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       # taz.de -- Parlamentswahlen in Kanada: Wer kann Trump die Stirn bieten?
       
       > Nirgendwo in Kanada hat Trumps Zollpolitik mehr Ängste geschürt als in
       > der Automobilindustrie. In zwei Autostädten prägt das die Parlamentswahl.
       
   IMG Bild: „Ford City“ war einmal: Überall im kanadischen Windsor erinnern Wandbilder an die Blütezeit der Autostadt
       
       Windsor und Ingersoll (Ontario) taz | Drew Dilkens ist im Interviewfieber.
       Seit Wochen reißen die Anfragen nicht ab: CNN, NPR, Fox, BBC, alle wollen
       sie mit ihm sprechen. Noch nie haben sich so viele Menschen für seine Stadt
       und seine Person interessiert. Seine Stadt, das ist Windsor, in der
       kanadischen Provinz Ontario. Dilkens ist ihr Bürgermeister.
       
       Am Mittwochnachmittag um 16 Uhr sitzt er im grau karierten Anzug im Rathaus
       am Ende eines langen Konferenztisches, lächelt ein charismatisches Lächeln
       und zählt seine Kampfstrategien gegen Donald Trumps Zollpolitik auf: „Für
       uns Kanadier wurde es ernst, als er zum zehnten Mal sagte, wir sollen der
       51. US-Bundesstaat werden. Irgendwann beginnt man sich zu fragen: meint er
       das vielleicht so?“
       
       Lange galten die Schwesterstädte Detroit und Windsor mit ihren Autofabriken
       und den Zulieferbetrieben als Motor des Versprechens auf Stabilität und
       lebenslangen Wohlstand. Windsor sei Detroits größter Vorort, scherzte man
       früher. Von hier aus blickt man übers trübblaue Wasser des Detroit-Rivers
       auf die Skyline, kann den amerikanischen Nachbar:innen am anderen Ufer
       in Detroit zuwinken. Aber vielen Menschen ist in diesen Tagen nicht nach
       Winken zumute. Nirgendwo [1][in Kanada hat die Zollpolitik Donald Trumps]
       mehr Ängste geschürt als in der Automobilindustrie. „Wenn du deinem engsten
       Handelspartner den Boden unter den Füßen wegziehst und dabei Lügen
       erzählst, um dieses Verhalten zu rechtfertigen, ist das Verrat“, sagt
       Dilkens.
       
       [2][Am Montag, den 28. April, wählen die Kanadier:innen ein neues
       Parlament.] Vergangenen Freitag eröffneten die Wahllokale für die
       frühzeitige Stimmabgabe. Teilweise mussten Wähler:innen eine Stunde
       Schlange stehen, um ihre Stimme abzugeben. Die dringlichste Frage, die auch
       die Menschen in Windsor beschäftigt, ist: Wer kann dem Tyrannen Trump die
       Stirn bieten?
       
       Im Januar hatte der [3][Liberale Justin Trudeau, der seit 2015
       Premierminister war, seinen Rücktritt verkündet.] Wegen nicht gehaltener
       Wahlversprechen, knappen Wohnraums und steigender Preise waren er und seine
       Partei immer unbeliebter geworden. Trudeaus Nachfolger Mark Carney ist seit
       Mitte März im Amt. Mit dem ehemaligen Zentralbankchef sind die Liberalen
       wieder im Aufwind.
       
       Carneys Gegenspieler ist der Konservative Pierre Poilievre, der manchmal
       auch als Mini-Trump bezeichnet wird. Denn lange hat er eine simple
       Botschaft verbreitet, kopierte gerne Trumps populistische Rhetorik: Kanada
       sei ein kaputtes, von Trudeau zugrunde gerichtetes Land. Noch im Januar lag
       seine Partei in Umfragen 25 Prozentpunkte vorne.
       
       Der Sieg der zentristischen Liberalen Partei schien lange unmöglich. Wäre
       Trudeau noch einmal angetreten, hätte er keine Chance gehabt. Poilievres
       Lieblingsthema war die landesweite CO2-Steuer. Trudeau hatte sie 2019 für
       Privatpersonen und Industrie eingeführt, um Benzin, Diesel und Erdgas zu
       belasten und Klimaschutz voranzutreiben. Viele Kanadier:innen empfanden
       die Steuer trotz Rückvergütungen als finanzielle Zumutung. Mark Carney hat
       sie kürzlich für Privatpersonen wieder abgeschafft: ein strategisch kluger
       Schachzug und gleichzeitig ein Bruch mit der bisherigen Klimapolitik der
       Partei.
       
