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       # taz.de -- Menschen mit Behinderung: In der Sackgasse: Werkstatt
       
       > Statt Menschen mit Behinderungen zu fördern, halten Werkstätten sie
       > systematisch klein. Sie werden als billige Arbeitskräfte missbraucht.
       
   IMG Bild: Oft sind Menschen mit Behinderung billige Arbeitskräfte mit beschränkten Rechten
       
       In einem Land, das sich Inklusion auf die Fahnen schreibt, bleibt eine
       Realität weitgehend unangetastet: die der Werkstätten für behinderte
       Menschen. Offiziell sind sie Orte der Förderung, Beschäftigung, Teilhabe.
       In der Praxis jedoch sind sie für viele das genaue Gegenteil – eine
       institutionalisierte Sackgasse, [1][die Menschen nicht stärkt, sondern
       festhält].
       
       Tag für Tag arbeiten dort Hunderttausende Menschen mit Behinderung für
       wenige Euro je Stunde – ohne echte Perspektive auf den allgemeinen
       Arbeitsmarkt. Ihre Tätigkeiten sind oft produktiv, wirtschaftlich relevant,
       gut organisiert, aber nicht gerecht entlohnt. Das ist kein Versehen,
       sondern hat System. Denn hinter der Fassade der Fürsorge wirkt eine andere
       Logik: die ökonomische.
       
       Werkstätten sind nicht nur soziale Einrichtungen – sie sind Teil eines
       Marktes. Ein Markt, der günstig produziert, staatlich subventioniert wird
       und für Unternehmen attraktive Outsourcing-Modelle bietet. Menschen mit
       Behinderung sind in diesem System billige Arbeitskräfte mit beschränkten
       Rechten.
       
       Dabei beginnt die Ausgrenzung nicht erst bei der Entlohnung, sie beginnt
       bei der Haltung. Über die Jahre entsteht in vielen Werkstätten eine Kultur
       der stillen Anpassung. Menschen übernehmen Routinen, verinnerlichen
       Erwartungen, ohne dass sie je gefragt werden, was sie selbst wollen. Statt
       Selbstbestimmung erleben sie ein System, das sie beschäftigt, aber nicht
       bewegt.
       
       Das [2][eigentliche Leben, mit all seiner Vielfalt, seinen Freiheiten,
       findet außerhalb statt]. Auch der Alltag verläuft in betreuten Schleifen:
       sicher, strukturiert, aber oft auch einsam, reglementiert, still. Es ist
       ein Leben in der Obhut, nicht in der Öffentlichkeit.
       
       So entsteht ein stiller Konsens: Bleib, funktioniere, sei dankbar. Nicht
       weil es gut ist, sondern weil es keinen anderen Weg zu geben scheint. Wenn
       wir [3][wirklich Inklusion wollen], dann müssen wir unser Bild vom Menschen
       mit Behinderung grundsätzlich hinterfragen – nicht als Objekt der Hilfe,
       sondern als gleichberechtigtes Subjekt mit Rechten, Träumen und dem
       Bedürfnis, nicht verwaltet, sondern befähigt zu werden.
       
       24 Apr 2025
       
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