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       # taz.de -- Whistleblower Frank Søholm Grevil: In Flensburg gestrandet
       
       > Frank Søholm Grevil entlarvte 2004 die Irakkrieg-Lüge des dänischen
       > Ministerpräsidenten. Heute lebt er in Flensburg und ist von
       > Obdachlosigkeit bedroht.
       
   IMG Bild: Nicht gerade so, wie man sich einen Geheimdienstoffizier vorstellt: Frank Grevil in jüngeren Jahren
       
       Rendsburg taz | Zwei Staaten, zwei Rechtssysteme und ein Mann, der zwischen
       beiden in der Klemme sitzt: Frank Søholm Grevil entlarvte einst einen
       dänischen Ministerpräsidenten als Lügner. Heute lebt der ehemalige
       Geheimdienstoffizier in Flensburg und steht wegen psychischer und
       Suchtkrankheiten unter Betreuung. Doch Betreuung über die Grenze hinweg ist
       schwierig. Nun droht dem 65-Jährigen die Obdachlosigkeit.
       
       „Frank steckt in der Falle“, sagt Armin Wolff, der gesetzliche Betreuer des
       dänischen Staatsbürgers. Das Problem nimmt kafkaeske Ausmaße an: Grevil hat
       Mietschulden und könnte daher aus seiner Wohnung geklagt werden.
       
       Normalerweise ist in so einem Fall das Wohnungsamt der Stadt Flensburg
       zuständig. Mit dem Amt sei er in Kontakt, berichtet Wolff. Aber es fehlen
       Dokumente, vor allem ein Einkommensnachweis.
       
       An den und ein mögliches Guthaben auf einem dänischen Konto kommt der
       Betreuer aber nicht heran: „Die dänische Bank erkennt meine Vollmacht nicht
       an.“ Auch das dänische Konsulat konnte nicht weiterhelfen, erzählt Wolff.
       Auf seine Anfrage wurde ihm gesagt, dass sich der Sozialstaat um Grevils
       Unterbringung kümmern würde, wenn der denn in Dänemark lebte. Für jemanden,
       der sich in Deutschland aufhalte, gebe es aber keine konkrete Hilfe. Einen
       Umzug könne Grevil in seinem aktuellen Gesundheitszustand aber nicht
       organisieren, sagt sein Betreuer.
       
       Dass staatliches Handeln nicht immer hilft, sondern sogar gegen Menschen
       gerichtet sein kann, hat Frank Grevil vor mehr als zwei Jahrzehnten
       herausgefunden. Anfang der 2000er Jahre wollte die US-Regierung einen
       Regimewechsel im Irak. Im März 2003 startete eine Invasion, an der sich
       auch Dänemark beteiligte. Die offizielle Begründung für den Krieg lautete,
       dass der Irak zum damaligen Zeitpunkt Massenvernichtungswaffen herstellte
       oder besaß. Angeblich gab es dafür geheimdienstliche Beweise.
       
       Auf diese Beweise berief sich auch Dänemarks Ministerpräsident Anders Fogh
       Rasmussen von der konservativen Venstre-Partei. Doch im Jahr 2004 wandte
       sich ein Offizier des dänischen Auslandsnachrichtendienstes an die Presse.
       Er hatte irakische Dokumente untersucht und dort keinen Beleg für Waffen
       gefunden. [1][Dieser Offizier war Grevil.] „Ich hatte genug von diesem
       Lügenkonstrukt“, sagt er in der [2][dänischen Dokumentation „Being Frank“],
       die sein Leben nach seiner Tat zeigt.
       
       Der Staat reagierte mit Härte: Grevil wurde für den Geheimnisverrat zu
       einer mehrmonatigen Gefängnisstrafe verurteilt. Vor Beginn der Strafe
       sorgte er sich vor allem um seine damals noch minderjährigen Kinder, die
       der Witwer allein betreut. „Ich weiß nicht, ob die Minister sich noch an
       meinen Namen erinnern, aber klar ist, dass sie Rache wollen“, sagt er in
       dem Film.
       
       Heute sei der frühere Geheimdienstoffizier schwer krank, berichtet sein
       Betreuer Wolff. Für ihn ist es ein Skandal, dass jemand, der aus Liebe zur
       Wahrheit seine Stellung riskiert hatte, nun in dieser Lage sei: „Öffentlich
       werden [3][Whistleblower] gelobt, aber wenn es später schwierig wird, ist
       niemand für sie da.“
       
       Aktuell läuft ein Amtshilfeverfahren, um die Bank zu bewegen, die Vollmacht
       des Betreuers anzuerkennen. Wolff hofft, dass die amtlichen Mühlen schnell
       genug mahlen, um Grevil die Obdachlosigkeit zu ersparen.
       
       27 Apr 2025
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://grevilsupport.dk/uk_version.html
   DIR [2] https://www.cultureunplugged.com/documentary/watch-online/play/4243/Being-Frank
   DIR [3] /Whistleblower/!t5008036
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Esther Geißlinger
       
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