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       # taz.de -- Klassiker „Basic Instinct“: Und wie groß ist dein Eispickel?
       
       > Mit Sharon Stone in „Basic Instinct“ bekamen pubertierende Jungs eine
       > neue Frauenfantasie. Die Misogynie des Films war schon damals
       > offensichtlich.
       
   IMG Bild: Sharon Stone als Catherine Tramell in „Basic Instinct“
       
       Der Spätfrühling 1992 war der Moment hierzulande, als 14- und 15-jährige
       Jungs eine neue Frauenfantasie mit sich herumtrugen und alle daran
       teilhaben ließen. Morgens und nachmittags im Schulbus, in Pausen – immer.
       „Die Frau“, also die neue Idealversion für diese Teenager, war weiß,
       blonde Hochsteckfrisur und trug ein weißes, ärmelloses, hochgeschlossenes
       Shift-Kleid, auch wenn sie natürlich keinen Schimmer hatten, was ein
       Shift-Kleid ist. Vor allem aber trug sie drunter: nix, nada, null. So, dass
       man es wissen und sehen konnte.
       
       „Die Frau“ war [1][Sharon Stone]. „Die Frau“ ist sie auch als Krimiautorin
       Catherine „Cath“ Tramell in Paul Verhoevens „Basic Instinct“. Weit und
       breit war für diese Jungs sonst keine andere Version von Frau in Sicht.
       Zumindest bis ein paar Wochen später Michelle Pfeiffer als Catwoman ins
       Kino kam, aber das ist eine andere Geschichte.
       
       Kein Wunder, schon die ersten zwei Minuten dieses Thrillers – man stelle
       sich vor: Vorhang geht auf im Provinzkino 1992 und dann – das. Nicht nur
       für die Sehgewohnheiten testosteronpulsierender Jugendlicher dürfte das
       der-ab-so-lu-te-Ham-mer gewesen sein. Zwei, die im Halbdunkel ficken, er
       ans Bett gefesselt, die Frau auf ihm, das Gesicht hinter den Haaren
       verborgen, ihre prallen Brüste in sanftem Licht, Schreie höchster Ekstase
       und dann – zack! –, hackt sie mit einer Waffe auf ihn ein, noch mal und
       noch mal und noch mal, dass das Blut nur so spritzt.
       
       Die Waffe: ein Eispickel also nicht die Bergsteigerversion, sondern die
       handliche, um Eiswürfel für Drinks kleinzuhacken. Oder eben Männer. Wer das
       Opfer ist, wer die Mörderin – ob es Tramell ist, die die exakte Vorlage für
       jene Tat geschrieben zu haben scheint – oder wer stattdessen und warum, all
       das ist vollkommen wumpe für das Publikum, die Story. Dass [2][Michael
       Douglas] als Nick Curran die Ermittlung leitet, aber nur der einzigen
       Verdächtigen hinterhersteigt? Unwichtig. Suggeriert doch schon das
       Filmplakat: Douglas und Stone, nackt umarmt; und das „I“ von „Instinct“ ein
       Eispickel.
       
       ## Gleich zum Eispickel greifen
       
       Auch wenn es heute unmöglich scheint, die Perspektive von 1992 einzunehmen:
       Die Rezensentin [3][in der New York Times] nannte den Film damals schon
       misogyn. Heute hofft man, Verhoeven wollte die sabbernden, schwitzenden
       Typen in ihren ausgebeulten Anzügen vorführen. Allen voran die Figur des
       Ermittlers Curran, der so widerwärtig mit Frauen umgeht, seine Ex
       vergewaltigt, dass man ihn wegen Sexualstraftaten sofort verhaften lassen
       will. Oder gleich zum Eispickel greift – als Ur-Instinkt. Die deutsche
       Vermarktung, siehe Plakat: „Ein Cop, der keiner Gefahr widerstehen kann.“
       Was ein Euphemismus.
       
       Die Verhörszene – mit dem Blick in den Schritt, Sie wissen schon – hält
       immer noch Stand. Stones Figur im ganzen Film taugte auch als alternatives
       Frauenmodell für die Mädchen damals. Weil sie die Macht in den Händen hält,
       subversiv die Hierarchien umdreht, mit jeder Geste, jedem Blick, jedem
       Satz.
       
       Die Kombi schien so idiotensicher, dass im Jahr darauf wieder ein
       sogenannter Erotikthriller ins Kino kam, wieder mit Stone, wieder nach
       Drehbuch von Joe Eszterhas, diesmal mit William Baldwin als Gegenpart.
       Sagen wir so: Die Erinnerung an „Sliver“ ist sehr, sehr blass geworden
       seither. Beides dennoch lohnenswerter als der noch blassere Wien-„Tatort“,
       der am Sonntag läuft.
       
       „Basic Instinct“, Samstag 23.50 Uhr, ARD
       
       12 Apr 2025
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Lesben-bei-der-Berlinale/!5989144
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   DIR [3] https://www.nytimes.com/1992/03/20/movies/review-film-sure-she-may-be-mean-but-is-she-a-murderer.html
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Anne Haeming
       
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