# taz.de -- Kritik am Koalitionsvertrag: „Diese Klimapolitik wird Autokraten stärken“
> Union und SPD wollen neue Gaskraftwerke und raus aus dem Heizungsgesetz.
> Das finden viele falsch. Bundesweit sind für Freitag 50 Proteste
> angekündigt.
IMG Bild: Muss zum Lachen in den Heizungskeller gehen: Robert Habeck vor dem Wasserbehälter einer Wärmepumpe
BERLIN taz | Das Wort Klima erwähnte Fastkanzler Friedrich Merz (CDU) erst
gar nicht. Fridays for Future zeigt sich empört über den Koalitionsvertrag
von Union und SPD. Das Papier sei „komplett aus der Zeit gefallen“ und
ignoriere die Dringlichkeit der Lage, sagt Sprecherin Annika Rittmann der
taz. Sie kritisierte die Pläne der künftigen Regierung, neue Gaskraftwerke
zu bauen, da dies die Klimakrise weiter anheizen würde.
„Wer jetzt im großen Stil neue fossile Infrastruktur ausbaut und fördert,
sorgt dafür, dass wir uns in neue fossile Abhängigkeiten begeben und
Autokraten stärken“, warnte die Aktivistin. Das formale Bekenntnis der
Koalition zum EU-Klimaziel 2040 reiche nicht aus, um das Pariser Abkommen
einzuhalten.
Besonders scharf greift Rittmann die Absicht an, das Gebäudeenergiegesetz –
umgangssprachlich: [1][Heizungsgesetz] – abzuschaffen. „In einer Phase
politischer Unsicherheit ein Gesetz zu kippen, das Planungssicherheit
gegeben hat, ist gefährlich – für den Klimaschutz wie auch für das
Vertrauen in die Politik.“ Der Schritt sei „an Absurdität nicht zu
überbieten“, findet die Klimaaktivistin und erinnert daran: Der erste
Entwurf des Gebäudeenergiegesetzes stammte von CDU-Politiker Peter
Altmaier, und große Teile der Wirtschaft befürworten ihn.
## Marktkräfte werden entfesselt
Auch Greenpeace kritisiert die neue Koalition: Diese wolle „die Marktkräfte
entfesseln, die in den letzten Jahrzehnten Klima und Natur zerstört haben“.
Effizienz und Klimagerechtigkeit gerieten in vielen Bereichen aus dem
Blick, erklärte Martin Kaiser, geschäftsführender Vorstand. Es sei
„zukunftsvergessen“, Superreiche nicht für die Finanzierung eines modernen
Gemeinwesens in Verantwortung zu nehmen. „Mit der Ablehnung einer
ökologisch orientierten Milliardärssteuer ignoriert die neue Koalition die
Chance, unsere Gesellschaft gerechter zu gestalten.“
Umwelt- und Entwicklungsorganisationen äußern sich ebenfalls besorgt.
Germanwatch lobt zwar das Fortbestehen des Entwicklungsministeriums.
Allerdings entsprächen die geplanten Kürzungen der Klima- und
Entwicklungsgelder nicht dem Anspruch, internationale Kooperation und
Krisenbewältigung zu stärken, kritisiert Bereichsleiter Christoph Bals.
„Das wäre vor dem Hintergrund der geopolitischen Herausforderungen und dem
Wegfall der USA in der internationalen Entwicklungsfinanzierung eine
Kapitulation vor Trump.“
Ähnlich sieht das Jan Kowalzig von der Hilfsorganisation Oxfam: „Eine der
Folgen dürfte sein, dass die international viel beachtete Zusage
Deutschlands nicht eingehalten werden kann, die einkommensschwachen Länder
mit jährlich mindestens 6 Milliarden Euro bei der Bewältigung der
Klimakrise zu unterstützen. Der Schaden für die Klimadiplomatie wäre
immens.“
## Blank bei Lieferketten und Biodiversität
Die Koalition plant zudem, das deutsche Lieferkettengesetz abzuschaffen.
Für einen Übergangszeitraum sollen Verstöße nicht mehr sanktioniert werden.
Germanwatch stuft das als „hochproblematisch“ ein. „Das wäre ein rechtlich
fragwürdiger Schritt, der die Achtung der Menschenrechte in den
Partnerländern der Handelsnation Deutschland gefährdet“, sagte Cornelia
Heydenreich, die den Bereich Unternehmensverantwortung leitet. Stattdessen
bekenne sich die künftige Koalition dazu, [2][die weniger ambitionierten
EU-Regeln zu Lieferketten] in deutsches Recht zu übernehmen.
Der WWF kritisiert den mangelnden Artenschutz im Dokument. „Die
angekündigte ‚Praxistauglichkeit‘ bei der [3][Umsetzung der
Biodiversitätsstrategie mag gut klingen], lässt im Hinblick auf
ambitioniertes Handeln aber nichts Gutes vermuten“, fürchtet Matthias
Meißner, Leiter für Politik und Biodiversität bei der NGO. Die
EU-Verordnung zur Renaturierung sei keine Option, sondern Verpflichtung.
Union und SPD müssten beim Klima- und Naturschutz dringend nachbessern,
fordert Greenpeace-Chef Kaiser: „Das ist im Interesse der nächsten
Generationen und wäre eine starke Antwort [4][auf Trump und Putin.]“
10 Apr 2025
## LINKS
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## AUTOREN
DIR Maximilian Arnhold
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