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       # taz.de -- Ex-Präsident in Georgien: Bis 2030 im Gefängnis
       
       > Georgiens Ex-Präsident Micheil Saakaschwili sitzt derzeit eine Haftstrafe
       > ab. Jetzt wird er in einem weiteren Verfahren wegen Veruntreuung
       > verurteilt.
       
   IMG Bild: Erneut verurteilt: Michail Saakaschwili, früherer Präsident von Georgien
       
       Tbilisi taz | Der inhaftierte ehemalige Präsident Georgiens, Micheil
       Saakaschwili, ist von einem georgischen Gericht am 12. März wegen
       Veruntreuung öffentlicher Gelder in Höhe von bis zu 9 Millionen Lari
       (umgerechent drei Millionen Euro) zu einer Haftstrafe von neun Jahren
       verurteilt worden. Der Fall, der seit mehr als zehn Jahren vor Gericht
       anhängig ist, wird in den lokalen Medien als „Jackenaffäre“ bezeichnet.
       
       Oppositionspolitiker sprechen von einem politischen Hintergrund. Die
       Veruntreuung von Staatsgeldern wurde unter anderem mit dem Kauf von sieben
       Jacken und einem Kaschmirmantel für den Präsidenten im Gesamtwert von
       49.499 Lari (ca. 16.000 Euro) in Großbritannien begründet.
       
       Neben dem Kauf von Kleidungsstücken wurden auch das Schulgeld für
       Saakaschwilis Sohn, Hotelkosten für Urlaubsaufenthalte im Ausland sowie
       Mietgelder für Autos, Jachten und Hubschrauber in verschiedenen Ländern als
       Veruntreuung öffentlicher Gelder gewertet, von denen sowohl Saakaschwili
       als auch andere Vertreter seiner damaligen Regierung profitierten.
       
       [1][Saakaschwili war einen Tag vor den Kommunalwahlen 2021 nach Georgien
       zurückgekehrt und umgehend nach seiner Einreise festgenommen worden]. Zu
       diesem Zeitpunkt war er bereits in zwei Verfahren verurteilt worden: 2005,
       weil er einen Abgeordneten verprügelt haben soll sowie 2008 wegen
       Machtmissbrauchs. Derzeit sitzt er eine sechsjährige Haftstrafe ab.
       
       ## Schlechter Gesundheitszustand
       
       [2][Wegen seines schlechten Gesundheitszustandes] nahm Saakaschwili am
       Donnerstag nicht an der Gerichtsverhandlung teil. Auf das Urteil reagierte
       der 57-Jährige mit einem Post bei Facebook. Darin äußerte er die Vermutung,
       dass Bidsina Iwanischwili ihn möglicherweise auch noch wegen des Krieges
       zwischen Georgien und Russland um die abtrünnige Region Südoessetien im
       August 2008 vor Gericht stellen lassen könnte. Der milliardenschwere
       Oligarch Iwanischwili ist der Gründer der Regierungspartei Georgischer
       Traum (KO) und gilt als heimlicher Strippenzieher in der georgischen
       Politik. Er unterhält enge Kontakte zu Moskau.
       
       „Ich rufe die Internationale Gemeinschaft dazu auf, ihre Stimme gegen alle
       Ungerechtigkeiten in Georgien zu erheben. Dazu gehören zahlreiche Fälle von
       politischen Gefangenen und das harte Vorgehen gegen friedliche
       Demonstranten und oppositionelle Medien. Das Urteil gegen mich ist ein
       ungeheuerlicher Fall politischer Verfolgung durch einen russischen
       Oligarchen (gemeint ist der Georgier Iwanischwili, Anm. d. Red.), dem ich
       2012 friedlich die Macht übergeben habe und der sich weigert, sie
       abzugeben“, so Saakaschwili. Er muss jetzt bis 2030 im Gefängnis bleiben.
       Das georgische Recht sieht vor, dass bei mehreren Verurteilungen die höhere
       Strafe die niedrigere „auffrisst“.
       
       Am Donnerstag verkündete Richter Badri Kochlamaschwili im „Jackenfall“
       nicht nur das Urteil gegen Saakaschwili, sondern auch gegen den Direktor
       des Spezialschutzdienstes, Teimuraz Janaschia. Die Ermittlungsbehörde warf
       ihm und Saakaschwili vor, sich gemeinsam an Straftaten beteiligt zu haben.
       
       ## Beschimpfungen im Gerichtssaal
       
       Der Richter stellte fest, dass Janaschia keine Veruntreuung von Geldern
       habe nachgewiesen werden können. Er habe jedoch sein Amt missbraucht und
       gegen das öffentliche Interesse gehandelt. Das Gericht verhängte gegen ihn
       eine Geldstrafe in Höhe von umgerechnet 100.000 Euro. Vor der
       Urteilsverkündung sagte er, er sei stolz, dem Staat und dem dritten
       Präsidenten Georgiens gedient zu haben.
       
       Im Gerichtssaal waren bei der Urteilsverkündung Rufe wie „Sklave, Sklave“
       zu hören. Diese Beschimpfungen sind, wenn es um die georgische Justiz geht,
       üblich. Dort ist seit Jahren die Rede von politischer Justiz. Dies gilt
       insbesondere für lokale und internationale Organisationen, die sich mit
       Rechtsfragen befassen.
       
       12 Mar 2025
       
       ## LINKS
       
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       ## AUTOREN
       
   DIR Nastasia Arabuli
       
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