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       # taz.de -- Neue Koalition: Die guten Seiten von Schwarz-Rot
       
       > Friedrich Küppersbusch versucht, das Gute an der neuen Regierung zu
       > sehen. Und gibt Tipps für eine bessere Klimawandel-PR.
       
   IMG Bild: Markus Söder an Fastnacht in Franken 2025
       
       taz: Herr Küppersbusch, was war schlecht vergangene Woche? 
       
       Friedrich Küppersbusch: Die bittere Erkenntnis: Ohne Söder wär’s öder.
       
       taz: Und was wird besser in dieser? 
       
       Küppersbusch: Merz lernt egomane Witze.
       
       taz: Nach den Zollankündigungen aus den USA sind die Aktienkurse Anfang der
       Woche um 10 Prozent abgestürzt. Wie geht es dem Depot? 
       
       Küppersbusch: Es empfindet eine gewisse Leere wegen einer gewissen Lehre:
       Wenn die Bank dir ein Geschäft empfiehlt – verdient die Bank. Und Banken
       raten sehr gerne zu Aktien, Anleihen und Fonds, weil sie mit dem
       allfälligen Gebührenschaum immer schon safe sind. Das Risiko tragen die
       rund 17 Prozent Deutschen, [1][die Geld für lukrativen Jux übrig haben].
       In den USA dagegen ist die Altersvorsorge in der Regel privat versichert
       und hängt an Börsenkursen. Mit Trumps humorigen Verrenkungen wird dort für
       gut 60 Prozent der Bevölkerung die Rente zur Ente. Der allein schon wegen
       seiner langjährigen Tätigkeit für die taz vertrauenswürdige Finanzweise
       Hermann-Josef Tenhagen mahnt deutsche Anleger zu Gelassenheit und langem
       Atem. Halten, eventuell zukaufen und, um Trump mal so richtig einen
       mitzugeben, ein Hoch auf die gesetzliche Rentenversicherung.
       
       taz: Der Handelskonflikt zwischen den USA und China verschärft sich weiter.
       Die USA haben 145 Prozent Zölle auf Importe aus China erhoben, China ist
       mit 125 Prozent nachgezogen. Ist Donald Trump heimlich bei Attac? 
       
       Küppersbusch: Drei Chinesen mit dem Kontraspaß. China reagiert, [2][während
       Trump eine glühende Lunte in seinem Feuerwerksvorrat wird]. Das macht
       tollen Radau und Krakeel und aber auch gar keinen Sinn, weil er sich von
       seiner Oligarchenjunta anschließend allerhand Ausnahmen einsäuseln lässt.
       Vielleicht muss dieser wutschnaubende Jähzorn gegen die Globalisierung sich
       erst mal selbst zerstören, bevor man weltumspannendes Unrecht konstruktiv
       angehen kann. Trump ist nicht heimlich bei Attac, sondern unheimlich
       nützlich dafür.
       
       taz: Der Koalitionsvertrag zwischen Union und SPD ist fertig. Als visionär
       wird er nicht gefeiert. Gibt es trotzdem etwas, was Sie positiv überrascht
       hat? 
       
       Küppersbusch: Ja, die Vorgruppe. Der Big Bang war schon das Sondervermögen
       Infrastruktur und die Einsicht in die Schädlichkeit der Schuldenbremse.
       Damit hat sich Schwarz-Rot Spielraum verschafft, Projekte auf die Beine zu
       stellen – statt das Land und sich selbst lustlos vor sich hinzuverwalten.
       Dass die Projekte Hochrüstung und Wirtschaftszauber heißen, muss einen
       nicht begeistern – mehr scheint zwischen den Partnern jedoch nicht
       Schnittmenge zu sein. Deshalb hat mich positiv überrascht, dass sie
       loslegen wollen. Zeit wird’s.
       
       taz: Gleichzeitig liegt die AfD in Umfragen nun fast gleichauf mit der
       Union. CDU-Politiker Thorsten Frei meinte, man müsste dem mit guter
       praktischer Politik begegnen. Haben Sie einen praktischen Vorschlag? 
       
       Küppersbusch: Ja, Schwurbelkasse auf den Kabinettstisch. Wer „Migration“
       sagt, zahlt ’nen Zehner. Allen in dieser Regierung muss klar sein, dass sie
       mit dem Migrationswahlkampf den Gegner stark geredet haben und einander
       gegenseitig demoliert. Es wird nicht leicht, doch Merz wird seine
       SoziministerInnen nach außen fantastisch finden müssen und die uns das
       Staunen lehren, wie ordentlich der das dann doch macht. Vier Jahre
       Krötenwanderung als Mittagessen ist auch kein Spaß.
       
       taz: Der März 2025 war einmal mehr der heißeste März der
       Wetteraufzeichnung. Braucht die Erderhitzung einen neuen PR-Manager? 
       
       Küppersbusch: Das muss ein Fuchs sein oder eine Fähe, klingt ja schon nach
       „Fähigkeit“, jedenfalls den Menschen den Begriff „kognitive Dissonanz“ so
       selbstverständlich nahezubringen wie „geiles Wetter“, „nicht so viel Regen“
       und „toller Frühling“. „Je schöner das Wetter, desto toter unsere Enkel“ –
       das stinkt als Postkartenmotiv ab gegen blühende Kirschbäume und flammgelbe
       Rapsfelder. Freuen wir uns auf den Claim „Damit das Wetter wieder deutsch
       wird – CDU“.
       
       taz: JournalistInnen in Deutschland erleben immer mehr körperliche
       Angriffe, berichtet Reporter ohne Grenzen. Was muss passieren, damit das
       nicht passiert? 
       
       Küppersbusch: Die Gewalt Autoritärer trifft ebenso Polizei, Feuerwehr,
       Krankenwagen und PolitikerInnen. In dieser Gesamtsicht wird offenbar: Die
       Idee des Gemeinwohls, für die diese Berufsgruppen besonders stehen oder
       stehen sollten, ist abgefressen von einem [3][nebulösen Empfinden der
       Unterdrückung]. Keine Ahnung, wie man das repariert, doch ich fand’s mit
       Marx gegen die Kapitalisten einfacher.
       
       taz: Und was macht der RWE? 
       
       Küppersbusch: Neun Punkte aus drei Spielen in einer Woche. Den Satz lass
       ich mir laminieren.
       
       Fragen: Amelie Sittenauer 
       
       Friedrich Küppersbusch ist Journalist, Produzent und aktienfrei.
       
       13 Apr 2025
       
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