URI: 
       # taz.de -- Tennisstar verlässt Russland: Kein Return mehr möglich
       
       > Die Weltranglistenzwölfte Daria Kassatkina schließt sich dem
       > australischen Tennisverband an. Für Russland ist sie jetzt gestorben.
       
   IMG Bild: Neue Heimat: Daria Kassatkina bei den Australian Open im Januar
       
       Berlin taz | Der ausführliche Text, den [1][das russische Portal sports.ru]
       über den Wechsel der Tennisspielerin Darja Kassatkina zum australischen
       Tennisverband veröffentlicht hat, liest sich beinahe wie ein Nachruf. Es
       geht um ihre Jugend in der Industriestadt Toljatti, die Rolle ihrer Eltern
       in der Frühphase ihrer Karriere. Und natürlich auch darum, wie viel
       Russland in den Erfolg der heute auf Weltranglistenposition 12 stehenden
       Tennisspielerin investiert hat.
       
       Man kann erfahren, dass der Verband ein paar Auslandsreisen finanziert hat,
       dass die Eltern ihr Haus verkauft haben, um die teure Karriere der Tochter
       anschieben zu können und dass auch ihr Bruder beinahe seine Wohnung
       verkauft hätte, um seine Schwester zu unterstützen. Doch dann erreichte sie
       2015 überraschend die dritte Runde bei den US-Open, verdiente dafür 120.000
       Dollar und konnte seither ihre Familie unterstützen.
       
       Dass sie 2022 die Brücke zu ihrer russischen Heimat, die sie längst
       verlassen hatte, durch ein [2][Videointerview mit einem bekannten
       russischen Blogger] abbrach, auch das erwähnt der Text. Dort hatte sie ihre
       Abscheu gegenüber dem russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine zum
       Ausdruck gebracht, sich zu ihrer Partnerin bekannt und die russische
       LGBT-Gesetzgebung kritisiert.
       
       Ihre „nicht traditionelle sexuelle Orientierung“ wird auch im Abschiedstext
       auf Kassatkina in der typisch verdrucksten Ausdrucksweise russischer Medien
       erwähnt. Das Erstaunlichste an diesem Text ist jedoch die dazugehörige
       Umfrage unter den Lesenden. 52 Prozent der etwa 10.000 Leute, die sich an
       der Befragung beteiligten, äußerten darin ihr Verständnis für Kassatkinas
       Entscheidung, sich dem australischen Verband anzuschließen. Keine 30
       Prozent lehnen sie ab.
       
       Das ist durchaus bemerkenswert, ist die Berichterstattung über Kassatkina
       ansonsten von den üblichen Botschaften der putintreuen politischen Kaste im
       Land geprägt. Tenor: Kassatkinas Abschied ist kein Verlust. So äußerte sich
       auch Jewgeni Kafelnikow, die einstige Nummer eins im Welttennis, der heute
       Vizepräsident des russischen Tennisverbands ist.
       
       Kassatkina selbst schrieb in dem [3][Instagram-Post], in dem sie von der
       dauerhaften Aufenthaltsgenehmigung in Australien berichtet, dass sie ihre
       Wurzeln immer respektieren werde. Dass es keinen Weg zurück nach Russland
       geben würde, war ihr schon länger klar. In einem [4][Interview mit der
       Times] hatte sie 2023 gesagt: „Ich wusste nicht, wie wichtig die
       Möglichkeit ist, zurückzukehren. Ich wollte immer nur weg und im Ausland
       leben. Erst als ich diese Möglichkeit verloren habe, wurde mir klar, wie
       sehr ich sie eigentlich brauche.“
       
       30 Mar 2025
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://www.sports.ru/tennis/blogs/3311997.html
   DIR [2] https://www.youtube.com/watch?v=bFNAndV99Rc
   DIR [3] https://www.instagram.com/kasatkina/?hl=de
   DIR [4] https://www.thetimes.com/article/b4bf9ea4-1746-11ee-87bf-4c05f9202e96
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Andreas Rüttenauer
       
       ## TAGS
       
   DIR Tennis
   DIR Russland
   DIR Queer
   DIR GNS
   DIR Kolumne Russisch Brot
   DIR Tennis
   DIR Kolumne Russisch Brot
   DIR Kolumne Russisch Brot
   DIR Profisport
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR Russischer Ringerpräsident: Kohle vom Verräter
       
       Russlands Ringerpräsident beschimpft einen albanischen Ringer, der mal
       Russe war. Dabei verkauft er offenbar selbst gern Ringer an andere
       Verbände.
       
   DIR Luxussport Tennis: Asche für die Noblesse
       
       Das Tennisturnier in München ist in der ATP-Hierarchie aufgestiegen. Jetzt
       muss ein neues Stadion her, für das jede Menge Steuergelder fließen sollen.
       
   DIR Homophobie im russischen Sport: Küsse unter dem Volleyballnetz
       
       Eine türkische Spielerin wird zum Ziel der homophoben Hasstirade einer
       Ex-Weltmeisterin. Sie kennt das aus ihrer Heimat.
       
   DIR Schachspieler im Exil: Raus aus Russland
       
       Immer mehr Schachspieler wechseln seit dem Krieg in der Ukraine zu anderen
       Verbänden. Einige positionieren sich gegen die russische Regierung.
       
   DIR Exodus von Sportlern aus Russland: Zurück in die neunziger Jahre
       
       In den russischen Profisportligen verlassen ausländische Sportler als
       Reaktion auf den Ukrainekrieg scharenweise das Land. Was bedeutet das?