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       # taz.de -- Tödlicher Polizeieinsatz in Oldenburg: Schon wieder kam ein junger schwarzer Mann ums Leben
       
       > Hätte der Tod verhindert werden können? Hoffnung machen die Initiativen,
       > die unermüdlich für Aufklärung kämpfen – sie geben keine Ruhe.
       
   IMG Bild: Blumen und Kerzen als Zeichen der Trauer um den jungen Mann, der in Oldenburg von der Polizei erschossen wurde
       
       Beim für so viele erdrückenden Thema der (tödlichen) Polizeigewalt gibt es
       seit wenigen Jahren eine positive Entwicklung, die – zwar vorsichtig, aber
       immerhin – ein wenig Hoffnung macht. Überall dort, wo in den vergangenen
       Jahren Menschen durch Polizeigewalt gestorben sind, tauchten kurze Zeit
       später Initiativen auf, die Aufklärung einfordern, Erinnerung pflegen und
       trotz eines staatlichen und gesellschaftlichen Widerstands keine Ruhe
       geben. So auch nach den aktuellen Ereignissen in Oldenburg.
       
       Am vergangenen Wochenende wurde nach einer mutmaßlichen Auseinandersetzung
       vor einer [1][Diskothek der 21-jährige Lorenz von einem Polizisten
       erschossen.] Laut einem ersten Obduktionsbericht wurde der in Oldenburg
       aufgewachsene Schwarze Jugendliche von vier Kugeln getroffen, drei davon
       kamen von hinten. Die Schüsse sollen Lorenz an der Hüfte, am Oberkörper und
       am Kopf getroffen haben.
       
       Laut verschiedenen Erhebungen gibt es pro Monat mehr als einen
       vergleichbaren Fall in Deutschland: Menschen werden erschossen, sie sterben
       in Polizeigewahrsam, es folgt zu oft keine Aufklärung, die Täter*innen
       erleben selten Konsequenzen. Im Gegenteil: Das Zusammenspiel einiger
       Polizeibehörden, der Innenpolitik, Polizeigewerkschaften und einiger Medien
       stellt die getöteten Opfer oft als „gefährlich“ dar, möchte einer breiten
       Öffentlichkeit erklären, dass Polizist*innen stets in Notwehr handeln,
       wenn sie zu tödlicher Gewalt greifen. Unzählige journalistisch
       rekonstruierte Fälle und die polizeikritische Wissenschaft sehen das
       anders.
       
       Sie haben ein System hinter der Polizeigewalt herausgearbeitet, das
       unzählige Menschen in den vergangenen Jahrzehnten routiniert das Leben
       gekostet hat. Aber genau in diesem Zerren um die Deutungshoheit ist eine
       positive Entwicklung zu erkennen. Zur Realität gehört, dass die Polizei in
       Deutschland weiterhin eine hegemoniale Macht genießt. Auch im Fall von
       Lorenz aus Oldenburg springen auf sozialen Medien viele Deutsche
       automatisiert der Polizei bei. Im Sinne von: alles gut so, wie es
       abgelaufen ist.
       
       ## Konnte der Tod verhindert werden?
       
       Dabei sind viele Fragen nicht annähernd geklärt: Was würde ein
       Sekundenprotokoll der Tatnacht über die mutmaßlich unverhältnismäßige
       Gewaltanwendung durch den polizeilichen Schützen aussagen? Spielte ein
       rassistisches Motiv eine Rolle? Welche Ideologie hat der Polizist und seine
       Entourage bisher geprägt? Konnte dieser Tod, so wie viele andere davor,
       vielleicht verhindert werden?
       
       Genau diese und viele andere unangenehme Fragen stellen viele
       Aktivist*innen und vor allem engagierte Angehörige mittlerweile in ganz
       Deutschland: Die Schwester des in Polizeigewahrsam verstorbenen, psychisch
       erkrankten Ante P. aus Mannheim kämpft seit Jahren für eine Aufarbeitung
       des Falls und gegen das Vergessen, in Dortmund sorgten Aktivist*innen
       dafür, dass die Angehörigen von [2][Mouhamed Dramé] zumindest dem Prozess
       beiwohnen konnten, in Bremen machen Freiwillige seit Jahren
       Öffentlichkeitsarbeit im Fall [3][Mohamed Idrissi], und ohne die
       „Initiative in Gedenken an [4][Oury Jalloh“] wäre der grausame Tod des Oury
       Jalloh in einer Dessauer Polizeiwache längst vergessen.
       
       Das sind nur wenige Beispiele, die zeigen, dass längst eine kritische
       Öffentlichkeit erwachsen ist, die es den staatlichen Stellen,
       polizeifreundlichen Medien und der Polizei-Lobby selbst nicht mehr so
       einfach macht. Es werden kritische Texte gelesen und geteilt,
       Demonstrationen werden organisiert und das nicht nur an Jahrestagen, ganze
       Kongresse werden auf die Beine gestellt, Wissen wird ausgetauscht. Die
       Vernetzung der Betroffenen und Ehrenamtlichen hat sich längst verstetigt.
       
       Auch in Oldenburg formierte sich innerhalb von wenigen Stunden eine zivile
       Bewegung in der Stadt. Für das Wochenende hat sie schon eine Demonstration
       angekündigt, Angehörige und Freund*innen von Lorenz schreiben in
       emotionalen Nachrichten, dass sie trauern und zugleich selbst für eine
       lückenlose Aufklärung sorgen wollen.
       
       ## Wachsende Polizeikritik
       
       Die wird derweil von der niedersächsischen Innenpolitik, Polizei und Justiz
       versprochen. Früher versandeten diese Versprechen meist in einem System,
       das unter allen Umständen die Polizei in Watte einpacken möchte. Mit der
       weiter wachsenden Polizeikritik in der Gesellschaft wird das nicht mehr so
       einfach gehen.
       
       23 Apr 2025
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Toedlicher-Polizeieinsatz-in-Oldenburg/!6083773
   DIR [2] /Erschossener-Gefluechteter-Mouhamed-Drame/!6054353
   DIR [3] /Ermittlungen-im-Fall-Mohammed-Idrissi/!5770406
   DIR [4] /Tod-in-Dessauer-Polizeizelle/!6053758
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Mohamed Amjahid
       
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