboten werde.
       Insbesondere bei Brotboxen für Schule oder Kita helfe es, die Kinder bei
       der Bestückung mit einzubinden. Und manchmal könne schon ein anderes Wort
       Wunder wirken: Werde das Vollkornbrot als Sandwich bezeichnet, komme es
       gleich besser an.
       
       26 Mar 2025
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://www.test.de/nahrungsergaenzungsmittel-fuer-kinder-im-test-5329114-0/
   DIR [2] /Gesundheitsmythen-im-Netz/!6072484
   DIR [3] https://www.bfr.bund.de/de/nahrungsergaenzungsmittel_fuer_kinder____k_eine_gute_idee__-314205.html
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Svenja Bergt
       
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