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       # taz.de -- Zivilgesellschaft in Georgien: Geldstrafen oder Knast
       
       > Die Regierung verschärft ein umstrittenes Gesetz zu „ausländischen
       > Agenten“. Bei Zuwiderhandlung drohen empfindliche Strafen.
       
   IMG Bild: Demonstration für die Freilassung von politischen Gefangenen und Neuwahlen in Tblisi, aber die Regierung zeigt sich unbeeindruckt
       
       Berlin taz | Die Demontage der Zivilgesellschaft in Georgien geht weiter.
       Am Dienstag verabschiedete das Parlament in dritter und letzter Lesung fast
       einstimmig eine verschärfte Version des Gesetzes „zu ausländischen
       Agenten“. Zudem stimmten die Abgeordneten für Änderungen des
       Rundfunkgesetzes. Die Finanzierung von TV- und Radiounternehmen aus dem
       Ausland ist fortan verboten. [1][Da die Opposition aus Protest gegen die
       offiziellen Ergebnisse der Parlamentswahlen vom vergangenen Oktober die
       Volksvertretung boykottiert, ist die Regierungspartei Georgischer Traum
       (KO) unter sich].
       
       Einen ersten Vorstoß hatte der KO bereits im Jahr 2023 unternommen, das
       Vorhaben jedoch nach Massenprotesten und massiver Kritik westlicher Staaten
       – Georgien ist seit Dezember 2023 Beitrittskandidat der EU – fallen lassen.
       [2][Ein Jahr später drückte der KO ein fast identisches Gesetz „über die
       Transparenz ausländischen Einflusses“ dann doch durchs Parlament.] 
       
       Das Gesetz sieht vor, dass Organisationen und Medien, die über 20 Prozent
       ihrer Finanzmittel aus dem Ausland erhalten, sich als „Vertreter der
       Interessen einer fremden Macht“ registrieren lassen müssen. Bei Verstößen
       drohen hohe Geldstrafen, dennoch hatten es viele
       Nichtregierungsorganisationen und unabhängige Medien abgelehnt, sich unter
       einem derart „beleidigenden Label“ zusammenfassen zu lassen.
       
       Gemäß des überarbeiteten Gesetzes werden nicht nur wie bisher Organisation
       als „Agenten“ stigmatisiert, sondern auch einzelne Personen. Darunter
       fallen alle, die sich an politischen Aktivitäten beteiligen, die von
       „ausländischen Auftraggebern“ finanziert oder kontrolliert werden oder in
       deren Interesse sein könnten. Damit sind ausländische Organisationen,
       Regierungen oder Personen mit Sitz im Ausland gemeint.
       
       ## Düstere Perspektiven
       
       Ausgenommen sind Personen, die die georgische Staatsbürgerschaft besitzen
       und ihren ständigen Wohnsitz in Georgien haben. Bei Zuwiderhandlungen
       können die Betroffenen jetzt auch strafrechtlich zur Verantwortung gezogen
       werden. So können Geldstrafen sowie Haftstrafen von bis zu sechs Monaten
       bzw. bis zu fünf Jahren fällig werden.
       
       Die US-Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch spricht von düsteren
       Perspektiven für unabhängige Aktivist*innen und Organisationen in
       Georgien. Wer sich nicht stigmatisieren lassen wolle, sei gezwungen,
       zwischen Gefängnis und Exil zu wählen oder die Arbeit ganz aufzugeben.
       
       Einige Organisationen und Medien haben bereits angekündigt, sich dem neuen
       „russischen Gesetz“ nicht unterordnen zu wollen. Russisches Recht, in
       welcher Form auch immer, werde niemals die Wahl Georgiens sein, heißt es in
       einer gemeinsamen Erklärung.
       
       2 Apr 2025
       
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       ## AUTOREN
       
   DIR Barbara Oertel
       
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