URI: 
       # taz.de -- J. D. Vance in Grönland: Der Besuch, der in die Kälte kam
       
       > Der US-Vizepräsident wirft Dänemark Versagen vor. Die neue grönländische
       > Regierung will sich dem Druck der USA nicht beugen und demonstriert
       > Einigkeit.
       
   IMG Bild: US-Vizepräsident J.D. Vance trifft auf dem Militärstützpunkt Pituffik ein, Grönland, 28.3.2025
       
       Härnosand taz | „Scheißkalt hier“, das war die erste öffentlich vernehmbare
       Aussage von J.D. Vance nach seiner Ankunft in Grönland – beim Smalltalk mit
       Soldaten auf dem US-Stützpunkt Pittufik am Freitag. Nach Rundgang und
       Briefing sprach der US-Vizepräsident am Abend dann auch offiziell, bei
       diesem nicht nur in Grönland und Dänemark argwöhnisch beobachteten Besuch.
       Und wie erwartet teilte er wieder gegen Dänemark aus.
       
       Es habe Grönland nicht ausreichend priorisiert, sagte er laut dem dänischen
       Rundfunk DR. Dänemark habe versagt, wenn es um Grönlands Sicherheit gehe.
       Länder wie Russland und China hätten Interessen in der Arktis. „Darum ist
       es wichtig, dass die USA die Führung in der Arktis übernehmen, sonst füllen
       andere Länder die Lücke“, so Vance weiter.
       
       Das Land, um das es ihm geht, hatte da gerade seit ein paar Stunden eine
       neue Regierung, zweieinhalb Wochen nach der Parlamentswahl. In ihrem am
       Freitagmittag vorgestellten Koalitionsvertrag heiß es: „Es soll niemand
       daran zweifeln, dass Grönland uns gehört“. Das ist auf Bildern des DR zu
       sehen. Und weiter: „Wir entscheiden über unsere eigene Zukunft, wir wählen
       unsere Verbündeten selbst, und wir bestimmen das Tempo.“ Die Regierung
       beschäftigen auch andere Themen – aber keins drängt gerade so wie der
       unverändert ausgeübte Druck aus den USA.
       
       Dieser Druck war es wohl auch, der die Parteien zu einer ungewöhnlich
       breiten Koalition veranlasste: Vier der fünf im Parlament vertretenen
       Parteien gehören dazu. Sie würden der Welt zeigen, dass sie als Volk
       zusammen hielten, unabhängig von sonstigen politischen Uneinigkeiten: Auch
       das steht in ihrem Vertrag.
       
       Neuer Regierungschef wird Jens-Frederik Nielsen von der sozialliberalen
       Partei Demokraatit, dem großen Wahlsieger mit 30 Prozent. „In dieser Zeit
       stehen wir als Volk unter Druck“, sagte Nielsen laut DR am Freitag in Nuuk.
       „Wir müssen zusammenhalten. Gemeinsam sind wir am stärksten.“ Möglichst
       breit und geschlossen zusammenzustehen, um dem als aggressiv bewerteten
       Vorgehen der USA besser begegnen zu können – das hatte auch schon der
       bisherige Regierungschef Múte B. Egede als zentral betont.
       
       ## Nicht kompatibel
       
       Seine linke Partei IA wird nun also Teil der neuen Regierung, ebenso wie
       die sozialdemokratische Siumut – beide hatten bei der Wahl stark verloren.
       Nur eine Partei geht in die Opposition: Die rechte Unabhängigkeitspartei
       Naleraq, mit ihren 25 Prozent ebenfalls ein Wahlsieger, aber offenbar nicht
       kompatibel mit den anderen.
       
       [1][Die grönländische Regierung steht] und sie hält mit Bestimmtheit an
       ihrer von Beginn an vertretenen Haltung fest, die Zukunft des Landes werde
       in Grönland entschieden. Inwieweit das von den USA gehört wird, erscheint
       unklar. [2][US-Präsident Donald Trump] wiederholte diese Woche noch einmal
       in einem Interview, dass die USA Grönland haben müssten, „so leid es ihm
       täte, das sagen zu müssen“.
       
       Und nun erscheint am Freitag nach vielem Hin und Her um die Reisepläne also
       eine hochkarätige Delegation auf dem US-Stützpunkt Pittufik. Auch der
       Nationale Sicherheitsratgeber Mike Waltz und Energieminister Chris Wright
       sind dabei – vorübergehend hatte es den Anschein gehabt, es käme nur das
       Ehepaar Vance.
       
       Die Pläne wurden geändert, nachdem die angekündigte Charme-Offensive mit
       der Second Lady an der Spitze in Grönland auf Protest gestoßen war. Gegen
       einen Besuch ihres eigenen Stützpunkts ist offiziell wenig einzuwenden.
       
       ## Stark attackiert
       
       Einen „taktischen Rückzug, eine Umgruppierung, um dann auf neue Weise
       anzugreifen“, nannte das aber der frühere dänische Außenminister Per Stig
       Møller. Die Amerikaner wollten lediglich schlechte PR vermeiden – etwa
       Bilder, in denen Menschen in Grönland den Limousinen der US-Delegation den
       Rücken zukehrten, sagte er im dänischen TV-Magazin Deadline.
       
