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       # taz.de -- Rechtsextreme Symbolik: Die Lieblingsblumen der AfD
       
       > Ein AfD-Abgeordneter trug im Bundestag eine blaue Blume am Revers. Das
       > erinnert an die Nazis in Österreich. Ein Historiker spricht von
       > „NS-Symbolik“.
       
   IMG Bild: Gruppenbild mit Blume: AfD-Politiker:innen bei der konstituierenden Sitzung des Bundestags am 25. März
       
       Berlin taz | Es ist ein Belegbild für die Radikalisierung der neuen
       AfD-Fraktion im Bundestag: Der Fraktionschef Tino Chrupalla grinst beim
       Gruppenfoto im Plenarsaal breit in die Kamera, um ihn herum stehen die
       neuen Abgeordneten aus Thüringen, Robert Teske und Torben Braga, beide enge
       Vertraute von Björn Höcke, dem rechtsextremen AfD-Chef aus Thüringen.
       [1][Das Bild] hat es aber nicht nur wegen des demonstrativen
       Schulterschlusses in sich, sondern auch wegen einer kleinen Blüte: Braga
       trug [2][bei der konstituierenden Sitzung] eine blaue Blume am Revers
       seines Anzugs.
       
       Der Historiker und KZ-Gedenkstättenleiter Jens-Christian Wagner sieht darin
       eine bewusste positive Bezugnahme auf den Nationalsozialismus: „Die blaue
       Kornblume war Symbol der antisemitischen Schönerer-Bewegung und in den
       1930er Jahren in Österreich Erkennungszeichen der verbotenen NSDAP“, sagte
       er der taz. Seit etwa zehn Jahren provozierten rechtsextreme Politiker
       immer wieder mit dem Tragen von blauen Stoffblumen, so etwa die gesamte
       FPÖ-Fraktion in der [3][konstituierenden Sitzung des Nationalrats 2013]
       oder auch der [4][Berliner Abgeordnete Andreas Wild 2018]. Braga habe sich
       mit der blauen Blume am Revers als „NSDAP-Anhänger“ geoutet und damit
       Antisemitismus, Rechtsextremismus und NS-Verherrlichung zum Ausdruck
       gebracht.
       
       Auf taz-Anfrage antwortete Braga schriftlich, dass es sich bei der Blume an
       seinem Revers nicht um eine Kornblume handele. Es sei „völlig absurd“, ihm
       zu unterstellen, dass er sich positiv auf die NSDAP beziehe. Auf die
       Nachfrage, um was für eine blaue Blume sich es dann gehandelt habe und
       warum er sie trug, antwortete Braga nicht mehr.
       
       Stattdessen postete er einen Screenshot der taz-Anfrage auf X nebst ein
       paar wüsten Beschimpfungen in Richtung des KZ-Gedenkstättenleiters Wagner,
       dessen zunächst online geäußerte Kritik er als „Psychose eines
       Wahnsinnigen“ abtat, mit der er sich nun herumschlagen müsse.
       
       ## Erst Provokation, dann Opferrolle
       
       Wagner ordnet das auf taz-Anfrage so ein: „Mit seiner Antwort spielt Braga
       das übliche Spiel der AfD: Erst begeht man mit positiven Bezügen zum
       Nationalsozialismus einen Tabubruch, und wenn es dann berechtigte Kritik
       gibt, stellt man sich dumm und inszeniert sich als Opfer angeblicher
       Diffamierung.“ Er sei sich aber sicher, dass Braga wusste, was er tat, sagt
       der Historiker: „Im rechtsextremen und neurechten Milieu ist man sich der
       NS-Symbolik der Kornblume sehr bewusst.“
       
       Es sei dasselbe Muster, das sein Parteichef Höcke bediente, als er sich
       [5][vor Gericht habe herausreden wollen], dass er nicht wusste, dass die
       Parole „Alles für Deutschland“ der Leitspruch der SA gewesen sei. „Dahinter
       steckt System: Ins eigene rechtsextreme Lager sendet man deutliche
       NS-verherrlichende Signale, die so auch verstanden werden, und gegenüber
       der Öffentlichkeit verkauft man sich als Opfer ungerechtfertigter Kritik.“
       
       Tatsächlich ist es nicht das erste Mal, dass ein AfD-Politiker mit dieser
       Symbolik spielt: Im Berliner Abgeordnetenhaus hat der AfD-Abgeordnete
       Andreas Wild für eine blaue Blume am Revers mehrere Ordnungsrufe bekommen,
       nachdem er die Kornblume bei einem Gedenkmarsch und im Plenarsaal getragen
       hatte. Wild ging juristisch gegen die Ordnungsrufe vor, behauptete, dass er
       keine Kornblume getragen habe, sondern nur eine blaue Stoffblume, die einer
       Lilie nachempfunden sei. Das Landesverfassungsgericht [6][sah den
       Ordnungsruf dennoch als gerechtfertigt an]: „Der Präsident durfte das
       Tragen einer blauen Blume als bewusstes Tragen eines NSDAP-Symbols und
       Abzeichens der Schönerer-Bewegung verstehen“, teilte das Gericht mit.
       
       Auch ein weiterer neuer Abgeordneter der AfD-Fraktion hat einen Hang zu
       Kornblumen: So prahlte der AfD-Abgeordnete Matthias Helferich unlängst in
       geleakten Chats damit, [7][in seinem Garten die Pflanzen zu züchten]. Er
       teilte Fotos der Blumen mit dem Text „geheimes Symbol der
       Nationalsozialisten während des Verbots in Österreich“. Er verbinde mit den
       Blumen „die Erschießung der österreichischen Staatsführung“.
       
       Für Braga wäre es übrigens nicht das erste Mal, dass er sich positiv auf
       einen Faschisten bezieht: In seiner X-Bio zitiert er einen Satz des
       italienischen Proto-Faschisten Filippo Tommaso Marinetti aus dessen
       „Manifest des Futurismus“: „Schönheit gibt es nur noch im Kampf.“ In der
       AfD-Fraktion muss er mit dieser politischen Symbolik offenbar nicht gegen
       Widerstände ankämpfen – weder Tino Chrupalla noch seine Co-Fraktionschefin
       Alice Weidel wollen auf taz-Anfrage etwas zu Bragas blauer Blume am Revers
       sagen, geschweige denn ihn kritisieren.
       
       1 Apr 2025
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://x.com/JensChristianW1/status/1906266364244873316
   DIR [2] /Konstituierende-Sitzung-des-Bundestags/!6074793
   DIR [3] https://www.falter.at/blauland/20241017/kornblume-edelweiss-oder-blaue-distel
   DIR [4] https://www.tagesspiegel.de/berlin/afd-politiker-andreas-wild-unterliegt-vor-gericht-6871681.html
   DIR [5] /Urteil-gegen-AfD-Politiker/!6009855
   DIR [6] https://www.berlin.de/gerichte/sonstige-gerichte/verfassungsgerichtshof/pressemitteilungen/2019/verfgh-189-18-beschluss.pdf
   DIR [7] https://www.welt.de/politik/deutschland/plus244291377/Bundestag-Matthias-Helferich-darf-nicht-in-die-AfD-Fraktion.html
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Gareth Joswig
       
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