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       # taz.de -- Russischer Ringerpräsident: Kohle vom Verräter
       
       > Russlands Ringerpräsident beschimpft einen albanischen Ringer, der mal
       > Russe war. Dabei verkauft er offenbar selbst gern Ringer an andere
       > Verbände.
       
   IMG Bild: Kann auch freundlich, solange es um Russen geht: Mamiaschwili gratuliert 2021 bei Olympia dem russischen Ringer Saurbek Sidakow
       
       So bedröppelt hat wohl lange kein Europameister mehr dreingeschaut, nachdem
       ihm die Goldmedaille um den Hals gehängt worden ist. Freistilringer
       Tschermen Walijew jedenfalls stand kopfschüttelnd auf dem Siegerpodest und
       alle Beobachter fragten sich, was Michail Mamiaschwili, der Vizepräsident
       des Internationalen Ringerverbands United World Wrestling, dem fisch
       gekürten Europameister bei der Medaillenzeremonie wohl an den Kopf geworfen
       haben mag. Dass er Walijew die Medaille derart rüde um den Hals gehängt
       hat, als würde er ihn gleich erwürgen wollen, hatten ja alle gesehen.
       „Vaterlandsverräter!“, hat er Walijew genannt, wurde später bekannt.
       
       Und warum? Walijew hat Gold für Albanien gewonnen, seine ringerische
       Ausbildung hat er aber in Russland genossen. Jetzt startet er, wie so viele
       Athleten, die den seit [1][dem Überfall Russlands auf die Ukraine]
       bestehenden Sportbann gegen russische Athleten und die damit verbundenen
       Visaprobleme umgehen wollen, für einen anderen Verband. Mamiaschwili hat
       davon offenbar die Schnauze voll und hat nun Walijew auf offener Bühne
       beschimpft. Er sei sauer darüber, dass die Ringer weiter in Russland
       trainieren. „Sollen sie doch nach Simbabwe gehen, wenn sie ihre
       Staatsbürgerschaft geändert haben“, wetterte er später.
       
       Walijew zeigte sich verwundert. In einem Interview mit dem russischen
       Sportsender match.tv berichtete er, dass sein Nationenwechsel korrekt und
       mit dem Einverständnis von Mamiaschwili abgelaufen sei. 5.000 Euro habe er
       dafür an den Weltverband überwiesen und noch einmal 5.000 Euro an den
       Russischen Ringerverband, dessen Vorsitzender Mamiaschwili ist. Der erntete
       heftige Kritik vom Trainer der russischen Freistilringer, Dschambulat
       Tedejew.
       
       Mamiaschwili habe mit seinem Verhalten das Ansehen des russischen Ringens
       massiv beschädigt. Ob nicht derjenige ein Verräter an seinem Vaterland sei,
       der sich so verhält, fragte Tedejew und zog weiter vom Leder: „Ich möchte
       Mamiaschwili fragen, wie er es mit seinem Gewissen vereinbart, jemanden des
       Verrats zu bezichtigen und selbst über Jahre hinweg Ringer an andere
       Verbände regelrecht zu verkaufen.“ Das Geld komme ja auch nicht dem
       russischen Ringersport zugute, sondern fließe auch noch direkt in
       Mamiaschwilis Tasche.
       
       ## Immer wieder ausfällig geworden
       
       Rufschädigendes Verhalten hätte man Mamiaschwili schon des Öfteren
       vorwerfen können. Nachdem Sportpolitiker 2023 vorgeschlagen hatten,
       regimekritische russische Sportler könnten doch als Mitglieder des
       Flüchtlingsteams an den Olympischen Spielen in Paris teilnehmen, [2][meinte
       er, die Russen könnten ja auch mit Panzern nach Paris kommen].
       
       Und auf der ganz großen Bühne ist er auch schon mal ausfällig geworden. So
       soll er bei den Olympischen Spielen 2016 in Rio de Janeiro der russischen
       Ringerin Inna Traschukowa zweimal ins Gesicht geschlagen haben, weil er der
       Meinung war, sie habe sich bei ihrer Niederlage im Kampf um Bronze nicht
       ausreichend angestrengt. Stockbesoffen soll der ehemalige Spitzenringer da
       gewesen sein. Das hat im russischen Verband niemanden so recht gestört. Im
       Weltverband auch nicht. Mamiaschwili ist als Vizepräsident durch die
       Kriegszeiten spaziert, in denen [3][seine Athleten unter neutraler Flagge
       haben antreten müssen].
       
       ## Politische Motive fast bedeutungslos
       
       Jetzt, da es ums Geld geht, gibt es plötzlich Kritik in Russland. Was bei
       der Auseinandersetzung auch deutlich wird: Beim Wechsel der Nationalität
       spielen politische Motive keine Rolle. Der Wechsel der Staatsbürgerschaft
       hat russischen Ringern schlicht den Weg zu Olympia in Paris geebnet. 17
       Russen starteten da für andere Verbände. In Walijews Gewichtsklasse bis 74
       Kilo kam es so bei den Spielen zu einer Art russischer Meisterschaft. Gold
       holte der russische Neuusbeke Rasambek Schamalow, Bronze der Neualbaner
       Walijew. Der bedankte sich übrigens nach der EM sowohl bei seiner Heimat
       Ossetien als auch bei Russland und seinem neuen Land Albanien für die
       Unterstützung.
       
       15 Apr 2025
       
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