       Dann kam Trumps Zollkrieg. Und plötzlich schienen viele Kanadier:innen
       zu begreifen: Wir wollen keinen zweiten Trump. Inzwischen liegen die
       Liberalen rund 5 Prozentpunkte vor den Konservativen.
       
       Fast nirgendwo in Kanada ist die Arbeitslosigkeit so hoch wie in Windsor.
       Seit Henry Ford 1904 beschloss, einen robusten und bezahlbaren Wagen für
       alle zu bauen, sind das Schicksal und die Identität der Stadt mit den Höhen
       und Tiefen der Automobilindustrie verbunden. An jeder Ecke erinnern
       Wandbilder und Denkmäler an die Blütezeit der Autostadt. Windsor strahlt
       etwas Unprätentiöses aus. Hier ist man as blue-collar as it gets,
       Arbeiterklasse im besten Sinne.
       
       Auch die Geschichte der Familie von Bürgermeister Dilkens ist eng mit der
       Autoindustrie verbunden, wie bei vielen Menschen hier. Sein Vater arbeitete
       fast vierzig Jahre lang als Rohrleger in der Fabrik von Chrysler. 1980
       stand das Unternehmen kurz vor dem Bankrott, Hunderttausende Arbeitsplätze
       hingen am seidenen Faden. Auch der von Dilkens’ Vater. Er erinnert sich,
       dass die ganze Familie 1980 vor dem Schwarzweißfernseher in der Küche
       zusammenkam und mitfieberte, wie US-Präsident Jimmy Cartner ein
       Kreditabkommen mit Chrysler unterzeichnete. Dilkens war damals erst acht
       und verstand die Bedeutung dieses Momentes nicht. Sein Vater wirkte nervös.
       Als das Weiße Haus den Deal verkündete, sprang er auf und umarmte die
       Mutter stürmisch. „In meinem ganzen Leben habe ich ihn nie so glücklich
       gesehen.“
       
       Dilkens ist kein Populist wie Poilievre. Trotzdem unterstützt er die
       Konservativen, wegen ihrer Wirtschaftspolitik. Die Liberalen hätten in neun
       Jahren Regierung viel Schaden angerichtet und ihr Kandidat Carney hätte
       keinerlei Regierungserfahrung, sagt Dilkens. Nur ein Konservativer wie
       Poilievre könne Trump auf Augenhöhe gegenübertreten und etwas für Kanada
       erreichen. Seine Gemeinde arbeite hart daran, die Wirtschaft zu stärken:
       damit kein Familienvater in dieser Arbeiterstadt um seine Existenz zittern
       müsse.
       
       Blake Roberts, Fernsehjournalist und Politologe, ist seit Jahren Freund des
       Bürgermeisters.„Drew ist intuitiv und ein sehr guter Politiker. Er geht
       aggressiv vor, um gute Investoren für Windsor an Land zu ziehen. Manche
       sagen, er neige zur Autokratie“, sagt er bei einem Kaffee in der
       Innenstadt. Roberts selbst wird für die Liberalen stimmen. „Ihr Kandidat
       Mark Carney ist ein Typus Angela Merkel“, sagt er. „Er gibt einem das
       Gefühl: Auf den kann ich mich verlassen.“
       
       So ist Kanada: Man pflegt Freundschaften in andere politische Lager und
       diskutiert miteinander. Alles fühlt sich weniger feindselig, weniger
       aufgepeitscht, weniger lebensentscheidend an als auf der anderen Seite des
       Flusses. Noch ist der Hass nicht übers Ufer geweht.
       
       Dilkens betont gerne, dass er in seinem Haus [4][Solaranlagen] installiert
       hat und seine Familie zwei Elektroautos besitzt. Er ist zwar kein
       Klima-Visionär, Kanada könne die Welt und das Klima alleine sowieso nicht
       retten. Aber er weiß: Jetzt kommt es darauf an, seine Stadt für die
       Revolution von Elektroautos zu rüsten.
       
