# taz.de -- Global Disability Summit: Mehr Unterstützung für Inklusion weltweit gefordert
> Die Teilhabe von Menschen mit Behinderung wird weltweit infrage gestellt.
> Bundeskanzler Scholz findet in Berlin deutliche Worte der Kritik.
IMG Bild: Beim Global Disability Summit in Berlin im April 2025 werden rund 3000 Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus aller Welt erwartet
Berlin taz | Noch-Bundeskanzler Olaf Scholz hat sich für den Einsatz für
mehr Teilhabe und Inklusion ausgesprochen. „Wir befinden uns in Zeiten, in
denen Inklusion zunehmend infrage gestellt, sogar angegriffen wird“, sagte
er bei seiner Eröffnungsrede des Weltgipfels für Menschen mit Behinderung
(Global Disability Summit / GDS) am Mittwoch in Berlin. „Inklusion ist ein
grundlegendes Menschenrecht.“
Weltweit leben 1,3 Milliarden Menschen mit einer Behinderung, etwa 15
Prozent der Weltbevölkerung. In reicheren Ländern wie Deutschland hätten
Menschen mit Behinderung zu über 80 Prozent Zugang zu Hilfsmitteln, in
ärmeren Ländern teilweise nur jede zehnte betroffene Person. Beim
zweitägigen GDS der neben Deutschland von der International Disability
Alliance, dem Weltdachverband der Selbstvertretungen von Menschen mit
Behinderung, und dem Königreich Jordanien ausgerichtet wird, wurde deshalb
das Ziel formuliert: 15 für 15.
Demnach sollen 15 Prozent der jeweiligen nationalen Projekte in der
Entwicklungszusammenarbeit auf Inklusion ausgerichtet sein. Menschen mit
Behinderung sind in erhöhtem Maße vom Klimawandel sowie
(Umwelt-)Katastrophen betroffen und haben es schwerer, zu flüchten. Sie
haben erschwerten Zugang zu Schutzräumen, Evakuierungsprozessen und können
auch von Notsignalen ausgeschlossen sein, wenn sie zum Beispiel keine
Sirenen hören können.
Dasselbe gilt für bewaffnete Konflikte. „Wir haben eine besondere Rolle für
Menschen in Konfliktregionen“, sagt Abdullah II. bin al-Hussein, König von
Jordanien, bei der Gipfel-Eröffnung. „Menschen mit Behinderung sind dort
besonders verwundbar – im Kongo, der Ukraine oder Gaza.“
## Lob für Jordanien
Jordanien sei „ein Pionier in Sachen Inklusion von Menschen mit
Behinderung“, betonte der geschäftsführende Bundeskanzler Scholz.
Tatsächlich ist Jordanien eines der ersten Länder gewesen, welche die
UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderungen (UN-BRK)
unterzeichnet haben.
Die Konvention trat am 3. Mai 2008 in Kraft. Jordanien unterzeichnete noch
im selben Monat und ratifizierte sie im März 2009. Dennoch sei seitdem
nicht genug getan worden, sagte König Abdullah. „Wir haben noch viel Arbeit
vor uns, bis Menschen mit Behinderung reisen, in die Schule gehen,
arbeiten, wählen und unabhängig leben können.“
Für wirkliche Verbesserungen sei es aber essentiell, Menschen mit
Behinderungen in alle Prozesse mit einzubeziehen, so Scholz. Der Weltgipfel
nehme eine Kontrollfunktion für die Umsetzung der UN-BRK weltweit ein. Über
4.000 Menschen aus rund 100 Ländern nehmen Teil, darunter
Vertreter:innen aus Selbstvertretungen von Menschen mit Behinderung,
Politik, Wirtschaft, Zivilgesellschaft und NGOs. „Trotz aller Bemühungen
machen wir in manchen Fällen sogar Rückschritte“, warnte die
stellvertretende UN-Generalsekretärin Amina J. Mohammed in einer
Videobotschaft.
Politiker:innen wie US-Präsident Donald Trump stellen nicht nur die
Inklusion, sondern auch die Entwicklungszusammenarbeit infrage. Deren
Bedeutung betonte die geschäftsführende Bundesentwicklungsministerin Svenja
Schulze beim Gipfel. Eine besondere Führungsrolle Deutschlands beim Thema
Inklusion in der Entwicklungszuammenarbeit lehnte Schulze dabei ab: „Alle
Staaten haben Herausforderungen, keiner ist inklusiv. Ich wünsche mir mehr
Führungsrolle von allen Ländern.“
„Auf dem Weltgipfel wird der Grundstein für eine bessere Zukunft für alle
gelegt, insbesondere für Menschen mit Behinderung“, betonte Nawaf Kabbara,
Präsident der International Disability Alliance. Rückschritte dürfe man
nicht zulassen: „Wir wissen um die Kürzungen, es gibt kein Zurück“. Der
GDS, so Kabbara, sei eine „Möglichkeit, die Kooperation zwischen allen
Partnern zu stärken“. Zusammenarbeit sei der Kern des Weltgipfels.
„Die Worte von Olaf Scholz auf dem Gipfel dürfen keine leeren Versprechen
bleiben“, kommentierte der Linksfraktionsvorsitzende Sören Pellmann den
Auftritt des Kanzlers auf dem Weltgipfel. Nötig seien spürbare Fortschritte
für eine inklusive Gesellschaft in Deutschland, für die Schaffung von
Barrierefreiheit und umfassende Teilhabe sowie die Beteiligung der
Behindertenorganisationen in der internationalen Zusammenarbeit und
Entwicklungspolitik. „Nötig sind auch mehr Mittel für die Entwicklungshilfe
statt Kürzungen im Haushalt des dafür zuständigen Bundesministeriums“,
sagte Pellmann.
2 Apr 2025
## AUTOREN
DIR Marco Fründt
## TAGS
DIR Inklusion
DIR Kongress
DIR Menschen mit Behinderung
DIR Olaf Scholz
DIR Svenja Schulze
DIR Jordanien
DIR Sören Pellmann
DIR Leben
DIR Entwicklungszusammenarbeit
DIR Inklusion
DIR UN-Behindertenrechtskonvention
DIR Inklusion
## ARTIKEL ZUM THEMA
DIR Menschen mit Behinderung: In der Sackgasse: Werkstatt
Statt Menschen mit Behinderungen zu fördern, halten Werkstätten sie
systematisch klein. Sie werden als billige Arbeitskräfte missbraucht.
DIR Menschen mit Behinderung: Starke Zusagen für globale Inklusion
Der dritte Global Disability Summit endet in Berlin mit großen Versprechen.
Entwicklungsministerin Svenja Schulze spricht von einem „Durchbruch“.
DIR Global Disability Summit: Menschen mit Behinderung leben laut Studie deutlich kürzer
Eine Unicef-Untersuchung sieht weltweit Defizite bei der Inklusion. Der
Gipfel für die Rechte von Menschen mit Behinderungen soll daran etwas
ändern.
DIR Weltgipfel für Menschen mit Behinderung: Entwicklungszusammenarbeit braucht Inklusion
Am Mittwoch beginnt der Global Disability Summit. Im Fokus steht die
Entwicklungszusammenarbeit, in der Behinderung noch immer nicht bedacht
werde.
DIR Inklusives Fußballteam Bremen United: „Ihr seid eine Bereicherung für die Liga“
Auch eine 1:30-Niederlage ist dem inklusiven Team vom Bremen United egal.
Sie spielen in der Wilden Liga Bremen, abseits des Vereinsfußballs.