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       # taz.de -- #MeToo-Prozess in New York: Neue Runde gegen Harvey Weinstein
       
       > Am Dienstag beginnt die Neuauflage des New Yorker Prozesses gegen Harvey
       > Weinstein: Drei Frauen werfen ihm Vergewaltigung und sexuelle Übergriffe
       > vor.
       
   IMG Bild: Der frühere Filmproduzent Harvey Weinstein und seine Anwälte am 12. März vor Gericht in Manhatten
       
       Der ehemalige Filmproduzent Harvey Weinstein steht wieder einmal vor
       Gericht: Am Dienstag hat in New York [1][die Neuauflage des Prozesses]
       gegen den 73-Jährigen begonnen. 2020 war er hier wegen Vergewaltigung und
       sexueller Nötigung zu 23 Jahren Haft verurteilt worden – ein historisches
       Urteil für die #MeToo-Bewegung, die durch die Frauen, die Weinstein
       öffentlich sexuelle Übergriffe vorwarfen, überhaupt erst ins Rollen kam.
       
       Doch vor knapp einem Jahr wurde [2][das Urteil wegen eines
       Verfahrensfehlers kassiert]. Weinsteins Verteidigung hatte Berufung
       eingelegt. Die Richter_innen des Berufungsgerichts [3][gaben ihr im April
       letzten Jahres statt], denn das Urteil sei unrechtmäßig zustande gekommen:
       Im Verfahren in New York waren Zeuginnen über ihre Missbrauchserfahrungen
       mit Weinstein befragt worden, obwohl sie eigentlich nicht Teil der Anklage
       waren. Ihre Aussagen sollten lediglich dazu dienen, Muster in Weinsteins
       Verhalten zu etablieren. Angeklagte dürfen jedoch nur aufgrund der Taten
       beurteilt werden, die ihnen im Prozess vorgeworfen werden.
       
       Obwohl das New Yorker Urteil von 2020 aufgehoben wurde, kam Weinstein
       danach nicht auf freien Fuß: In Kalifornien wurde er 2022 in drei
       Anklagepunkten, darunter Vergewaltigung, schuldig gesprochen und zu 16
       Jahren Haft verurteilt. Auch dieses Urteil wollen seine Anwält_innen
       anfechten.
       
       In der Neuauflage des New Yorker Verfahrens sind die Eröffnungsplädoyers
       für den 22. April angesetzt. Danach wird der Prozess voraussichtlich bis zu
       fünf Wochen dauern. Im Mittelpunkt stehen wie damals die Anschuldigungen
       zweier Frauen: Die Produktionsassistentin Mimi Haleyi beschuldigt Weinstein
       weiterhin, 2006 gewaltsamen Oralsex an ihr vorgenommen zu haben. Die
       Schauspielerin Jessica Mann wirft ihm vor, sie 2013 vergewaltigt zu haben.
       
       Weinsteins Verteidigung plädierte im Prozess von 2020 auf „nicht schuldig“
       und beharrte darauf, dass alle sexuellen Handlungen mit den Anklägerinnen
       einvernehmlich gewesen seien – eine Argumentation, die sie wahrscheinlich
       auch im neuen Verfahren aufgreifen wird. Einen gravierenden Unterschied
       wird es im neuen Prozess jedoch geben: Es gibt eine neue zusätzliche
       Anklägerin. Sie wirft Weinstein vor, er habe sie 2006 in einem Hotelzimmer
       in Manhattan zum Oralsex gezwungen.
       
       ## Zeuginnen dürfen von „Gewalt“ sprechen
       
       Das New Yorker Gericht verurteilte Weinstein 2020 zwar zu 23 Jahren Haft,
       doch es sprach ihn in des schwersten Vorwurfs der Anklage frei: dem
       „predatory sexual assault“ – wörtlich etwa der raubtierhaften oder
       räuberischen sexuellen Übergriff. Wäre Weinstein dessen schuldig gesprochen
       worden, hätte er eine lebenslange Haftstrafe bekommen können. Dieser
       Freispruch bedeutet, dass der Anklagepunkt im Wiederaufnahmeverfahren nicht
       neu verhandelt werden darf.
       
       Die Verwendung des Wortes „Gewalt“ in den Zeugenaussagen hatte in den
       Wochen vor dem Prozess für Diskussionen gesorgt. Weinstein wurde im ersten
       Prozess „nur“ wegen Vergewaltigung dritten Grades verurteilt, also sexuelle
       Handlungen ohne Zustimmung, aber nicht mit Gewalt. Deshalb beantragte seine
       Verteidigung, der Zeugin Jessica Mann zu verbieten, das Wort „Gewalt“ zu
       nutzen, wenn sie den Geschworenen schildert, was sie Weinstein vorwirft.
       
       Richter Curtis Faber gab der Verteidigung zunächst Recht, hob seine
       Entscheidung aber Anfang April wieder auf. So darf nun von „Gewalt“
       gesprochen werden. Die Verteidigung beantragte außerdem, das Wort
       „Überlebende“ bei der Beschreibung der Klägerinnen zu streichen. Richter
       Faber gab diesem Antrag statt. Sie werden fortan als „klagende Zeuginnen“
       bezeichnet.
       
       ## Weinstein verklagt auch seinen Bruder
       
       An juristischen Ärger dürfte sich Weinstein inzwischen gewöhnt haben. Im
       Februar reichte er Klage gegen seinen jüngeren Bruder Bob Weinstein ein.
       Harvey wirft ihm und weiteren ehemaligen Geschäftspartnern vor, ihn 2016 im
       Rahmen der gemeinsamen Filmproduktionsfirma The Weinstein Company dazu
       gebracht zu haben, für einen Kredit in Höhe von 45 Millionen Dollar zu
       bürgen. Der Bruder soll das Geld für Bonuszahlungen und andere illegale
       Zwecke abgezweigt haben.
       
       Auch die Stadt New York verklagte er im vergangenen Jahr, wegen
       mangelhafter medizinischer Versorgung, die er im Rikers Island Gefängnis
       erhalten habe. Weinstein leide an Diabetes, Bluthochdruck, Herzproblemen
       und einer Leukämieerkrankung. Immer wieder wurde er in Krankenhäuser
       verlegt. Vor Gericht erschien er in der Vergangenheit im Rollstuhl.
       
       15 Apr 2025
       
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       ## AUTOREN
       
   DIR Valérie Catil
       
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