       Das letzte Großwerk der Automobilindustrie Windsors, die
       Stellantis-Chrysler-Fabrik, ähnelt einem gigantischen Legokasten.
       Flachgedeckte weiße Fertigungshallen in unterschiedlichen Größen und Formen
       reihen sich aneinander, vertikale Rohrleitungen schießen in die Höhe, drum
       herum verläuft kilometerweit ein Zaun. „Stellantis Chryslers Wap Gate I“,
       warnt ein Schild am Eingang.
       
       Mit 4.500 Beschäftigten ist Chrysler der größte Arbeitgeber der Stadt. Hier
       werden verschiedene Minivans produziert. Und seit Ende 2023 auch der
       futuristische elektrische Dodge Charger Daytona. Das ist Teil einer
       Strategie, Kanada setzt voll auf eine Zukunft mit E-Mobilität: Ein Rating
       des Medienunternehmens Bloomberg hat das Land 2024 zum attraktivsten
       Standort für die Produktion von Lithium-Ionen-Batterien erkoren, Kanada hat
       damit zum ersten Mal China überholt.
       
       Auch am Stadtrand von Windsor entsteht gerade ein neues Mega-Projekt, eine
       Fabrik für Lithium-Ionen-Akkus. Das Joint Venture zwischen Stellantis und
       dem südkoreanischen Konzern LG Energy Solution ist Dilkens großer Stolz,
       4,1 Milliarden US-Dollar werden investiert. Noch dieses Jahr soll das Werk
       in Betrieb gehen. Ausgerechnet am 3. April, dem Tag nach dem „Liberation
       Day“, an dem Trump seinen Zollzirkus verkündete, gab auch das Unternehmen
       Minth Group das Projekt einer millionenschweren neuen Produktionsanlage für
       Zubehör von Elektroautos und Hybriden in Windsor bekannt. Man denke eben
       langfristig, jenseits von Trump.
       
       Trotz der Verunsicherung durch Trump geht Windsor seinem Trott nach, als
       wäre der Zollkrieg nur ein ferner Albtraum. So richtig scheint die Regeln
       sowieso kaum jemand zu durchblicken. Wie viel ist Panikmache? Wie viel
       Realität? Wie viel fällt unter das Freihandelsabkommen? Zwei Wochen lang
       hatte man die Stellantis-Arbeiter:innen angewiesen, zu Hause zu bleiben.
       Seit Anfang der Woche sind sie in die Fabrik zurückgekehrt.
       
       Der Grund für die Pause sei ein Produktionsüberschuss gewesen, munkelt man.
       Dilkens sagt, seine Stadt spüre die wirtschaftlichen Konsequenzen von
       Trumps Zollpolitik noch nicht. „Ein Auto besteht aus über 30.000 Teilen.
       Wenn sie uns verzollen wollen, müssen jeden einzelnen Wagen erst einmal
       auseinander nehmen, um zu verstehen, wie viel in Nordamerika gefertigt
       wurde und welcher Prozentteil davon außerhalb.“ So schnell können die
       Amerikaner gar nicht sein. Dass Trump diesen Unsinn durchziehen werde,
       glaubt er nicht.
       
       Konsequent bleibt Trump dafür bei den 10 Prozent bei Stahl und Aluminium,
       die leicht zu identifizieren seien: Die Karosserie von Fords Pick-ups
       besteht aus Aluminium, importiert aus Quebec. Ford hätte sich bereits
       beschwert, dass sie die Kosten des Pick-ups um 3.000 Dollar erhöhen
       müssten.
       
       Beiderseits des Grenzflusses arbeiten Tausende in den Zulieferbetrieben,
       die Teile für die Autoproduktion herstellen. Manchmal beinhaltet eine
       Lieferkette sechs oder sieben Fahrten zwischen Detroit und Windsor. Als die
       USA neue Zölle ankündigten, wunderte man sich: Wollen sie für jede Fahrt
       Zoll? Nein, hieß es dann. Nur für das Endprodukt. Sollten die Zölle jedoch
       tatsächlich kommen, werden sie die Grenzstädte am härtesten treffen.
       
