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       # taz.de -- Oberster Gerichtshof in Wisconsin: Die größte kleine Wahl aller Zeiten
       
       > 25 Millionen Dollar pumpte Elon Musk in den Wahlkampf um ein
       > Richter*innenamt im US-Staat Wisconsin. Am Ende gewann trotzdem die
       > liberale Kandidatin.
       
   IMG Bild: Ein Wink für die Demokrat*innen im Land: Die Richterkandidatin Susan Crawford lässt sich nach ihrer Wahl feiern
       
       Berlin taz | Es war die teuerste Richter*innenwahl in der
       US-Geschichte: Trotz massiver Einmischung durch Multimilliardär und
       Trump-Intimus Elon Musk hat die von den Demokrat*innen unterstützte
       Kandidatin Susan Crawford gewonnen. Mit ihrem zehnjährigen Mandat auf der
       Richter*innenbank bleibt die 4:3-Mehrheit der Liberalen im Obersten
       Gerichtshof von Wisconsin bestehen.
       
       Wohl noch nie hat eine Richterwahl in einem Bundesstaat so viel nationale
       und internationale Aufmerksamkeit erregt. Beide Seiten investierten
       zusammen 100 Millionen Dollar in den Wahlkampf. Musk allein versuchte mit
       25 Millionen Dollar, dem konservativen Kandidaten Brad Schimel über die
       Ziellinie zu helfen. Von dieser Wahl, erklärte er, hinge das Schicksal der
       USA und der westlichen Zivilisation ab.
       
       Der Grund für die besondere Aufmerksamkeit der Maga-Rechten ist einfach:
       Vor den nächsten Kongresswahlen im November 2026 wird Wisconsins Oberster
       Gerichtshof den Zuschnitt der acht Wahlbezirke für das Repräsentantenhaus
       neu ziehen. Obwohl die Stimmen im Bundesstaat etwa 50:50 verteilt sind,
       halten die Demokraten derzeit nur zwei der acht Sitze. Eine Neuordnung
       könnte das Verhältnis ausgleichen. Angesichts der knappen Mehrheit der
       Republikaner im Repräsentantenhaus könnte jede Veränderung [1][den weiteren
       Durchmarsch der Trump-Regierung nach den Wahlen] stoppen.
       
       Musk beließ es nicht dabei, TV-Werbespots zu finanzieren: Er mischte sich
       persönlich ein, reiste mehrfach nach Wisconsin und bot
       Schimel-Wähler*innen persönliche Geldgeschenke an. Als dies als
       illegaler Stimmenkauf kritisiert wurde, versprach er allen Bürger*innen
       100 Dollar, die eine Petition gegen „aktivistische Richter“
       unterzeichneten. Schließlich überbrachte er noch zwei persönliche Schecks
       in Höhe von 1 Million Dollar an „zufällig ausgewählte“
       Unterstützer*innen von Schimel.
       
       ## Bedeutende Wahl auch für Abtreibungsrechte
       
       Aber es nutzte alles nichts – im Gegenteil: Musk mobilisierte offenbar mehr
       demokratische als republikanische Wähler. Lachend verkündete Susan Crawford
       am Wahlabend: „Als ich als kleines Mädchen in Chippewa Falls, Wisconsin,
       aufgewachsen bin hätte ich nie gedacht, dass ich einmal für das Recht gegen
       den reichsten Mann der Welt antreten würde. Und wir haben gewonnen!“
       
       Wisconsin ist einer der sieben Staaten, [2][die im November die Wahl für
       Donald Trump entschieden, er ist der Inbegriff eines Swing State]. Barack
       Obama gewann hier 2008 und 2012, Biden 2020, Trump 2016 und 2024, zuletzt
       jedoch mit weniger als 1 Prozentpunkt Vorsprung – so knapp wie nirgends
       sonst. Der Gouverneur ist Demokrat, beide Parlamentskammern sind
       republikanisch dominiert. Wegen dieses Patts landen viele politische
       Streitfragen vor dem Obersten Gerichtshof. Der hat seit 2023 eine liberale
       Mehrheit, die ihm jetzt bis mindestens 2028 erhalten bleibt.
       
       Bis dahin wird es nicht nur mit großer Sicherheit um die Frage des
       Zuschnitts der Stimmbezirke gehen, sondern auch um das Recht auf Abtreibung
       und das der Gewerkschaften auf Tarifverhandlungen im öffentlichen Dienst.
       Scott Walker, der republikanische Vorgänger des jetzigen demokratischen
       Gouverneurs Tony Evers, hatte in seiner achtjährigen Amtszeit alles getan,
       um die Rechte von öffentlichen Angestellten zu schleifen, was zu heftigen,
       teils gewaltsam ausgetragenen Auseinandersetzungen führte. Susan Crawford,
       60, seit 2018 Bezirksrichterin von Dane County, hat als Anwältin sowohl für
       Gewerkschafts- als auch für Frauenrechte gekämpft.
       
       Richter*innen zu wählen ist in 43 der 50 US-Bundesstaaten üblich,
       allerdings in unterschiedlicher Form. Es gibt im Wesentlichen drei Arten:
       parteiliche, über- (bzw. nicht-)parteiliche Wahlen sowie
       Bestätigungswahlen. Bei parteilichen Richterwahlen stellen sich die
       Kandidat*innen gemäß ihrer parteipolitischen Identifikation zunächst
       Vorwahlprozessen innerhalb der Lager. Überparteiliche Wahlen lassen alle
       Kandidat*innen gegeneinander antreten, bevor die beiden Bestplatzierten
       in einer Stichwahl aufeinandertreffen. Bei Bestätigungswahlen können die
       Wähler*innen die Richter*innen nicht auswählen – das macht dann etwa
       der oder die Gouverneur*in –, können aber zum Ende einer Amtszeit
       darüber abstimmen, ob die Person weiter im Amt bleiben soll. In vielen
       Bundesstaaten gibt es eine Kombination aus allen drei Verfahren, je nach
       Gericht. Wisconsin verwendet für sein Oberstes Gericht das nichtparteiliche
       Verfahren – auch wenn der Wahlkampf alles andere als unparteiisch wirkte.
       
       Bei zwei ebenfalls am Dienstag abgehaltenen [3][Nachwahlen in Florida]
       konnten die Republikaner beide Sitze für das Repräsentantenhaus
       verteidigen, die durch den Rücktritt von Michael Waltz und Matt Gaetz frei
       geworden waren. Waltz wurde Trumps Nationaler Sicherheitsberater, Gaetz
       legte sein Mandat nach seiner gescheiterten Nominierung zum Justizminister
       nieder. Die Demokrat*innen gaben sich trotz der Niederlagen erfreut:
       Immerhin hatten beide ihrer Kandidat*innen im Vergleich zum November
       zweistellige Prozentpunkte aufgeholt.
       
       2 Apr 2025
       
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