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       # taz.de -- Social Media: Warum TikTok nicht weiß, ob du ADHS hast
       
       > Gerade junge Menschen informieren sich gerne auf TikTok über
       > Gesundheitsthemen. Eine Studie zeigt, wie sehr das in die Irre führen
       > kann.
       
   IMG Bild: Jugendliche, die sich über TikTok informieren, fühlen sich schnell in ihrer ADHS Selbstdiagnose bestärkt
       
       Die Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung (ADHS) ist seit Jahren
       ein großes Thema. Hauptsymptome dieser neurologischen Prädisposition sind
       Hyperaktivität, Unaufmerksamkeit und Impulsivität. Wer sich dazu allerdings
       [1][auf Tiktok informieren will] – vielleicht auch, weil Arzttermine für
       die Diagnostik schwer zu kriegen sind –, stößt dort auf ziemlich viele
       irreführende Informationen. Eine [2][Studie im PLOS ONE Journal] hat
       untersucht, wie sich das auswirkt.
       
       ## Die Studie
       
       Auf ADHS spezialisierte Psycholog*innen untersuchten die 100
       beliebtesten englischsprachigen TikTok-Videos, die unter dem Hashtag #ADHD
       veröffentlicht wurden. Meist werden diese von selbsternannten
       Expert*innen ins Netz gestellt. In über der Hälfte fanden die
       Forschenden Falschinformationen. Die meisten Videos zeigten außerdem fast
       ausschließlich Symptome, nur 8 Prozent stellten Therapieansätze vor.
       
       Besonders irreführend sei, so die Forschenden, dass über zwei Drittel der
       als ADHS-typisch dargestellten Symptome eher normalem Alltagsverhalten
       zuzuordnen seien – wie zum Beispiel die Gewohnheit, das Handy zu verlegen.
       Die Forschenden kamen zu dem Schluss, dass der Konsum der TikTok-Videos
       dazu führe, dass Menschen die eigene Betroffenheit und auch die Belastung
       durch ADHS überschätzen. Die Videos bestärkten so vor allem Jugendliche mit
       selbst diagnostiziertem ADHS in ihrer Annahme, tatsächlich daran zu leiden.
       
       Konkret wird das auch an diesem Ergebnis: Befragt, wie hoch sie den Anteil
       an von ADHS Betroffenen in der Bevölkerung einschätzten, tippten die
       TikTok-Konsument*innen auf etwa ein Drittel. In Wahrheit haben aber nur 2
       bis 3 Prozent [3][der erwachsenen Bevölkerung ADHS], bei Kindern und
       Jugendlichen sind es etwa 5 Prozent.
       
       ## Was bringt’s?
       
       Die Studie ist ein gutes Beispiel dafür, wie das sogenannte Priming auf
       Social Media funktioniert. Damit ist der Effekt gemeint, dass vorherige
       Eindrücke unsere Wahrnehmung beeinflussen. Allein die Tatsache, dass
       ADHS-Videos geschaut werden, beeinflusst unbewusst die Perspektive auf die
       eigenen Marotten und führt zu Gedankengängen wie „Stimmt, ich verlege auch
       ständig mein Handy – dann habe ich wohl auch ADHS“. Das ist umso
       problematischer, wenn der Algorithmus Unterhaltungswert vor Qualität
       stellt.
       
       Dennoch haben diese Videos auch ihren Wert, denn sie tragen zur
       Entstigmatisierung von ADHS bei, sagen unabhängige Expert*innen. Sie
       raten [4][renommierten Gesundheitsorganisationen], sich bewusst mit
       qualitativ hochwertigen Inhalten auf der Plattform zu präsentieren und für
       die Zielgruppe auffindbar zu machen. Dafür müssen die Organisationen jetzt
       nur noch lernen, wie man diese Qualitätsvideos algorithmusgerecht verkauft.
       Vielleicht geben ihnen die erfolgreichen Creators ja etwas Nachhilfe.
       
       30 Mar 2025
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Selbstdiagnosen-in-sozialen-Medien/!6064862
   DIR [2] https://journals.plos.org/plosone/article?id=10.1371%2Fjournal.pone.0319335
   DIR [3] /ADHS-im-Erwachsenenalter/!6026543
   DIR [4] https://www.bundesgesundheitsministerium.de/themen/praevention/kindergesundheit/aufmerksamkeitsdefizitsyndrom/
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Elias Andresen
       
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