# taz.de -- Kuratorin über Schicksale: „Migration ist ein ganz normaler Teil dieser Stadt“
> Hamburger Geschichtswerkstätten versammeln Migrationsgeschichten in einer
> Ausstellung. Die ist erst der Anfang, sagt Koordinatorin Kristina
> Patzelt.
IMG Bild: Demo gegen die Asylpolitik des Senats 2023: Hamburgs ist schon lange eine Einwanderungsstadt
taz: Frau Patzelt, die Ausstellung trägt den Untertitel
„Migrationsgeschichte(n) in Hamburg“. Warum ist das N in Klammern?
Kristina Patzelt: Weil wir beides beleuchten wollen: Migrationsgeschichte
in Hamburg im historischen Sinne und persönliche Geschichten von einzelnen
Personen. Hamburg ist eine Einwanderungsstadt, seit Jahrhunderten.
Migration ist ein ganz normaler Bestandteil dieser Stadt und des Lebens
hier. Die Geschichten, die wir gesammelt haben, sind subjektive
Erfahrungen. Wer hat was erlebt, wie ist jemand nach Hamburg gekommen, über
welche Wege, wie geht es der Person damit? Bei den Geschichten geht es eher
um das Kleine, das Persönliche im großen Ganzen.
taz: Wie habt ihr Migration für die Ausstellung definiert?
Patzelt: Migration ist für uns die Einwanderung von Personen aus anderen
Herkunftsländern nach Deutschland und nach Hamburg. Da geht es sowohl um
die Erfahrungen von Menschen, die selbst hergekommen sind, als auch um die
Erfahrung von Menschen in zweiter oder dritter Generation, deren Eltern
oder Großeltern eingewandert sind, zum Beispiel als sogenannte
Gastarbeiter.
taz: In Hamburg gibt es in fast jedem Viertel eine Geschichtswerkstatt. Sie
stehen in der Tradition der „Geschichte von unten“ und forschen vor ihrer
Haustür. Wie sind die Werkstätten für die Ausstellung vorgegangen?
Patzelt: An der Ausstellung sind zehn der Hamburger Geschichtswerkstätten
beteiligt. Sie arbeiten üblicherweise unabhängig voneinander und sind ganz
unterschiedlich an das Thema rangegangen. Einige haben sich historisch
genähert, zum Beispiel über die Geschichte Vertriebener in Bergedorf.
Andere haben sich mit Gebäuden und Wohnbedingungen auseinandergesetzt, wie
etwa mit Wilhelmsburger Wohnlagern. Und dann wurden Menschen in den
Stadtteilen interviewt, etwa in Eidelstedt und Finkenwerder.
taz: Ist es ein Vorteil, dass die Werkstätten in den Stadtteilen sitzen?
Patzelt: Ja, Geschichtswerkstätten sind sehr niedrigschwellig, sie haben
einen guten Zugang zu Menschen in den Vierteln. Da kommen viele Begegnungen
automatisch zustande.
taz: Wie haben Sie die Geschichten für die Ausstellung ausgewählt?
Patzelt: Es ging darum, einen Aspekt der Migrationsgeschichte aus einem
Stadtteil zu erzählen. Die [1][Ausstellung] hat keinen Anspruch auf
Vollständigkeit und wirft nur einzelne Schlaglichter. Sie soll ein
Startschuss für mehr sein. Wir wollen damit ins Gespräch mit Menschen
kommen, die uns ihre Geschichten erzählen wollen. Da fehlen auch viele
[2][migrantische Communitys], zu denen wir bisher keine Kontakte haben.
taz: Waren Menschen, die selber Migrationsgeschichte haben und in Hamburg
leben, an der Entwicklung der Ausstellung beteiligt?
Patzelt: Wenige, das kommt derzeit noch zu kurz. Wir haben nicht so viele
Leute mit Migrationsgeschichte, die in den [3][Geschichtswerkstätten]
direkt mitarbeiten, was wir schade finden und gerne ändern würden. Es gibt
die Idee, eine thematische Forschungswerkstatt nur zu
[4][Migrationsgeschichte] zu eröffnen, mit der wir Menschen ansprechen
wollen, um gemeinsam zu dem Thema zu arbeiten.
11 Apr 2025
## LINKS
DIR [1] https://geschichtswerkstaetten-hamburg.de/
DIR [2] /Situation-von-migrantischen-Frauen/!6077066
DIR [3] /Der-Hausbesuch/!5978311
DIR [4] /Waehlen-mit-Migrationsgeschichte/!6065275
## AUTOREN
DIR Amira Klute
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