       Der jetzige Außenminister Lars Løkke Rasmussen hatte die Planänderungen der
       USA als sehr positiv bewertet. In einem Beitrag auf Facebook schrieb er
       aber auch, frisch zurück von Gesprächen beim UN-Sicherheitsrat: „Das
       Bekenntnis zum Grundsatz der territorialen Integrität und Souveränität von
       Ländern ist stark – in Grönland, Europa und darüber hinaus. Wir müssen für
       diesen Grundsatz einstehen.“
       
       Vance hatte Dänemark bei seiner Ankündigung, nach Grönland zu fliegen,
       erneut stark attackiert: Es würde nicht für die Sicherheit der einstigen
       Kolonie gesorgt. Tatsächlich hat die dänische Regierung seit Beginn dieser
       diplomatischen Spannungen ihre Politik geändert, Investitionen in die
       Sicherheitsinfrastruktur Grönlands sind beschlossen. Ministerpräsidentin
       Mette Frederiksen wies nun aber auch erneut darauf hin, dass der Schutz der
       Arktis gemeinsame Nato-Aufgabe sei.
       
       Vor dem Vance-Besuch erklärte Frederiksen in einem längeren Beitrag auf
       Facebook, man dürfe sich keine Illusionen machen: „Trumps Interesse an
       Grönland geht nicht weg.“ Die USA wüssten sehr genau, dass Grönland nicht
       zu verkaufen sei und auch nicht wünsche, Teil der USA zu werden. Auf deren
       Äußerungen zu reagieren, verlange manchmal klare Ansagen, manchmal
       diplomatischere Formulierungen. Und die Hand zur Zusammenarbeit mit den USA
       bleibe ausgestreckt.
       
       Das Wichtigste sei zu zeigen, dass man dem inakzeptablen Druck, den die
       Trump-Regierung derzeit ausübe, standhalte – und dass man dabei nicht
       alleine sei. Dänemark wisse sich in Europa umgeben von Unterstützung,
       betonte die Ministerpräsidentin. Grönland gegenüber äußerte sie größten
       Respekt dafür, wie man dort mit der Situation umgehe: „Ihr habt euch nicht
       einschüchtern lassen.“
       
       28 Mar 2025
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Parlamentswahl-in-Groenland/!6075356
   DIR [2] /Parlamentswahl-in-Groenland/!6071741
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Anne Diekhoff
       
       ## TAGS
       
   DIR J.D. Vance
   DIR Grönland
   DIR Schwerpunkt USA unter Trump
   DIR Dänemark
   DIR Grönland
   DIR Donald Trump
   DIR Donald Trump
   DIR Schwerpunkt USA unter Trump
   DIR Schwerpunkt USA unter Trump
   DIR Grönland
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR Dänemark übernimmt EU-Ratsvorsitz: Sicherheitspolitik steht ganz oben auf der Agenda
       
       Dänemark übernimmt den EU-Ratsvorsitz. Regierungschefin Frederiksen will
       sich in den kommenden sechs Monaten auch für schärfere Migrationspolitik
       starkmachen.
       
   DIR Dänischer Monarch besucht Grönland: Grönland fährt nicht mit dem König Schlitten
       
       Frederik X. besucht die Ex-Kolonie. Es geht darum, Zusammenhalt gegenüber
       den USA zu demonstrieren. Ein Abstecher zu einer Schlittenpatrouille fällt
       aus.
       
   DIR Grönlands neuer Premierminister: Jens-Frederik Nielsen ist am Ball
       
       Grönlands neuer Premier Nielsen war bislang vor allem als Badmintonspieler
       bekannt. Seine Amtszeit fällt in Zeiten, die für sein Land ungewöhnlich
       sind.
       
   DIR +++ USA unter Trump +++: Dänemark erteilt Washington eine klare Abfuhr
       
       Außenminister Lars Løkke Rasmussen kritisiert insbesondere den
       US-Vizepräsidenten. Der US-Auslandssender Voice of America bleibt vorerst
       erhalten. Ein wichtiger-Impfstoffexperte muss gehen.
       
   DIR J. D. Vance fliegt selbst nach Grönland: Militärbasis statt Schlittenhunderennen
       
       Die Charme-Offensive der Second Lady ist abgesagt. Das Weiße Haus
       entscheidet sich für eine weniger provokante Reise.
       
   DIR Second Lady der USA: Wie Usha Vance Grönland umgarnen soll
       
       Die US-amerikanische Second Lady, Frau von Vizepräsident J. D. Vance, wird
       nach Grönland geschickt. Sie soll mit ihrem Charme überzeugen.
       
   DIR Parlamentswahl in Grönland: Eine Insel stimmt über ihre Zukunft ab
       
       Die geopolitisch begehrte Insel wählt am Dienstag ein neues Parlament.
       Zentral im Wahlkampf ist die Frage der grönländischen Unabhängigkeit.