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       # taz.de -- Duterte vor Gericht in Den Haag: Angeklagter mit geschlossenen Augen
       
       > Dem philippinischen Ex-Präsidenten werden Verbrechen gegen die
       > Menschlichkeit vorgeworfen. Zum Vortermin des Prozess war er per Video
       > zugeschaltet.
       
   IMG Bild: Mit Bildern der Ermordeten: Angehörige versammeln sich in Manila, um den Auftritt Dutertes im Strafgerichtshof live zu verfolgen
       
       Amsterdam taz | Rodrigo Duterte, der ehemalige philippinische Präsident,
       hatte am Freitag seinen ersten Auftritt vor dem Internationalen
       Strafgerichtshof in Den Haag (IStGH).
       
       Wegen seiner vorherigen langen Reise und des großen Zeitunterschieds
       verfolgte Duterte, der Ende des Monats 80 Jahre alt wird, die Sitzung per
       Video aus der UN-Haftanstalt im Den Haager Stadtteil Scheveningen. Zwei
       Tage zuvor war er mit einem Privat-Flugzeug in den Niederlanden angekommen,
       nachdem er am Dienstag auf dem Flughafen von Manila festgenommen worden
       war.
       
       Duterte, Präsident zwischen 2016 und 2022, werden laut eines am 7. März
       erlassenen Haftbefehls Verbrechen gegen die Menschlichkeit vorgeworfen.
       Konkret geht es um 43 Morde im Rahmen des philippinischen ‚war on drugs‘.
       19 davon fanden zwischen 2011 und 2016 in Davao City auf der
       südphilippinischen Insel Mindanao statt, als Duterte dort Bürgermeister
       war. Die übrigen fallen in seine Amtszeit als Präsident des Landes. Bei den
       Opfern habe es sich angeblich um Drogendealer oder Kriminelle gehandelt, so
       Iulia Antoanella Motoc, Vorsitzende Richterin der Vorverfahrenskammer I.
       
       ## Vermeintlicher Kopf des Davao Death Squad
       
       Die Anklage sieht Duterte als Bürgermeister, vermeintlichen Kopf der
       Todesschwadron Davao Death Squad und Präsidenten „kriminell verantwortlich“
       für diese Morde. Dabei habe er „als Teil eines weiträumigen und
       systematischen, gegen die Zivilbevölkerung gerichteten Angriffs“ operiert,
       so IStGH-Chefankläger Karim Khan in einer Erklärung nach der Festnahme
       Dutertes. Diese sei eine wichtige Entwicklung beim Versuch,
       Rechenschaftspflicht für Verbrechen im Rahmen des [1][Anti-Drogen-Kriegs
       auf den Philippinen] herzustellen. Laut offiziellen Angaben forderte dieser
       mindestens 6.000 Opfer. Menschenrechtsorganisationen zufolge waren es bis
       zu 30.000
       
       Während der etwa halbstündigen Sitzung, die, wie Richterin Motoc betonte,
       nicht den Auftakt des Verfahrens darstellte, wurde der Angeklagte
       wiederholt eingeblendet – vor einer blauen Wand mit IstGH-Logo sitzend, in
       graublauem Anzug und mit blauer Krawatte.
       
       Sein Anwalt, Salvador Medialdea, sagte, Duterte sei von gesundheitlichen
       Problemen geschwächt und nicht in der Lage, irgendetwas zu dieser ersten
       Sitzung beizutragen, Duterte saß unterdessen mit geschlossenen Augen und
       zurückgelehntem Kopf vor der Videowand in der Haftanstalt.
       
       ## Nächste Sitzung im September
       
       Motoc wies den Antrag Medialdeas ab, die Sitzung auf die kommende Woche zu
       verschieben, da es nur darum ginge, Duterte über den Gegenstand der Anklage
       und seine Rechte zu informieren sowie einen Termin für eine vorbereitende
       Sitzung zu verkünden. Diese setzte sie vorläufig für den 23. September an.
       
       Zu Dutertes Gesundheitszustand sagte sie, der Gerichtshof habe diesen nach
       seiner Ankunft untersuchen lassen, wobei er sich als „mental vollkommen
       bewusst und fit“ herausgestellt habe.
       
       In seinem kurzen Eröffnungs-Statement warf Medialdea dem Gericht vor, der
       Transfer seines Mandanten nach Den Haag sei eine „außergerichtliche
       Überstellung, oder, für weniger juristische Köpfe, eine einfache
       Entführung“, und mit seiner Verhaftung sollten auf den Philippinen
       politische Rechnungen beglichen werden. Unter Duterte zog sich das Land
       2019 aus dem IStGH zurück, der 2016 Ermittlungen gegen ihn startete.
       
       Vor Beginn der Sitzung fanden sich vor dem Gerichtshof kleine Gruppen von
       Anhänger*innen und Gegner*innen des Ex-Präsidenten ein. Während
       erstere Schilder mit der Aufschrift „Stop shaming Duterte“ trugen,
       forderten die anderen „Gerechtigkeit für die Opfer“ und [2][„Duterte ins
       Gefängnis“]. Erst steht diesem aber wohl ein jahrelanger Prozess bevor. Bei
       einer Verurteilung droht Duterte lebenslange Haft.
       
       14 Mar 2025
       
       ## LINKS
       
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   DIR Tobias Müller
       
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