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       # taz.de -- Messungen des Deutschen Wetterdienstes: Deutschland erhitzt sich immer schneller
       
       > 2024 war in Deutschland das heißeste Jahr seit Beginn der Aufzeichnungen.
       > Wetterdienst und besorgte Eltern fordern mehr Klimaschutz von der
       > Regierung.
       
   IMG Bild: Es wird heißer auf den deutschen Feldern, die Landwirtschaft eggt munter weiter
       
       Berlin taz | Das Jahr 2024 war in Deutschland 0,3 Grad wärmer als das
       bisherige Rekordjahr 2023. Das ergibt sich aus den Messungen des Deutschen
       Wetterdienstes (DWD), die am Dienstag vorgestellt wurden. Dieser Sprung um
       0,3 Grad ist „erschreckend“, sagt Andreas Becker, Leiter der Abteilung
       Klimaüberwachung beim DWD. Normal seien Unterschiede von 0,1 Grad, die 0,3
       Grad „klimatologisch absolut ungewöhnlich“.
       
       Die 10,9 Grad Jahresmitteltemperatur in Deutschland stellen einen neuen
       Allzeitrekord auf. Vor 2014 sei das Jahresmittel nie über 10 Grad
       gestiegen, sagt Tobias Fuchs, Leiter des Geschäftsbereiches Klima und
       Umwelt des DWD. „Extreme Jahre vor 1990 sind heute normale Jahre.“ Das
       treffe gefährdete Gruppen wie Hochbetagte zum Beispiel bei Hitzewellen in
       Städten besonders hart.
       
       „Wir messen und erleben eine [1][beschleunigte Erwärmung]“, sagt Fuchs.
       Deutschland habe sich seit der Industrialisierung um 2,5 Grad erhitzt, in
       Europa gebe es ein „erschreckendes Plus“ von 2,9 Grad. Der Kontinent
       erhitzt sich aufgrund des weiter wachsenden CO2-Ausstoßes der Menschheit am
       schnellsten.
       
       Der erste Sommertag mit Temperaturen über 25 Grad wurde 2024 schon am 5.
       April gemessen, nur einen Tag später ein sogenannter „heißer Tag“ über 30
       Grad, zehn Tage vor dem bislang frühesten heißen Tag im Jahr 2017. Im
       vergangenen Jahr hat der DWD „fast doppelt so viele Sommertage und fast
       dreimal so viele heiße Tage wie üblich“ gemessen, berichtet Becker.
       Frosttage seien dagegen so selten wie nie gewesen. Das alles sei „in Zeiten
       des Klimawandels zu erwarten“.
       
       ## Dunkelflauten werden nicht häufiger
       
       Becker zufolge war das Wetter 2024 „unruhig, aber nicht katastrophal“, bei
       Extremwetterereignissen sei man „gut weggekommen“. Das Grundwasser habe
       sich in den vergangenen Jahren gut auffüllen können, gerate aber schon
       wieder unter Druck, weil Februar und März ungewöhnlich trocken waren.
       
       Der DWD erfasst auch, welche Wetterereignisse für die Energieerzeugung
       wichtig sind. Die sei vom Klimawandel beeinflusst, sagt Fuchs, weil
       aufgrund der Erderhitzung weniger und wärmeres Kühlwasser für Anlagen wie
       Atom- und Kohlekraftwerke zur Verfügung stehe.
       
       Das Energiesystem werde außerdem wetterabhängiger, weil Wind- und
       Solarkraftwerke nötig sind, um CO2-intensive Kohle- und Gaskraftwerke
       abschalten zu können. Wind- und Solarkraftwerke „ergänzen sich gut“, sagt
       Renate Hagedorn, Leiterin des DWD-Geschäftsbereichs Wettervorhersage. Im
       Winter seien die Windgeschwindigkeiten höher, während im Sommer die
       Sonneneinstrahlung am stärksten sei.
       
       Es gebe aber auch im sonnenarmen Winter manchmal windschwache Phasen, zum
       Beispiel im November und Dezember 2024, die sogenannte Dunkelflaute.
       Hagedorn sagt, das stehe in Zusammenhang mit einem Wetterphänomen namens
       „Hoch Mitteleuropa“, das aber aufgrund des Klimawandels bisher nicht
       häufiger geworden sei. „Es gibt deshalb auch keine Hinweise, dass die
       Stromerzeugung aus Photovoltaik und Windkraft durch mehr Dunkelflauten
       riskanter geworden ist“, sagt Hagedorn.
       
       ## Eltern fordern mehr Klimaschutz von SPD
       
       Fuchs weist darauf hin, dass weltweit das Jahr 2024 zwar erstmals 1,5 Grad
       heißer als vor der Industrialisierung war. Die 1,5-Grad-Grenze des Pariser
       Klimaabkommens sei damit aber nicht überschritten, weil dafür langfristige
       Durchschnittswerte betrachtet werden. Die Frage sei aber nicht mehr, ob,
       [2][sondern wann das Pariser Klimaziel überschritten wird].
       
       Deshalb appelliert Fuchs: „Wir müssen schnell handeln. Jedes durch
       ambitionierten Klimaschutz vermiedene Zehntelgrad Erderwärmung hilft.“ Das
       verkürze den besonders schadensträchtigen Zeitraum jenseits der
       1,5-Grad-Schwelle um Jahre und Jahrzehnte. Klimaschutz sei deshalb ein
       Beitrag zur Reduzierung der Kosten der Klimaanpassung und
       Generationenschutz.
       
       Ehrgeiz beim Klimaschutz forderten am Montag auch Eltern der Gruppe Parents
       for Future. Sie schrieben an den SPD-Parteivorsitzenden Lars Klingbeil mit
       der „dringenden Bitte, sich weiterhin und mehr noch als bisher für
       Klimaschutz in den Koalitionsverhandlungen einzusetzen und klare Kante
       gegen die Bestrebungen der CDU/CSU in Richtung Verzicht auf Klimaschutz zu
       zeigen“.
       
       Sie forderten unter anderem einen Kohleausstieg bis 2035, den Erhalt eines
       kostengünstigen Deutschlandtickets sowie den Einsatz von
       CO2-Speicherungstechnologien nur bei „tatsächlich unvermeidbaren
       Emissionen“, ausdrücklich nicht für Gaskraftwerke. In durchgesickerten
       Entwürfen für den Koalitionsvertrag zwischen CDU und SPD [3][standen all
       diese Punkte zur Debatte].
       
       1 Apr 2025
       
       ## LINKS
       
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   DIR Jonas Waack
       
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