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       # taz.de -- „Trump Derangement Syndrome“ in den USA: Das US-amerikanische Problem mit der Realität
       
       > Republikaner in Minnesota wollen Kritik an Donald Trump pathologisieren.
       > Das ist eine neue Stufe des Umbaus hin zu einem autoritären System.
       
   IMG Bild: Wer ist hier krank? Donald Trump 2015
       
       Treuen Trump-Anhängern ist jedes Mittel recht, die Realität nach ihrem
       Willen zu verzerren, Trump wie einen Gott zu idealisieren und jegliche
       Kritik zu diffamieren. Jetzt wollen sie nicht nur [1][die Landesgrenzen der
       USA verschieben], sondern auch die Kategorien, wer psychisch gesund sei.
       
       Am 13. März 2025 brachten fünf republikanische Senatoren von Minnesota
       einen Gesetzesentwurf zum sogenannten [2][„Trump Derangement Syndrome“
       (TDS)] ein. Im Gesetzesentwurf steht, dass TDS als eine offiziell
       anerkannte psychische Erkrankung in zwei verschiedene Abschnitte des
       Landesrechts, die sich mit Definitionen der psychischen Gesundheit
       befassen, aufgenommen werden soll.
       
       Das „Syndrom“ wird hier als „akuter Ausbruch von Paranoia bei ansonsten
       normalen Personen“ durch die Politik Donald Trumps definiert. Die
       Betroffenen leiden unter „intensiver verbaler Feindseligkeit“ und wären
       seinen Anhänger:innen gegenüber aggressiv.
       
       ## Zum Schweigen bringen
       
       Ganz klar im Visier: jede noch so kleine Kritik an Donald Trump. Kritische
       Stimmen sollen strukturell zum Schweigen gebracht werden.
       
       Den Begriff Trump Derangement Syndrome gibt es in einer anderen Version
       bereits seit mehr als zwei Jahrzehnten. Mit dem [3][„Bush Derangement
       Syndrome“] erklärte Charles Krauthammer, ein konservativer Kolumnist und
       Psychiater, kritische Stimmen zu Bushs Politik oder seiner Persönlichkeit
       für paranoid.
       
       2015 wurde dann das TDS als Begriff von [4][Esther Goldberg] eingeführt.
       Sie verwendete den Begriff erstmals in der konservativen Zeitschrift The
       American Spectator, wo er für die „Verwirrung“ führender
       Republikaner:innen stand, wenn sich diese mit Trumps Politik
       befassten. Diese Verwirrung führte dazu, dass sich die Politiker nur auf
       Trumps Rhetorik konzentrierten anstatt auf seine Politik.
       
       Die Zielrichtung des Gesetzesentwurfs in Minnesota richtet sich dabei auch
       gegen Personen, die tatsächlich eine mentale Erkrankung haben. Die
       Politisierung und Instrumentalisierung psychischer Erkrankungen banalisiert
       ihr Leiden.
       
       ## Strategische Verschiebung
       
       Dass der TDS-Gesetzentwurf in Minnesota durchkommt, ist unwahrscheinlich.
       Denn im Senat haben die Demokraten eine knappe Mehrheit. Doch die
       strategische Verschiebung, wer als gesund gilt und wer als krank, ist in
       den USA bereits in vollem Gange.
       
       Denn anders als Trump-Idealisierer:innen und er selbst es unterstellen, ist
       die Berichterstattung über den 47. Präsidenten vergleichsweise nüchtern.
       Mit dem sogenannten „Sanewashing“ wird Donald Trump in den meisten Medien
       nicht als der größenwahnsinnige Mann gezeigt, der er ist, sondern einer
       gründlichen Dusche aus Vernunft und Rationalität unterzogen.
       
       Das Endprodukt ist ein Präsident, welcher so scheint, als habe er einen
       Plan und sei eben nicht ein verurteilter Straftäter, welcher in seinem
       Wahn, jegliche Kritik an ihm unterbinden zu wollen, die Demokratie
       abschafft.
       
       ## Bemerkenswert vernünftig
       
       Mit „[5][Sanewashing]“ werden radikale, politisch gefährliche und
       widersprüchliche Aussagen innerhalb rationaler Kategorien erklärbar
       übersetzt. Trumps irrationale Rhetorik wird dargestellt, als würden die
       Aussagen politischen Konventionen entsprechen. Die Anwendung traditioneller
       journalistischer Prinzipien, aufbauend auf Neutralität, Objektivität und
       Fairness, führt dazu, dass Trump bemerkenswert vernünftig herüberkommt.
       
       Schon bei der Präsidentschaftsdebatte zwischen ihm und Kamala Harris war
       klar, dass die Medien einen Doppelstandard einführten: Das Level, was
       „normales Verhalten“ sei, war bei Trump viel niedriger angesetzt als bei
       seiner Kontrahentin. Spätesten da war klar: Mit Trump ist die
       Medienlandschaft weitgehend überfordert.
       
       Der Professor für Psychiatrie an der Harvard Medical School Lance Dodes
       [6][sagt dagegen klar,] dass Trump nicht nur Empathie und Reue fehlt,
       sondern auch durch starke Impulsivität und einen Realitätsverlust
       gekennzeichnet ist.
       
       21 Mar 2025
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Parlamentswahl-in-Groenland/!6074286
   DIR [2] https://en.wikipedia.org/wiki/Trump_derangement_syndrome
   DIR [3] https://rationalwiki.org/wiki/Bush_Derangement_Syndrome
   DIR [4] https://spectator.org/63786_trump-derangement-syndrome/
   DIR [5] https://uebermedien.de/99494/sanewashing-wie-die-medien-trumps-irrsinn-normalisieren/
   DIR [6] https://www.zdf.de/nachrichten/wissen/trump-psychologie-terrax-lea-dohm-kolumne-100.html
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Julia Schöpfer
       
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