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       # taz.de -- Proteste gegen Regierung: Ungarns Premier Orbán droht Opposition mit „Vernichtung“​
       
       > Viktor Orbán griff am ungarischen Nationalfeiertag zu
       > menschenverachtender Rhetorik gegen seine Gegner. Zehntausende
       > demonstrierten gegen ihn. ​
       
   IMG Bild: Oppositionelle haben zu einer Kundgebung unter dem Motto „Macht Euch bereit“ aufgerufen
       
       Wien taz | Nicht nur in Serbien, auch in Budapest gingen am Samstag
       Zehntausende gegen die Regierung auf die Straße. Oppositionsführer Péter
       Magyar hatte zu den neuerlichen Großprotesten gegen Premier [1][Viktor
       Orbán] aufgerufen. Anlass war der [2][ungarische Nationalfeiertag], der an
       die Revolution gegen das Habsburger-Reich von 1848/49 erinnert. Auch Orbán
       sprach an diesem Tag vor einer deutlich kleineren Anhängerschaft und griff
       dabei zu menschenverachtender Sprache.
       
       „Die Wanzen haben überwintert. Wir liquidieren die Finanzmaschinerie, die
       mit korrupten Dollar Politiker, Richter, Journalisten,
       Pseudo-Zivilorganisationen und politische Aktivisten gekauft hat. Wir
       werden die gesamte ‚Schattenarmee‘ vernichten“, sagte Orbán in seiner Rede
       vor dem ungarischen Nationalmuseum. Er kündigte zudem einen „großen
       Osterputz“ gegen politische Gegner an, ohne konkreter zu werden. Eine
       derartige Rhetorik kennt man vor allem aus Diktaturen, nicht aber vom
       Regierungschef eines EU-Lands.
       
       Viele Beobachter interpretieren Orbáns zunehmend aggressive Rhetorik als
       Zeichen der Nervosität angesichts schwindender Unterstützung. Seine
       Ankündigung, gegen ausländisch finanzierte Organisationen vorzugehen, folgt
       einem Muster der Repression, wie man es vor allem aus Autokratien kennt.
       Orbán positionierte sich zudem einmal mehr als „Freiheitskämpfer“ gegen
       Brüssel und bekräftigte sein [3][Nein zum EU-Beitritt der Ukraine]. Er
       kündigte eine Volksbefragung zu zwölf Punkten an, darunter die Forderung
       nach einer „Union ohne die Ukraine“ und einem „Europa der Nationen“.
       
       Die meisten ungarischen und internationalen Medien durften nicht vor Ort
       berichten, wie das ungarische Onlineportal Media1 berichtet. Dies ist
       besonders pikant, da der 15. März in Ungarn als „Tag der Freien Presse“
       gilt. Das Kabinett des Ministerpräsidenten begründete das Verbot mit
       „Platzgründen“. Die Berichterstattung blieb weitgehend dem Staatsfernsehen
       vorbehalten, das längst unter der Kontrolle der Regierung steht. Während
       Orbáns Ansprache kam es zu Pfeifkonzerten und „Landesverräter“-Rufen. Die
       Polizei schritt gegen die Demonstranten ein.
       
       ## Orbán-Kritiker erlangt Bekanntheit
       
       Parallel dazu versammelte sich eine deutlich größere Menschenmenge zu einer
       Kundgebung unter dem Motto „Macht Euch bereit“, zu der Magyar aufgerufen
       hatte. Der konservative Politiker machte Karriere im engsten Umfeld von
       Orbán, brach aber im Zuge eines Amnestie-Skandals mit ihm. Mit ausgiebigen
       Touren durch ganz Ungarn sowie einer intensiven Social-Media-Kampagne
       erlangte Magyar im vergangenen Jahr rasch breite Bekanntheit. Bei der
       EU-Wahl letzten Juni erreichte seine Tisza-Partei aus dem Stand fast 30
       Prozent.
       
       In seiner Rede am Samstag erinnerte Magyar an die Probleme des Landes im
       Gesundheits- und Bildungssystem. Er kritisierte die wirtschaftliche
       Situation und behauptete, Ungarn sei unter Orbáns 15-jähriger Herrschaft zu
       einem der ärmsten EU-Länder geworden, während der Ministerpräsident zu
       einem der reichsten Männer Europas aufgestiegen sei.
       
       Die nächsten Parlamentswahlen sind im Frühjahr 2026 und könnten die von
       vielen herbeigesehnte politische Wende markieren. Mittlerweile liegt
       Magyars Tisza in vielen Umfragen bereits vor Orbáns Fidesz. Zugute kommt
       Magyar dabei die anhaltend hohe Inflation sowie die schlechte
       wirtschaftliche Lage, die Orbán zugeschrieben werden.
       
       ## Klares Bekenntnis zur EU
       
       Inhaltlich gibt sich Magyar, wie Orbán ein Konservativer, oft bewusst
       offen, um möglichst viele Wähler anzusprechen. Fest steht: Die Unterschiede
       bei manchen Kernthemen, etwa bei der Einwanderungs- oder Ukrainepolitik,
       sind nicht allzu groß. Anders als Orbán bekennt sich Magyar aber klar zur
       EU, zur unabhängigen Justiz und zu freien Medien.
       
       16 Mar 2025
       
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