# taz.de -- Schleuserkriminalität: Vom Elend geschlossener Grenzen
> Ein 24-jähriger Mann ist der Hilfeleistung bei einer Schleusung
> angeklagt. Vor dem Kriminalgericht Moabit begann am Mittwoch sein
> Prozess.
IMG Bild: Aus dem Verkehr gezogen: ein Polizist winkt einen Transporter von der Landstraße
Berlin taz | Der Markt boomt für Schleuser*innen. Das liegt nicht zuletzt
an der zunehmend strikten Migrationspolitik, die fast alle legalen
Fluchtwege verstellt. Doch wo ein Wille ist, da ist ein Weg – und sei er
noch so gefährlich. [1][Fast täglich greift die Polizei] Geflüchtete auf,
ob in der Bahn, im Bus oder auf der Ladefläche eines Transporters.
Am Mittwoch wurde ein solcher Fall vor dem Kriminalgericht in Moabit
verhandelt. Dem Angeklagten Abdulrahman M. wird Hilfeleistung bei einer
Schleusung vorgeworfen. Darauf stehen bis zu zehn Jahre Haft, in minderen
Fällen auch eine Geldstrafe. Der damals 21-jährige Syrer soll einen
Transporter gemietet haben, der im August 2022 mit 27 afghanischen und
syrischen Geflüchteten auf der Ladefläche von Ungarn in die Slowakei fuhr.
Von da aus sollte es weiter über Österreich nach Deutschland gehen.
Die Geflüchteten hätten sich auf engem Raum gedrängt, ohne Möglichkeit,
sich anzuschnallen und ohne genügend Luft zum Atmen. Dies sei eine „das
Leben gefährdende Behandlung der Geschleusten“, die der Angeklagte
billigend in Kauf genommen habe, so der Staatsanwalt. Dafür habe er eine
„Vergütung in unbekannter Höhe“ erhalten.
Entdeckt wurde der Wagen nach einem Unfall in der Slowakei, erzählt ein
Polizeiermittler. Die Gruppe aus dem Transporter habe sich aufgeteilt.
Während die einen sich versteckten, seien die anderen in einen
österreichischen Mercedes gestiegen.
Der Fahrer dieses Wagens ist als Zeuge geladen. Er erzählt, die Polizei
hätte das Auto 30 Minuten lang verfolgt und dann auf die Hinterreifen
geschossen. Warum er denn geflohen sei, fragt der Richter. „Ich hatte
Angst“, sagt der 37-jährige Syrer, sein Beifahrer hätte keine gültigen
Papiere gehabt.
Unklar ist, ob Abdulrahman M. den verunfallten Wagen nur mietete oder auch
selbst als Fahrer an der Schleusung beteiligt war.
Als Zeuge befragt wird auch der Vermieter des Transporters, den M.
angemietet hatte. Das sei nicht das erste Mal gewesen, dass einer seiner
Transporter für mutmaßlich dubiose Geschäfte ausgeliehen wurde. Nach
einigen Telefonaten meldeten sich M. und seine Komplizen nicht mehr. Der
Autoverleiher entschied sich zur Anzeige.
Nun, fast drei Jahre später, sitzt Abdulrahman M. in Lederjacke und Jeans
auf einem grauen Stuhl im Saal A572 des Kriminalgerichtes. Hinter ihm sitzt
ein Übersetzer, den er aber nicht in Anspruch nimmt. Er habe lange keinen
Ausbildungsplatz gefunden, erzählt er, sich von Praktikum zu Praktikum
gehangelt. Nun endlich habe er die Aussicht auf einen Job als Friseur. Er
sei verheiratet, seine Frau sei schwanger. Zu den Tatvorwürfen aber sagt er
nichts.
Wie es den 27 Geflüchteten von der Ladefläche erging, wurde beim
Prozessauftakt nicht erörtert. Darum soll es am nächsten Mittwoch gehen,
wenn voraussichtlich auch das Urteil verkündet wird.
23 Apr 2025
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## AUTOREN
DIR Klarissa Krause
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