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       # taz.de -- „Star Wars“-Serie „Andor“: Guerillakrieg der Sterne
       
       > In der neuen Staffel „Star Wars: Andor“ wird das Franchise in die Saga
       > einer antifaschistischen Revolution verwandelt. Gegenwärtiger war „Star
       > Wars“ nie.
       
       X-Wing-Kampfschiffe erheben sich von geheimen Rebellenstützpunkten über die
       Baumwipfel. Weiß gepanzerte Sturmtruppen legen Blaster an – und an einem
       fremden Himmel schwebt bildschirmfüllend die Baustelle des Todessterns.
       Die Ikonografie sitzt wie angegossen bei der zweiten und abschließenden
       Staffel von „Andor“. Aber während Gänsehaut bei „Star Wars“ ja fast schon
       erwartbar ist, geht es dieser Serie noch um etwas Aufregenderes: um ein
       handfestes Gefühl dafür, was Rebellion eigentlich heißt, wenn es ernst
       wird.
       
       Schon die erste Staffel „Andor“ war ein absoluter Liebling von
       Kritiker:innen und Fans, eben weil die Show eine moderne und politische
       Perspektive auf das durchgenudelte Franchise bot. Zu erwarten war das
       nicht. Als unmittelbare Vorgeschichte von Gareth Edwards’ [1][Spielfilm
       „Rogue One“] aus dem Jahr 2016 ist „Andor“ das Prequel des Prequels des
       allerersten Star-Wars-Films: formal ein Lückenfüller, den Show-Runner Tony
       Gilroy in die aufwühlende Saga einer antifaschistischen Revolution
       verwandelte. Ausgerechnet heute, ausgerechnet unter dem Label eines
       Unterhaltungskonzerns wie Disney.
       
       Statt Lichtschwertern und Edelmut geht es hier um Barrikadenkämpfe und
       Attentate. Im Zwangsbündnis der Rebellion reiben sich reguläre Verbände an
       Partisan:innen, durchgeknallte Anarchos an selbstgerechten
       Republikaner:innen. Und es ist auch keine bloße Erfindung imperialer
       Propaganda, wenn manche Heldentaten unter Anleitung dubioser Hintermänner
       und Agents Provocateurs als Terrorismus gelten.
       
       Oft parallel geschnitten, erzählt die Serie, wie sich das Personal des
       Imperialen Nachrichtendienstes auf Geheimkonferenzen gegenseitig ausbootet,
       während auch Splittergruppen der Rebellion einander in irgendwelchen
       Dschungeln das Leben zur Hölle machen. Mit der zweiten Staffel lässt
       „Andor“ nun auch die abenteuerlicheren Episoden hinter sich, um sich noch
       mehr auf seelische Zerrüttungen im Untergrund zu konzentrieren.
       
       ## Traumata und Paranoia
       
       Klar ist immer noch spannend, wie Titelrolle Cassian Andor (Diego Luna) mit
       falschen Identitäten hantiert, Raumschiffe klaut oder isolierte
       Widerstandszellen vernetzt – wirklich erschüttert sind aber die immer
       bittereren Entscheidungen, Traumata und Paranoia. War der Auftakt eine
       willkommene Frischzellenkur für [2][„Star Wars“], darf „Andor“ mit der
       zweiten Staffel als Genre-Meilenstein für den ganzen politischen
       Agententhriller gelten.
       
       Allerdings: Obwohl hier keine Illusionen darüber aufkommen, wie dreckig das
       ist, „was getan werden muss“ – zum Fanal des Widerstands wird nicht die
       Beseitigung irgendeiner imperialen Charaktermaske, sondern eine Rede der
       idealistischen Senatorin Mon Mothma (Genevieve O’Reilly) über die Wahrheit
       im parlamentarischen Streit: gegen die Lüge und für Hoffnung in Zeiten, die
       wenig Grund dafür geben. Gegenwärtiger hat sich „Star Wars“ nie angefühlt.
       
       Und ansehnlicher war’s auch selten. Statt Effektfeuerwerken setzt die Show
       auf präzise Kameraarbeit mit psychologischem Gespür für Dialog und
       Atmosphäre. In Krisenmomenten (und davon gibt es viele) werden beklemmende
       Paranoia und nagende Selbstzweifel in immer engeren Bildausschnitten
       geradezu fühlbar, während auch Actionszenen durch harte Schnitte und
       Wackelkamera zu Stress und Chaos eskalieren.
       
       Zwischen improvisierten Hütten von Wanderarbeiter:innen in endlosen
       Kornfeldern und imperialen Großraumbüros erstrecken sich schon im Wortsinn
       Welten. Doch sie alle wirken sonderbar vertraut. Ob nun bei der Hochzeit im
       galaktischen Zentrum die Kostüme zwischen römischer Antike und [3][dem
       Großen Gatsby] changieren, oder ob in den Kolonien die Mäntel von
       Demonstrant:innen an die 1940ern erinnern: Sie kommt einem doch
       bedrohlich nah, diese gar nicht so „weit, weit entfernte Galaxis“.
       
       22 Apr 2025
       
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