       Das weiß auch Dilkens, der zu Beginn des Zollstreits alle Hebel in Bewegung
       setzte. Er gründete die „Border Mayor Alliance“, ein Bündnis von 40
       kanadischen Bürgermeistern entlang der US-kanadischen Grenze. Regelmäßig
       zoomen sie jetzt. Sie wollen Verbündete unter den Bürgermeistern in den USA
       rekrutieren, die zum richtigen Zeitpunkt ihre Stimme erheben und Trumps
       Leute zu Vernunft bringen sollen. Erst vor Kurzem fuhr Dilkens zu einem
       Treffen mit US-Bürgermeistern nach Detroit. Dort signalisierten ihm
       Demokraten und Republikaner: Wir wollen diese Zölle nicht. Sie werden uns
       schaden.
       
       Das ländliche Ingersoll liegt zwei Autostunden östlich von Windsor. Früher
       war das Dorf einmal für seine jahrhundertelange Tradition der
       Käseproduktion bekannt, doch inzwischen sind Autos das wichtigste Produkt,
       das hier hergestellt wird. Seit 1989 betreibt der Automobilkonzern General
       Motors in Ingersoll einen Produktionsstandort. Inzwischen werden hier auch
       elektronische Lieferwagen von General Motors hergestellt.
       
       Das Zentrum von Ingersoll besteht aus einer Einkaufsstraße mit einer
       Handvoll Restaurants, ein paar Backsteinkirchen, einem [5][Cannabis-Shop],
       McDonald’s und Subway. Der Wind bläst den Plastikmüll über die Straßen. Im
       Büro der Gewerkschaft Unifor Local 88 sitzt der Gewerkschafter Brent Tree,
       62 Jahre alt. Er sagt, die elektronischen Lieferwagen hätten Potenzial,
       aber Marketing und Infrastruktur seien katastrophal. Der Markt hinke
       hinterher, sei noch nicht bereit für die Revolution der Elektroautos. Die
       Haltung der Menschen müsse sich ändern. Und solange es über lange Strecken
       hinweg nicht genug Aufladestationen für Elektroautos gäbe, hätten Menschen
       nun einmal auch kein Interesse daran, so einen Wagen zu besitzen.
       
       Tree ist ein bodenständiger Typ, seit mehr als 30 Jahren kämpft er mit
       General Motors für die Rechte der Arbeiter. In Ingersoll ist er ein
       politisches Unikat, ein Sozialdemokrat in einer konservativen Hochburg.
       Seine Partei, die NDP, die „Neuen Demokraten“, machen die drittstärkste
       Kraft im Land aus. Viele fürchten, dass sie bei diesen Wahlen ein
       historisch schlechtes Ergebnis erzielen könnten.
       
       „Rosa Sat So Ruby Could Walk So Kamala Could Run“ steht auf einem Kärtchen,
       das Trees Schreibtisch ziert – in etwa: „Rosa blieb sitzen, damit Ruby
       gehen konnte, sodass Kamala als Präsidentin kandidieren konnte“. Ein
       Andenken an die großen Symbolfiguren der Bürgerrechtsbewegung Rosa Parks
       und Ruby Bridges, die als die als erste afroamerikanische Schülerin eine
       zuvor rein weiße Grundschule im Süden der USA besuchte.
       
       Vor etwas mehr als einer Woche gab General Motors bekannt, dass es bis
       Oktober im CAMI-Werk in Ingersoll die Produktion der Elektrotransporter
       einstellen werde. Danach wolle man mit halber Kapazität weiter produzieren.
       Grund dafür seien zu niedrige Verkaufszahlen der Fahrzeuge. 450 Angestellte
       verlieren jetzt ihren Job, die Zukunft ist ungewiss. Um die Fabrik zu
       retten, kämpft Unifor Local 88 darum, der Produktion des Elektrotransporter
       ein beliebtes Produkt hinzuzufügen. Etwas, das sich verkauft.
       
       Die Nachricht über die Schließung des CAMI-Werks kam kurz nach Trumps
       Zolldrohungen. Obwohl das Timing wohl eher Zufall war, verbreitete sich im
       ganzen Land wie ein Lauffeuer das Gerücht, die Fabrik würde wegen der Zölle
       schließen. Poilievre rief Trees Gewerkschaftskollegen an, um ihm sein
       Beileid und seine tiefe Verpflichtung gegenüber der Arbeiterbewegung
       auszudrücken.
       
