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       # taz.de -- Menschenrechtler: 800 Tote in Togo
       
       > Aktueller Bericht zieht verheerende Bilanz der Gewalt im Umfeld der
       > Wahlen und fordert internationale Untersuchung
       
       BERLIN taz ■ Die Gewalt in Togo im Zusammenhang mit der umstrittenen
       Präsidentschaftswahl hat offenbar weit größere Ausmaße als bisher bekannt.
       Die respektierte togoische Menschenrechtsliga LTDH legte am Wochenende
       einen Bericht vor, wonach seit dem 28. März – dem Beginn des Wahlkampfes –
       790 Menschen getötet und weit über 4.000 verletzt worden seien: Opfer der
       Sicherheitskräfte sowie regierungsnaher Milizen. Der Bericht zeigt Bilder
       von ausgeweideten Leichen und toten jungen Männern, deren Gesichter mit
       Macheten zerschnitten worden sind. Es handele sich um eine „vorläufige
       Bilanz“ auf der Grundlage von Aussagen Überlebender und Erhebungen in
       Leichenhäusern, erklärte die LTDH.
       
       In Togo hatte Faure Gnassingbé, Sohn des verstorbenen Langzeitdiktators
       Gnassingbé Eyadema, nach amtlichen Angaben die Präsidentschaftswahl vom 24.
       April gewonnen. Oppositionelle und unabhängige Beobachter bezeugten
       hingegen verbreiteten Wahlbetrug. Aufstände der Opposition in der
       Hauptstadt Lomé nach der Wahl wurden blutig niedergeschlagen.
       
       Eine Pressekonferenz in Lomé Ende letzter Woche, auf der die LTDH ihren
       Bericht vorlegen wollte, wurde nach Angaben der Organisation von Milizen
       unterbunden. Insgesamt hat die Repression in Togo seit dem Tod von
       Gnassingbé Eyadema am 5. Februar 811 Tote gefordert, so die LTDH. Ihr
       Generalsekretär Ayayi Apedo-Arnah forderte eine unabhängige internationale
       Untersuchung. Die Regierung von Faure Gnassingbé hingegen setzte am
       Donnerstag eine nationale Untersuchungskommission ein.
       
       Die Gewalt geht nach Angaben der Opposition weiter. Die Sicherheitskräfte
       ziehen regelmäßig durch Oppositionshochburgen in Lomé und anderen Städten
       und suchen nach Teilnehmern der Protestkundgebungen nach der Wahl.
       Zahlreiche Menschen halten sich deswegen versteckt. Der Verein
       „Deutsch-Afrikanische Zusammenarbeit“, der in Kooperation mit togoischen
       Menschenrechtlern Beobachter zur Wahl im April entsandt hatte, sprach am
       Freitag unter Berufung auf eine Oppositionspartei von 500 Toten. „Die
       Entführungen gehen weiter“, so der Verein. „Flüchtlinge, die nach Togo
       zurückgekehrt sind, wurden sofort verhaftet und mit unbekanntem Ziel
       verschleppt. Soldaten verfolgen auch in Dörfern Oppositionelle, brennen
       Häuser nieder und schießen auf Fliehende.“
       
       Nach UN-Angaben sind seit den Wahlen über 26.000 Menschen aus Togo in die
       Nachbarländer Benin und Ghana geflohen. Das UN-Flüchtlingshilfswerk UNHCR
       zählt in Ghana 12.800 Flüchtlinge, in Benin 15.218, mit einer Zunahme von
       rund 150 am Tag. Benins Behörden sprechen von 20.000 Flüchtlingen in ihrem
       Land und haben um internationale Hilfe gebeten.
       
       Angesichts dieser Lage will Westafrikas Regionalorganisation Ecowas morgen
       einen Krisengipfel zu Togo abhalten, zu dem Regierung und Opposition
       geladen sind. Die Ecowas hofft weiterhin, die Parteien zur Bildung einer
       Regierung der nationalen Einheit bewegen zu können – ein Vorschlag
       Frankreichs, der wichtigsten internationalen Stütze des Regimes Gnassingbé.
       
       Auf EU-Ebene hat sich Frankreich damit aber nicht gegen Deutschland
       durchsetzen können, das die Dinge anders sieht. Von „brutaler Repression“
       sprach am Donnerstag das Europaparlament in einer Resolution. Es „erkennt
       die Legimität von Faure Gnassingbé nicht an“ und „wünscht neue, freie und
       faire Wahlen“. Eine Wiederaufnahme der seit 1993 suspendierten
       EU-Entwicklungshilfe für Togo ist damit zunächst vom Tisch. DOMINIC JOHNSON
       
       18 May 2005
       
       ## AUTOREN
       
   DIR DOMINIC JOHNSON
       
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