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       # taz.de -- Krieg in Nahost: Israels Bodenoffensive im Gazastreifen wächst
       
       > Der israelische Verteidigungsminister erklärt, „große Gebiete“ in Gaza
       > erobern zu wollen. Die Gegenden, in die die Menschen noch fliehen können,
       > schrumpfen.
       
   IMG Bild: Inmitten der Zerstörung: Palästinenser im Gazastreifen am 2. April 2025
       
       Jerusalem/Berlin taz | Israel weitet seine Bodenoffensive im Gazastreifen
       deutlich aus: Am Mittwoch verlegte das israelische Militär eine weitere
       Division in den Süden Gazas. Dass sich diese auf einen Bodeneinsatz in Gaza
       vorbereite, hatte das Militär bereits vor etwa einem Monat angekündigt.
       Eine Division kann aus 10.000 bis 15.000 Soldaten bestehen, in der Regel
       sind ein Drittel davon Kämpfer.
       
       Dem Ausbau der Bodenoffensive ging die [1][umfassendste
       Evakuierungsanordnung seit dem Ende der temporären Waffenruhe] Mitte März
       voraus. Darin hatte die israelische Armee am Dienstag weite Teile im Süden
       des Gebietes zu Kampfgebieten erklärt. Auch im Norden wurden jüngst weitere
       Gebiete zur Evakuierung aufgerufen.
       
       Von den insgesamt mindestens zehn Aufrufen zur Flucht in den letzten zwei
       Wochen seit dem Ende der Waffenruhe sind bereits große Teile des
       Gazastreifens betroffen. Eine dauerhafte Rückkehr in die betroffenen
       Gebiete sei aufgrund der Zerstörung kaum möglich, berichtet eine Quelle aus
       Gaza, auch wenn einige nochmal zurückkämen, um Hab und Gut einzusammeln.
       Die Zonen, in die die Menschen flüchten sollen, werden also immer kleiner
       und voller.
       
       Auch die Luftangriffe halten an: In der Nacht auf Mittwoch und am Tag
       selbst flog das Militär mehrere Luftangriffe, dabei starben mindestens
       zwanzig Menschen, darunter eine schwangere Frau, wie Nachrichtenagenturen
       unter Berufung auf medizinische Kreise berichteten.
       
       ## „Druck auf die Hamas erhöhen“
       
       Die Offensive und die Aufforderungen zur Evakuierung haben eine neue
       Massenflucht aus den betroffenen Gebieten ausgelöst. Die Bevölkerung ist
       erschöpft: „Leben und Tod ist für uns eines geworden“, sagte der ehemalige
       Universitätsprofessor Ihab Suliman der Nachrichtenagentur AP bei seiner
       Flucht aus dem ebenfalls zur Kampfzone erklärten Dschabalija [2][im Norden
       Gazas.]
       
       Ziel der Offensive sei laut Verteidigungsminister Israel Katz unter anderem
       die „Eroberung großer Gebiete, die zu den Pufferzonen Israels hinzugefügt
       werden“ sollen. Die Ausweitung der Operation solle außerdem den „Druck auf
       die Hamas erhöhen, die Geiseln freizulassen“, so Katz.
       
       Das Vorgehen stößt jedoch bei humanitären Organisationen auf heftige
       Kritik. Auch bei den Familien der Geiseln in Israel sorgt die Offensive für
       Entsetzen: „Haben Sie entschieden, Geiseln für die Einnahme von Land zu
       opfern?“, heißt es in einem Schreiben des Forums der Geiselangehörigen.
       
       Statt die Entführten durch ein Abkommen und ein Ende des Krieges
       zurückzuholen, sende die Regierung „mehr Soldaten nach Gaza, um an
       denselben Orten zu kämpfen, an denen sie schon mehrfach gekämpft haben“,
       erklärt die Gruppe.
       
       ## Bäckereien bleiben geschlossen, weil kein Mehl mehr da ist
       
       Anfang März hatte Israel den Küstenstreifen völlig abgeriegelt. Laut
       Hilfsorganisationen neigen sich nun die Nahrungsvorräte der mehr als zwei
       Millionen Bewohner dem Ende zu. Das Welternährungsprogramm (WFP) wies
       ungewohnt deutlich Angaben der israelischen COGAT-Behörde, es gebe in Gaza
       noch ausreichend Lebensmittel, als „lächerlich“ zurück. „Wir sind am Ende
       unserer Vorräte angelangt, die über den humanitären Weg geliefert wurden.“
       So blieben nun die Bäckereien im Gazastreifen geschlossen, weil es kein
       bezahlbares Mehl mehr gibt. Das WFP erklärte: Man schließe Bäckereien
       „nicht zum Spaß“.
       
       Am Dienstagabend landete derweil ein Flugzeug mit neunzehn [3][deutschen
       Staatsbürgern und engen Angehörigen] aus Gaza in Leipzig – Israel
       bezeichnete diese als „freiwillige Ausreisen“. Die Organisation Medico
       erklärte: In Anbetracht der Umstände sei es „zynisch, von Freiwilligkeit zu
       sprechen“. Eine Ausreise ist, wenn überhaupt, nur über ein langwieriges
       Verfahren möglich.
       
       2 Apr 2025
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://x.com/AvichayAdraee/status/1907064282786808214
   DIR [2] /Rueckkehr-nach-Nordgaza/!6062054
   DIR [3] /Palaestinenser-in-Deutschland/!6007402
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Lisa Schneider
   DIR Felix Wellisch
       
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