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       # taz.de -- Fantasy-Serie „Das Rad der Zeit“: Das fantastische Matriarchat
       
       > Die Amazon-Serie „Das Rad der Zeit“ deutet die literarische Vorlage
       > feministisch um. Raus kommt Fantasy mit wagemutigen Heldinnen und
       > psychotischen Männern.
       
   IMG Bild: In „Das Rad der Zeit“ herrschen die Frauen
       
       Eigentlich soll der junge Rand al’Thor laut einer alten Weissagung als
       wiedergeborener Drache eine Art Geheimwaffe gegen alle finsteren Kräfte
       sein, aber bei ihm ist es wie bei allen Männern: Sobald sie Magie anwenden,
       rutschen sie in eine gewalttätige Psychose. In „Das Rad der Zeit“ herrschen
       deshalb die Frauen. Nur sie können Magie nutzen, ohne den Verstand zu
       verlieren.
       
       In der dritten Staffel der Amazon-Prime-Serie, des aufwändig verfilmten
       15-bändigen Opus von Robert Jordan, versuchen dunkle Mächte – wie in der
       Fantasy üblich – den Status Quo im fantastischen, [1][matriarchalen
       Königreich] der Zwei Flüsse zu zerstören, in dem der Magierinnen-Orden der
       Aes Sedia das eigentliche Machtzentrum ist.
       
       In einer komplex ausufernden Geschichte folgt man Rand al’Thor und vier
       jungen Menschen aus der Provinz, die sich auf ihrer Wanderschaft durch
       [2][das fantastische Reich] inmitten des großen Krieges von Gut gegen Böse
       wiederfinden und plötzlich Teil machtpolitischer Grabenkämpfe werden.
       
       ## Portal, Trollocs und Raumschiffe
       
       Es geht durch magische Portale, die Wegstrecken abkürzen, vorbei an
       magischen Wolfsrudeln und sogenannten Trollocs, die, an Tolkiens Orcs
       erinnernd, ganze Landschaften brandschatzen. Ab und an zeigen Rückblenden
       auch eine weit entfernte Vergangenheit, in der Raumschiffe über gigantische
       Metropolen dahinjagen. Dem Titel gebenden „Rad der Zeit“ liegt eine im
       ersten Moment etwas simpel wirkende Yin-Yang-Philosophie zugrunde, die aber
       eine Geschichte über Jahrtausende auffächert.
       
       Selten spielen weibliche Charaktere im Fantasy-Serien eine so zentrale
       Rolle wie in dieser. Rosamund Pike gibt die mächtige und wagemutige
       Magierin Moiraine Damodred, die in einer geheimen Mission durch die
       verschiedenen feudalen Reiche unterwegs ist.
       
       Auch von den fünf Freunden, die sich mit einer [3][frauenhassenden
       männlichen] Religionsgemeinschaft anlegen, die in ihren weißen Gewändern an
       den Ku-Klux-Klan erinnert, sind die weiblichen Charaktere die
       handlungstreibenden Figuren.
       
       ## Weibliche Charaktere selten zentral
       
       Die Fantasy-Sparte [4][im Film- und Serienbereich] boomt zwar seit Jahren.
       In den meist spätmittelalterlich anmutenden Fantasy-Welten, in die
       Streamingdienste seit Jahren Unmengen Geld pumpen, spielen weibliche
       Charaktere aber selten eine zentrale Rolle. Sie müssen sich wie in „Game of
       Thrones“ in männlich dominierten Gesellschaften behaupten.
       
       In der Adaption von „Das Rad der Zeit“ ist das anders. Die Heldinnen dieser
       Saga sind die starken Frauen, die jene Magie zu meistern und einzusetzen in
       der Lage sind, die die Männer einfach nur in den Wahnsinn treibt. Auch die
       romantischen Beziehungen der einzelnen Figuren sind in der Serie diverser,
       queere Liebe und Sexualität kommen im Roman nicht vor.
       
       ## Es gäbe auch zeitgenössische Fantasy
       
       Weil die literarische Vorlage, die zwischen 1990 und 2003 erschienen ist,
       aus heutiger Perspektive etwas altbacken wirkt und diese feministische
       Inszenierung in der Deutlichkeit eigentlich nicht hergibt, wurden die
       Verfilmung in Blogs und Foren kontrovers diskutiert.
       
       Der streng christliche Autor Jordan hatte etwa eine männliche Erlöserfigur
       ins Zentrum seines Opus gestellt, in der Serie ist aber offen, ob nicht
       auch die weiblichen Figuren diese Rolle ausfüllen könnten.
       
       Dass Amazon Prime die Stoffe gemäß dem sozialen Wandel anpasst, ist
       nachvollziehbar. Aber ist das nötig? In der zeitgenössischen
       Fantasy-Literatur gibt es genügend feministische Autorinnen mit
       kämpferischen Büchern gegen Sexismus und rechte Trolle. Vielleicht
       probieren es die Produktionsfirmen also mal mit den Fantasyromanen von
       Nnedi Okorafor oder [5][NK Jemisin], bevor sie auf Jahrzehnte alte Stoffe
       zurückgreifen.
       
       14 Mar 2025
       
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