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       # taz.de -- Verbandschefin über Jugendarbeit: „Das Arbeitsfeld ist am Limit“
       
       > Hamburg braucht mehr offene Angebote für Kinder und Jugendliche, fordert
       > Anja Post-Martens anlässlich des zweiten Kinder- und Jugendhilfegipfels.
       
   IMG Bild: Wollen der Jugendhilfe Gehör verschaffen: Aktivisten bei einer Sitzung des Hamburger Familienausschusses im September 2024
       
       taz: Frau Post-Martens, Sie sind Geschäftsführerin des Verbandes für Kinder
       und Jugendarbeit Hamburg. Wie steht es um den Bereich? 
       
       Anja Post-Martens: Das Arbeitsfeld ist am Limit, nicht einmal der Bestand
       ist gesichert. Uns fehlen Infrastruktur, Personal und Honorarmittel für
       pädagogische Angebote. Dabei wäre dringend ein Ausbau nötig, um unseren
       gesetzlichen Auftrag zu erfüllen.
       
       taz: Wie lautet denn der Auftrag? 
       
       Post-Martens: Die Jugendhilfe hat den gesetzlichen Auftrag, jungen Menschen
       die eigene und gemeinschaftliche Entwicklung zu ermöglichen und zur
       Verbesserung der Lebensbedingungen beizutragen. Die offene Kinder- und
       Jugendarbeit, die OKJA, soll allen jungen Menschen Räume eröffnen, in denen
       sie mitbestimmen und gestalten können, um gesellschaftliche Verantwortung
       zu übernehmen und sich sozial und politisch engagieren zu können.
       
       taz: Wo finden sich diese Räume? 
       
       Post-Martens: In Jugendclubs, Aktiv- und Bauspielplätzen, Mädchen*treffs,
       Spielhäusern und vielen anderen offenen Angeboten, die nach eigenen
       Bedürfnissen mitgestaltet werden können. Diese müssen im sozialen Nahraum
       aller jungen Menschen vorhanden sein.
       
       taz: Nun ist gerade eine rot-grüne Wahlperiode vorbei. Hat sich da nichts
       gebessert? 
       
       Post-Martens: Wir konnten erste Erfolge verbuchen, zum Beispiel, dass
       Tarifsteigerungen nicht mehr auf Kosten pädagogischer Angebote finanziert
       werden sollen. Das lag auch daran, dass wir mit [1][„Tu was, Hamburg!“]
       arbeitsfeldübergreifend in der Kinder- und Jugendhilfe ein solidarisches
       Bündnis bildeten. So wird auch bereits über konkrete Schritte zur
       Überwindung von Obdachlosigkeit junger Menschen, über die Kita-Qualität und
       über Forderungen zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen gesprochen. Es
       bleibt aber noch viel zu tun.
       
       taz: Was erwarten Sie [2][vom neuen Senat]? 
       
       Post-Martens: Den Ausbau der sozialen Infrastruktur. Die OKJA muss
       strukturell abgesichert und inhaltlich aufgewertet werden. Es kann nicht
       sein, dass immer noch fast 60 Prozent dieser Treffs weniger als zwei
       Vollzeitstellen haben. Das schränkt die Öffnungszeit und die Qualität ein
       und gehört dringend geändert.
       
       taz: Steht Hamburg schlechter da als andere Städte? 
       
       Post-Martens: Unser Maßstab ist nicht, ob wir besser als schlecht, sondern,
       ob wir gut sind. Wir sind vorsichtig optimistisch, da die bessere
       Absicherung unserer Arbeit bei der Hamburg-Wahl in den Programmen aller
       demokratischer Parteien explizit benannt wurde. Wir erwarten, dass das
       umgesetzt wird.
       
       taz: Also mehr Geld? 
       
       Post-Martens: Ja, das kostet mehr Geld. Es soll aber auch mehr Austausch
       über unsere Expertise geben. Die Grundsätze der Offenen Arbeit sollten
       richtungsgebend für alle Bereiche der Kinder- und Jugendhilfe sein, also
       auch in Wohngruppen und ambulanten Einzelhilfen. Wir müssen darüber reden,
       wie wir junge Menschen tatsächlich beteiligen können.
       
       taz: Ihr Verband ruft mit zu [3][„Tu was, Hamburg!“] auf, dem 2. Hamburger
       Kinder und Jugendhilfegipfel. Warum ist der nötig? 
       
       Post-Martens: Weil der Jugendhilfe der nötige Stellenwert fehlt. Wir treten
       gemeinsam für Verbesserungen im Interesse junger Menschen und ihrer
       Familien ein und dafür, dass die Fachkräfte von ihrer Arbeit weder krank
       noch arm werden. Außerdem müssen wir uns in der Jugendhilfe konsequent
       menschen- und kinderrechteorientiert positionieren und angesichts der
       aktuellen Entwicklung ausdrücklich gegen Ausgrenzung, Autoritarismus und
       Rechtsextremismus.
       
       taz: Ist die Stadt beim Gipfel dabei? 
       
       Post-Martens: Da gehe ich von aus. Eingeladen sind alle, die sich eine
       Weiterentwicklung der Jugendhilfe wünschen.
       
       taz: Was ist das Ziel des Gipfels? 
       
       Post-Martens: Der erste Gipfel hat im Mai 2024 [4][eine Resolution] mit
       Forderungen beschlossen. Wir wollen schauen, was wir umsetzen konnten und
       was der Umsetzung harrt und gemeinsam Handlungsperspektiven entwickeln. Es
       geht darum, den Forderungen Nachdruck zu verleihen und eine Stimme für die
       Bedürfnisse und Rechte junger Menschen zu sein.
       
       2 Apr 2025
       
       ## LINKS
       
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       ## AUTOREN
       
   DIR Kaija Kutter
       
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