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       # taz.de -- Buch über Gaza: Giftige Dröhnung
       
       > Pankaj Mishra blendet in seinem Gaza-Buch mit furchterregender Konsequenz
       > alles aus, was der postkolonialen Lesart des Konflikts widerspricht.
       
   IMG Bild: Autor Pankaj Mishra
       
       Es gibt Bücher, von denen fühlt man sich vergiftet, wenn man sie liest.
       Pankaj Mishras „Die Welt nach Gaza“ ist so eins.
       
       Laut Werbung des S. Fischer Verlags handelt es sich um eine „kritische
       Analyse des Gaza-Krieges von einem der großen, international anerkannten
       Intellektuellen“ unserer Zeit und dieser legt schon im Prolog in
       dankenswerter Klarheit offen, wohin die kritische Analysereise gehen soll.
       
       Mishra möchte, wie ein braver Schüler in den ausgelatschten Pfaden
       postkolonialistisch links-progressiver Israel- und Westkritik trampelnd,
       Deutungsrahmen verschieben, in denen sich das grauenhaft brutale
       Kriegsgeschehen im [1][Gazastreifen] bewegt. Für ihn steht nicht das
       genozidale Massaker, mit dem die Hamas am 7. Oktober mordend,
       vergewaltigend, verstümmelnd und entführend jüdisches Leben jenseits der
       Grenzen Gazas auszulöschen suchte, am Ausgangspunkt, mit diesem
       Kriegsgeschehen zu Rande zu kommen.
       
       Was er hier stattdessen ganz zu sich selbst kommen sieht, sei das von
       zionistisch-rassistischem Expansionsdrang und Vernichtungswillen getriebene
       siedlerkolonialistische Regime namens Israel, das spätestens seit 1967
       daran arbeite, die Palästinenser völkerzumorden.
       
       ## Die typisch weiß-westliche „Obsession“
       
       Das Giftige dieses Langessays liegt weniger in dem Versuch, Deutungsrahmen
       zu verschieben, sondern darin, dass Mishra sich weigert, das eigene
       Weltbild und Wirklichkeitsverständnis im Lichte von dazu nicht passenden
       Fakten zur kritischen Disposition zu stellen. Die gut dokumentierten
       Gräueltaten der Gotteskrieger beschweigt er oder stellt sie als Fake News
       dar. Dass sich im Terror der Hamas genauso wie in der Geschichte des
       Nahostkonflikts ein islamisch gewandeter [2][Antisemitismus] Geltung
       verschaffen könnte, der nicht davon lassen mag, Israel und den Juden
       weltweit das Existenzrecht abzusprechen, ist Pankaj Mishra keinen Gedanken
       wert.
       
       Vielmehr hält er es für eine typisch weiß-westliche „Obsession“, die Hamas
       und jeden Antisemitismus, so er nicht von rechts kommt, überhaupt zu
       problematisieren. Denn nicht der Antisemitismus treibt nach Mishras Ansicht
       die Hamas an, sondern der edle Kampf um die Befreiung der Palästinenser vom
       kolonialistischen Joch Israels.
       
       Man kriegt es beim Lesen dieses in dröhnend-apokalyptischer Sprache
       daherdonnernden Traktats mit der Angst zu tun und findet sich unmittelbar
       zurückversetzt in die doppelte Schocksituation, in die man am 7. Oktober
       2023 geriet. Denn dem Schock über das von der Hamas begangenen Massaker
       selbst, folgte der Schock angesichts der Jubelfeiern, die sich in die
       Straßen der westlichen Migrationsmetropolen ergossen. Darauf folgte der
       Schock angesichts eines postkolonialistisch links-aktivistischen und/oder
       islamistisch imprägniert [3][antisemitischen Mobs,] für den der 7. Oktober
       offenbar wie ein Befreiungssignal wirkte, um dies- und jenseits der
       Akademien, in den Räumen von Kunst und Kultur und in den berüchtigten
       sozialmedialen Welten Jagd auf Juden zu machen.
       
       Mishra liefert mit „Die Welt nach Gaza“ den ideologischen Unterbau, dem
       antisemitischen Treiben postkolonialen Aktivistentums die Absolution zu
       erteilen.
       
       26 Mar 2025
       
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