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       # taz.de -- Neue Staffel von „The Last of Us“: Kein Heilmittel gegen allzu Menschliches
       
       > „The Last of Us“ kehrt zurück: radikaler, schmerzlicher – und mit einer
       > Parabel auf die fatale Spirale aus Gewalt, Vergeltung und Verhärtung.
       
   IMG Bild: „The Last of Us“ weicht die Kategorien von Gut und Böse auf
       
       Die klügste Zombiesaga unserer Zeit ist zurück. Dabei will „The Last of Us“
       eigentlich nicht als solche bezeichnet werden: Statt Untoter bevölkern
       eigentlich „Infizierte“ die Welt. Sie sind keine Opfer eines mysteriösen
       Virus, sondern eines real existierenden Cordyceps-Pilzes. Im Zuge des
       Klimawandels ist er mutiert, hat gelernt, menschliche Wirte zu
       kontrollieren – und sie in monströse Kreaturen zu verwandeln. Ein einziger
       Biss genügt, um die Infektion zu übertragen.
       
       Doch ob Zombie, Infizierter oder Supermutant ist im Kern nebensächlich. In
       „The Last of Us“ ist das Monströse vor allem Kulisse und die Pilzpandemie
       ein Platzhalter für beliebige existenzielle Gefahren. Tatsächlich geht es
       darum, wie sich die Menschen im Angesicht einer solchen äußeren Bedrohung
       verhalten – vor allem zueinander. Schon die erste Staffel spielte das in
       verschiedenen Szenarien durch, mit einem Feingefühl, wie es selten in
       Weltuntergangsvisionen anzutreffen ist.
       
       Ein ungleiches Duo, bestehend aus der erst 14-jährigen Ellie (Bella Ramsay)
       und dem zähen Schmuggler Joel (Pedro Pascal), streifte darin durch die
       spärlichen Überreste einer zerfallenen Zivilisation und durch Enklaven, die
       sich – von kommunistisch bis faschistisch – um eine Wiederherstellung von
       Ordnung bemühen. Die beiden einte eine überlebensgroße Mission: Ellie ist
       gegen den Pilzbefall immun, und die Untergrundorganisation Fireflies will
       mit ihrer Hilfe ein Heilmittel herstellen.
       
       Die erste Staffel blieb ihrer Vorlage, dem gleichnamigen Videospiel aus dem
       Jahr 2013, erstaunlich treu, selbst im Finale: Als Joel erfährt, dass Ellie
       sterben muss, damit ein Impfstoff entwickelt werden kann, tötet er nahezu
       alle Mitglieder der Organisation, um sie zu befreien. Schließlich trägt
       Joel die noch unter Narkose stehende Ellie aus dem Gebäude.
       
       Es ist eine bewegende Szene, die auf subtile Weise an reale Sehnsüchte und
       Hoffnungen rührt, daran, dass es wahre zwischenmenschliche Verbundenheit,
       Aufopferungsbereitschaft und Geborgenheit geben kann – selbst in einer
       Welt, die ins absolute Chaos gestürzt ist.
       
       ## In den Schmerz hineinhorchen
       
       „The Last of Us“ wäre allerdings nicht diese besagte scharfsinnige
       Endzeiterzählung, würde sie sich mit einer wohligen Deutung der
       Geschehnisse zufriedengeben. Nachdem schon die erste Staffel
       [1][genretypische Kategorien von Gut und Böse konsequent aufweichte] und
       damit wertvolle Augenblicke des Einfühlens schaffte, verheißt der Auftakt
       der Fortsetzung einen noch viel radikaleren Perspektivwechsel.
       
       Bereits das Spiel faszinierte Fans mindestens so sehr, wie es sie
       herausforderte, indem es ausgerechnet eine Überlebende von Joels
       spektakulärer „Rettungsaktion“ mit ins Zentrum rückte. Wo [2][andere
       Survivalszenarien] meist gesichtslos bleibende Gegner sofort ad acta
       legen, sobald die Protagonisten obsiegt haben, zwingt „The Last of Us“
       dazu, ihre Sicht der Dinge einzunehmen, in ihren Schmerz hineinzuhorchen –
       und sich in ihnen wiederzuerkennen.
       
       Die zweite Staffel eröffnet nun ebenfalls mit jener Abby (Kaitlyn Dever),
       zeigt sie an den Gräbern einiger Mitglieder der Fireflies, wie sie lieb
       gewonnene Menschen betrauert – und brutale Rache schwört. So dürfte in der
       zweiten Staffel das Monströse noch weiter in den Hintergrund des allzu
       Menschlichen treten.
       
       Das gilt auch für Ellie: Nach einem Sprung von fünf Jahren hat sie sich
       behütet in Jackson, Wyoming, eingerichtet – für den Moment begegnet sie der
       Pilzbedrohung nur auf Patrouillen außerhalb der Stadtgrenzen. Ansonsten
       plagen sie typische Teenagerprobleme: Sie hat ein Auge auf Dina (Isabela
       Merced) geworfen, während sie zu Joel und seiner vaterähnlichen
       Überfürsorglichkeit auf Distanz geht.
       
       Doch [3][die Gewalt wird unweigerlich wieder hereinbrechen], zurückkehren
       wie ein Echo. Der Grundstein für das eigentliche Thema dieser Staffel ist
       gelegt: eine düstere Spirale aus Vergeltung und Verhärtung, die nur endet,
       wenn man das vermeintlich Fremde als Teil des Eigenen begreift. Ohne das
       Weltgeschehen überstrapazieren zu wollen: Gerade für ein Genre, das sich
       gerne in Effekten verliert, ist das eine erschütternd treffende Parabel.
       
       „The Last of Us“, zweite Staffel, sieben Folgen, HBO
       
       13 Apr 2025
       
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