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       # taz.de -- Europapokalträume in Gladbach: „Ich sehe da keine Grenzen“
       
       > Nach dem Sieg gegen Leipzig fällt gar Gladbachs Coach Seoane mit forschen
       > Tönen auf. Bei RB dagegen vermisst man Energie und entlässt Trainer Rose.
       
   IMG Bild: Auf der Sonnenseite: kollektive Gladbacher Freude über den Führungstreffer
       
       Jeder halbwegs erfahrene Fußballbeobachter wusste schon, was als Nächstes
       kommen würde: Gesänge, die von einer großen und sehr alten
       Mönchengladbacher Sehnsucht handeln. „Europapokal, Europapokal“,
       schmetterten die Fans im Stadion, als die Borussia mit 1:0 (0:0) gegen RB
       Leipzig gewonnen und den fünften Platz in der Tabelle erklommen hatte.
       
       Die üblichen Rituale eben. Was jedoch unerwartet kam, waren die Worte des
       Gladbacher Trainers Gerardo Seoane. „Ich sehe eine Mannschaft, die das
       Ganze will, ich sehe da keine Grenzen“, sagte der Schweizer, der eigentlich
       für seine Zurückhaltung bekannt ist.
       
       Die Abschaffung aller Grenzen bedeutet wohl, dass das traditionelle
       Saisonziel, das in Gladbach seit Jahren mit dem etwas merkwürdigen Begriff
       „Einstelligkeit“ beschrieben wird, aufgegeben wurde. Die nach bleiernen
       Jahren ausgehungerten Borussen wollen mindestens in der Conference League
       mitspielen, die auch deshalb attraktiv wäre, weil das Team in diesem
       Wettbewerb weit kommen könnte.
       
       Noch schöner wäre die Europa League, und selbst die Champions League ist
       vorstellbar. „Wenn man so ein Spiel gewinnt, darf man ein bisschen
       herumschielen und träumen“, sagte Rocco Reitz. Fußballerisch ordentlich
       agierende, zugleich aber ohne Überzeugung spielende Leipziger waren an
       einer gut sortierten Gladbacher Defensive gescheitert.
       
       ## Entlassung von Trainer Rose
       
       Am Tag danach wurde etwas [1][überraschend RB-Trainer Marco Rose]
       entlassen, der seit Wochen an einer Wende zum Guten arbeitete, aber nicht
       richtig vorankam. Vor dem Pokalspiel in Stuttgart am Dienstag ist nun
       offenbar Panik ausgebrochen. „Wir brauchen für die verbleibenden Spiele
       einen neuen Impuls, um unsere Saisonziele zu erreichen“, teilte
       Sport-Geschäftsführer Marcel Schäfer am Sonntag mit. Unklar war zunächst,
       wer den Posten übernimmt, nachdem Leipzig in vier Auswärtsspielen am Stück
       kein Tor gelungen und in Gladbach ohne echte Chance geblieben war.
       
       Die Borussia hatte zwar weniger Ballbesitz, spielte aber drei
       Pfostentreffer und ein Siegtor heraus, das Alassane Plea nach einer Ecke
       gelang (56.). „Fußballerisch war es sicher nicht unser bestes Spiel, dafür
       haben wir fast alles wegverteidigt, kaum klare Torchancen zugelassen und
       sind selbst immer wieder gefährlich nach Kontern gewesen“, sagte Kapitän
       Julian Weigl. Und das Publikum hatte vorgeführt bekommen, warum diese
       Gladbacher derzeit so stark sind.
       
       Die Mannschaft habe „supersolidarisch gearbeitet“, sagte der Sportchef
       Roland Virkus, während Robin Hack ergänzte: „Wir haben als Team sehr gut
       funktioniert, standen in der Defensive sehr gut.“ Die Leipziger waren
       fußballerisch überlegen, aber irgendwie matt, während Gladbach ackerte und
       kämpfte. Der Torschütze Pléa war bei seiner Auswechslung nach 80 Minuten so
       entkräftet, dass er sich nur mit Mühe in die Kabine schleppen konnte. Tomas
       Cvancara, der den aufgrund einer gelb-roten Karte gesperrten Tim
       Kleindienst vertrat, blieb zwar glücklos, aber er schuftete bis zur letzten
       Sekunde.
       
       Mit einem ähnlichen Konzept spielt d[2][er SC Freiburg seit Jahren oben
       mit:] Basis ist die bedingungslose Bereitschaft aller Spieler, in jeder
       Partie und möglichst auch in jedem Training alle verfügbaren Energien zu
       investieren, insbesondere beim Verteidigen. Ein Schlüsselspieler ist dabei
       Kleindienst, der zuvor in Freiburg und in Heidenheim spielte und über den
       Seoane neulich sagte: „Ich habe selten gesehen, dass ein Fußballer so
       schnell eine Kabine prägen kann.“ An diesem Tag hat das Team nun erstmals
       in dieser Saison ohne den Nationalstürmer gewonnen, was darauf hindeutet,
       dass aus der Idee eine Haltung geworden ist, die alle angenommen haben.
       
       Grundlage dafür waren ein paar Aufräumarbeiten vor der Saison: In den
       vergangenen Jahren wurde das Klima im Team von alten Platzhirschen geprägt,
       von Tony Jantschke, Patrick Herrmann und [3][vor allen Dingen Christoph
       Kramer], die beliebt waren, die aber sportlich nur noch Nebenrollen
       spielten. Die Entfaltung anderer Spieler wurde gebremst. Jetzt sind die
       alten Anführer weg, Rocco Reitz blüht auf, Ko Itakura, Julian Weigl sowie
       der derzeit verletzte Torhüter Moritz Nicolas übernehmen immer mehr
       Verantwortung. „Mittlerweile spürt jeder, dass dieses Jahr was möglich
       ist“, sagte Hack. Und die Aufhebung aller Grenzen durch den Trainer, zeigt,
       wie stark dieses Gefühl geworden ist.
       
       30 Mar 2025
       
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       ## AUTOREN
       
   DIR Daniel Theweleit
       
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