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       # taz.de -- Bergbau in der Tiefsee: Mit US-Gesetz über internationale Regeln hinweg
       
       > Seit Jahren arbeitet die Internationale Meeresbodenbehörde an Regeln für
       > den Tiefseebergbau. Nun schafft die Rohstofffirma The Metals Company
       > Fakten.
       
   IMG Bild: Ob seiner Inhaltsstoffe begehrt: Manganknollen aus dem Rohstofflabor des Tiefseeforschungsschiffes „Sonne“
       
       Berlin taz | Die kanadische Firma The Metals Company (TMC) will ohne
       Beteiligung der Internationalen Meeresbodenbehörde ISA Rohstoffe in der
       Tiefsee abbauen. Dazu hat ihre US-amerikanische Tochterfirma am Donnerstag
       formell ein Verfahren bei der US-Ozeanbehörde NOAA beantragt, einer Behörde
       des US-Handelsministeriums. Die Firma beruft sich auf ein Gesetz zum
       Tiefseebergbbau (dem Deep Seabed Hard Mineral Resorces Act, DSHMRA) aus dem
       Jahr 1980.
       
       „Was wir brauchen, ist eine Regulierungsbehörde mit einem soliden
       Regelwerk, die bereit ist, unserem Antrag eine faire Anhörung zu gewähren“,
       begründete Gerard Barron, Geschäftsführer von TMC, das Vorgehen des
       Unternehmens. Das US-Gesetz zum Tiefseebergbau und seine
       Durchführungsbestimmungen mitsamt der geltenden Umweltschutzgesetze böten
       „die größte Wahrscheinlichkeit, innerhalb eines angemessenen Zeitraums eine
       Genehmigung für den kommerziellen Rohstoffabbau in der Tiefsee zu
       erhalten“, so Barron.
       
       „In den letzten zehn Jahren haben wir mehr als eine halbe Milliarde Dollar
       investiert, um die Ressourcen an Manganknollen in unseren Vertragsgebieten
       zu verstehen und zu erschließen. Wir haben den weltweit größten
       Umweltdatensatz über die Clarion-Clipperton-Zone erstellt, ein
       Offshore-Erfassungssystem entwickelt und getestet, das die
       Umweltauswirkungen minimiert, und haben alle von der Internationalen
       Meeresbodenbehörde geforderten Schritte befolgt“, [1][heißt es in der
       Pressemitteilung des Unternehmens.]
       
       Die Clarion-Clipperton-Zone ist ein etwa 7.000 Kilometer langes Gebiet im
       Zentralpazifik. Dort liegen in Form von Manganknollen zahlreiche Rohstoffe
       wie Nickel, Kobalt und Mangan. Deshalb war die Gegend in den vergangenen
       Jahrzehnten Ziel zahlreicher Erkundungs- und Forschungsreisen, auch
       deutscher Wissenschaftler. [2][Allerdings wird immer deutlicher, dass der
       Meeresboden nicht nur reich an Rohstoffen, sondern auch an Lebewesen ist.]
       
       ## Greenpeace sieht einen „Tritt in den Hintern des Pazifik“
       
       Trotzdem will TMC jetzt loslegen. Die Firma habe seit über einem Jahrzehnt
       „in gutem Glauben mit der ISA zusammengearbeitet“, trotzdem habe diese
       bislang keine Verordnungen über die Ausbeutung von Bodenschätzen in diesem
       Gebiet verabschiedet und damit gegen ihre ausdrücklichen vertraglichen
       Verpflichtungen gemäß dem UN-Seerechtsübereinkommen Unclos verstoßen. „Wir
       glauben, dass wir über genügend Wissen verfügen, um anzufangen und zu
       beweisen, dass wir Umweltrisiken managen können“, so Barron.
       
       Der Antrag von TMC sei ein „Tritt in den Hintern“ für den Pazifik und eine
       Bedrohung des Multilateralismus, sagte Shiva Gounden, Leiter des Bereichs
       Pazifik bei Greenpeace Australien Pazifik. „TMC zeigt hier ihr wahres
       Gesicht – gierig, gefährlich und verzweifelt“, so Gounden. Es sei glasklar,
       dass TMC sich nie um wirtschaftlichen Wohlstand oder Arbeitsplätze für die
       Menschen auf Nauru, Kiribati oder Tonga gekümmert habe, noch habe sich die
       Firma jemals um die Bewältigung der Klimakrise gekümmert. „TMC hat sich
       immer nur um eines gekümmert: ihre eigenen Taschen mit Geld zu füllen, das
       auf Kosten unseres pazifischen Lebenselixiers – des Ozeans – verdient
       wurde“, so Gounden. Der Pazifik sei aber keine Ware.
       
       Die Mitgliedstaaten der ISA – die USA haben Unclos zwar unterzeichnet, aber
       nicht ratifiziert und sind deshalb nicht Mitglied der ISA – verhandeln noch
       bis Freitagabend über ein Regelwerk zum Tiefseebergbau.
       
       Weil eine Einigung auf einen „Miningcode“ nicht absehbar war, hatte die
       kleine Pazifikinsel Nauru im Sommer 2021 die „Zweijahresregel“ gezogen. Sie
       besagt, dass die ISA sich innerhalb von zwei Jahren, also bis 2023, auf ein
       Regelwerk einigen müsse – was den Mitgliedstaaten aber nicht gelang. [3][Zu
       gewichtig ist die Gruppe derjenigen, die den Bergbau auf dem Meeresboden
       generell infrage stellen oder zumindest so lange darauf verzichten wollen,
       bis mehr über den Lebensraum Tiefsee und seine Bedeutung für die Ozeane
       bekannt ist.]
       
       Nun müssen die Mitgliedsstaaten eine Haltung zu der Tatsache entwickeln,
       dass TMC und die USA internationale Regeln schlicht übergehen.
       
       28 Mar 2025
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://investors.metals.co/news-releases/news-release-details/metals-company-apply-permits-under-existing-us-mining-code-deep/
   DIR [2] /Bergbau-in-der-Tiefsee/!6025105
   DIR [3] /Bergbau-in-der-Tiefsee/!6073140
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Heike Holdinghausen
       
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