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       # taz.de -- Urteil zum Solidaritätszuschlag: Steuern hoch für Reiche, aber runter für Unternehmen
       
       > Irgendwann wird der „Soli“ auslaufen. Höchste Zeit, die Weichen zu
       > stellen für die Zeit danach: Die Steuerlast für Unternehmen muss gesenkt
       > werden.
       
   IMG Bild: Klage gegen Solidaritätszuschlag scheitert in Karlsruhe, 26.3.2025
       
       Das deutsche Steuersystem ist ungerecht. Die Abgaben auf große Vermögen,
       Millionen-Erbschaften, auf die Weitergabe von Unternehmen an die
       Nachkommen, Immobilienbesitz und sehr hohe Arbeitseinkommen liegen zu
       niedrig. Deshalb ist die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zum
       Soli zu begrüßen: Die Richterinnen und Richter verkündeten, [1][dass der
       Solidaritätszuschlag nicht gegen das Grundgesetz verstößt].
       
       In der Praxis wirkt der Soli teilweise als zusätzliche Reichensteuer. Denn
       der Zuschlag von 5,5 Prozent wird erhoben auf hohe Verdienste,
       Kapitalerträge und Firmengewinne. In voller Höhe entrichten ihn
       beispielsweise Singles, die im vergangenen Jahr über 106.000 Euro zu
       versteuerndes Arbeitseinkommen erzielten. Wobei die verteilungspolitische
       Wirkung nicht der eigentliche Gegenstand der Gerichtsentscheidung war. In
       dem Verfahren ging es um die Frage, ob der Solidaritätszuschlag noch
       rechtmäßig ist, da die Begründung – die Finanzierung der deutschen Einheit
       – schon lange zurückzuliegen scheint.
       
       Allerdings muss der Soli auch von Unternehmen und nicht nur von den
       Eigentümern dieser Unternehmen gezahlt werden. Er wird unter anderem auf
       die Körperschaftssteuer erhoben, die die Profite vieler Firmen betrifft,
       die im internationalen Wettbewerb stehen. Dabei ist es so: Vergleichbare
       Steuern wurden beispielsweise in den USA, Großbritannien und Frankreich in
       den vergangenen Jahren gesenkt, in Deutschland aber nicht. Das kann einen
       Nachteil für hiesige Firmen bedeuten, weil sie höhere Kosten zu verkraften
       haben als ihre ausländischen Konkurrenten. Das Ziel, aus der gegenwärtigen
       wirtschaftlichen Stagnation herauszukommen, spricht ebenfalls dafür, den
       Unternehmen bei der Gewinnsteuer entgegenzukommen.
       
       So könnten die neue Bundestagsmehrheit und die Regierungskoalition die
       Gerichtsentscheidung als Ausgangspunkt und Ansporn für eine Steuerreform
       verstehen. Dabei ginge es darum, den Solidaritätszuschlag so umzubauen und
       in den Einkommensteuertarif zu integrieren, dass der höhere Beitrag reicher
       Privatleute beibehalten, die Belastung der Unternehmen jedoch reduziert
       würde. Zum zweiten Punkt hat das politisch linksliberal positionierte
       Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) vorgeschlagen, den
       Zuschlag nicht mehr auf die Körperschaftssteuer zu erheben und auch Gewinne
       von Personengesellschaften davon freizustellen, wenn sie in den Firmen
       bleiben und nicht an die Besitzenden ausgeschüttet werden.
       
       Die Frage ist nun, ob Union und SPD die Kraft dazu haben. Die Vorversion
       des Koalitionsvertrages, [2][das Sondierungspapier], enthält solche
       Vorschläge. CDU und CSU wollen die Firmensteuer senken, die
       Sozialdemokraten plädieren für höhere Abgaben für Wohlhabende. Allerdings
       haben sich die Parteien darüber noch nicht geeinigt. Sie sollten es tun –
       auch um die Einnahmen für die Zukunft zu sichern, die der Soli jetzt
       bringt. Denn ewig wird das Bundesverfassungsgericht den Zuschlag nicht
       verteidigen.
       
       29 Mar 2025
       
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