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       # taz.de -- Erdbebenkatastrophe in Myanmar: Taktisches Manöver der Militärjunta
       
       > Es ist erfreulich, dass das Regime in Myanmar um internationale Hilfe
       > bittet. Aber es sollte jetzt nicht durch Kooperation aufgewertet werden.
       
   IMG Bild: Rettungskräfte in der Stadt Mandalay in Myanmar
       
       Naturkatastrophen bieten dem Militär des betroffenen Landes wie
       hilfswilligen Nationen die Chance, sich als solidarische Retter in Szene zu
       setzen. Das wird dadurch erleichtert, dass keine andere staatliche
       Institution über so viel schnell mobilisierbares Personal und schweres
       Gerät inklusive Hubschraubern verfügt. Das ist kaum verwunderlich, gehen
       Militärausgaben doch oft auch zulasten eines zivilen Katastrophenschutzes.
       [1][Dies gilt umso mehr im Bürgerkriegsland Myanmar], wo die vom breiten
       Widerstand unter Druck geratene Putschjunta die Prävention schon deshalb
       vernachlässigt, weil sie die Mittel lieber für den Kampf ums eigene
       Überleben nutzt.
       
       Katastrophen bieten bei aller Tragik aber auch die Möglichkeit für ein
       Umdenken und einen Neuanfang. So löste in Indonesien der Tsunami vom
       Dezember 2004 einen erfolgreichen Friedensprozess zwischen Regierung und
       separatistischen Rebellen aus. Der gleiche Tsunami hatte aber in Sri Lanka
       den gegenteiligen Effekt: Der Streit über Zugänge für Helfer und die
       Kontrolle über die Verteilung der Hilfe verschärfte den Bürgerkrieg mit den
       tamilischen Rebellen. Und 2008 stellte Myanmars Junta beim Zyklon „Nargis“,
       der mehr als 100.000 Menschen tötete, sogar alle privaten Hilfsinitiativen
       unter Strafe und verweigerte sich ausländischer Hilfe. Denn sie hätte diese
       sonst als Eingeständnis eigener Schwäche gewertet.
       
       Jetzt hingegen hat die Junta schnell um internationale Hilfe gebeten. Was
       auf den ersten Blick nach erfreulichem Sinneswandel aussieht, ist jedoch
       auch ein taktisches Manöver: Die Junta kontrolliert nicht einmal mehr die
       Hälfte des Landes, aber noch alle Flughäfen und Häfen. Die von westlichen
       Ländern sanktionierten Generäle erhoffen sich jetzt von der internationalen
       Hilfe eine Aufwertung und eine indirekte diplomatische Anerkennung.
       
       ## Widerstand wird weiter bombardiert
       
       Dass es [2][der Junta in erster Linie immer noch nicht um die Menschen und
       die Chance einer Beilegung des Konflikts] geht, zeigte sich schon direkt
       nach dem Beben. Da bombardierte die Luftwaffe wieder Stellungen des
       Widerstands – was seitdem im vom Erdbeben besonders betroffenen Sagaing
       sowie im Shan-Staat schon mehrfach geschehen ist.
       
       Die Gegenregierung im Untergrund hat dagegen inzwischen einen
       Waffenstillstand erklärt, auch wenn sie längst nicht alle
       Widerstandskämpfer kontrolliert. Eine Feuerpause wäre das Mindeste, was die
       Junta erklären könnte, wäre es ihr mit der Hilfe ernst. Und hilfswillige
       Länder und Organisationen haben eine Verantwortung, mit der dringend
       benötigten Hilfe nicht diese menschenverachtende Junta zu stärken.
       
       30 Mar 2025
       
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