       Tree schnauft verächtlich. Er kann Poilievre nicht ausstehen. Der wolle
       Frauen nur am Herd sehen, glaubt er, LGTBQI-Angelegenheiten würden ihn
       sowieso nicht interessieren. Tree versteht nicht, wie die Fabrikarbeiter in
       seinem Dorf einem Kandidaten ihre Stimme geben wollen, der verspricht,
       Programme zum Klimaschutz wieder rückgängig zu machen. Warum zur Hölle
       sollten Fabrikarbeiter gegen ihre eigenen Interessen stimmen?
       
       Angesichts der Bedrohung aus den USA unterscheiden sich die Strategien der
       Parteien weniger: Mehr „Made in Canada“ kaufen, Barrieren zwischen den
       Provinzen abbauen und Binnenhandel ankurbeln, auf Trumps Zölle mit
       Gegenzöllen reagieren. Auch die Gewerkschaft Unifor hofft, die „Made in
       Canada“-Poltitik der Regierung könne bald greifen: Sie drängen auf den
       Auftrag, Elektrotransporter für die Kanadische Post im ganzen Land zu
       produzieren. Das zumindest würde sie für eine Weile aus der Bredouille
       ziehen.
       
       Bis in die 1980er Jahre bildeten die US-Gewerkschaft und die der Kanadier
       eine gemeinsame Körperschaft, doch dann trennten sie sich. Die kanadische
       Gewerkschaft formulierte ihre Forderungen schon immer aggressiver, wollte
       mehr Rechte, mehr Zugeständnisse als ihre Nachbarn. Seit Trumps Zollkrieg
       haben die Beziehungen sich noch mehr abgekühlt. Viele Gewerkschaftler auf
       der anderen Seite hätten ihn gewählt, würden ihn in seiner Schnapsidee
       unterstützen, sagt Tree. Man habe einander nicht mehr viel zu sagen. Auch
       seine Tochter lebt am anderen Flussufer in Michigan, sogar der
       Schwiegersohn habe Trump gewählt.
       
       In der Gewerkschaftszentrale, ein paar Räume neben Tree, sitzen Alyssa (30)
       und Nick (33), Eltern einer dreijährigen Tochter. Ihren Nachnamen wollen
       sie nicht veröffentlicht wissen. Bis vor Kurzem arbeiteten beide in der
       Autofabrik in Ingersoll, doch jetzt sind auch sie arbeitslos. Sie würden
       nach sieben Jahren Verlobung gerne heiraten, verreisen oder sich etwas
       Schönes kaufen, sagen die beiden: „Wir leben sehr bescheiden.“ Aber akute
       Existenzängste plagen sie nicht. Die Gewerkschaft hat erkämpft, dass sie
       zwei Jahre lang siebzig Prozent ihres Lohnes erhalten werden.
       
       Bei Fragen zu Trumps Zöllen senken sie den Blick. Sie fürchten, nicht mehr
       über die Grenze in die USA gelassen zu werden, sagen sie. „Man muss
       verhandeln“, presst Nick schließlich hervor. Und: Diese Wahl sei
       lebenswichtig. Sie unterstützen Poilievre: „Der konservative Kandidat ist
       uns Arbeitern sehr zugewandt“, sagen sie.
       
       Jetzt, wo Alyssa tagsüber nicht mehr zur Schichtarbeit muss, sondern ihre
       gesamte Zeit mit dem Kind zu Hause verbringt, zerbricht sie sich den Kopf:
       „Wer bin ich, was will ich im Leben sein?“, fragt sie. Nick spielt
       Schlagzeug und probt ununterbrochen mit seiner Band. Er träumt von einer
       Karriere als Musiker. Aber die Fabrik ist mehr als Arbeit, sie ist auch
       Heimat. Nick wusste schon nach einer Fabrikbesichtigung in der neunten
       Klasse, dass er hier arbeiten wollte, und wurde Schweißer. Alyssa kam als
       Neunzehnjährige in die Fabrik und blieb. Hier lernten sie sich kennen.
       
       Plötzlich fängt Alyssa an zu weinen, entschuldigt sich, dass sie die
       Fassung verloren hat. Sie vermisse ihre Kolleg:innen. In der ganzen Region
       leben sie zerstreut. „Wie geht es ihnen?“, fragt sie sich. Vielleicht, sagt
       sie dann, möchte sie jetzt etwas mit Beauty machen, Nägel oder Augenbrauen.
       
       27 Apr 2025
       
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