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       # taz.de -- Ausweisung von Palästina-Aktivist:innen: Es geht ums Prinzip
       
       > Am Samstag startet eine Protestwoche gegen die geplante Ausweisung von
       > vier Palästina-Aktivist*innen. Der Senat bleibt bei seinem Standpunkt.
       
   IMG Bild: In Proteststimmung: Anwalt Gorski, Aktivistin Bruns und Linken-Politiker Koçak am Freitag in Berlin-Neukölln
       
       Berlin taz | Der Linken-Bundestagsabgeordnete Ferat Koçak und mehrere
       Vertreter*innen von NGOs kündigen Protest an gegen die geplante
       Ausweisung von vier pro-palästinensischen Aktivist*innen. [1][Wie
       berichtet], wurden die polnischen, irischen und US-amerikanischen
       Staatsangehörigen von der Senatsinnenverwaltung aufgefordert, Deutschland
       bis zum 21. April zu verlassen.
       
       Massive Kritik ließ nicht lange auf sich warten, nicht zuletzt aufgrund der
       möglicherweise fehlenden rechtlichen Grundlage für den Entzug der
       EU-Freizügigkeit bei dreien von ihnen. „Dies ist der Höhepunkt der
       Repression gegen pro-palästinensische Aktivist*innen“, sagte Koçak am
       Freitag bei einer Pressekonferenz in seinem Wahlkreisbüro in Neukölln.
       
       Schon vor dem Hamas-Massaker vom 7. Oktober in Israel seien die Berliner
       Behörden restriktiv gegen Demonstrationen von arabischen und migrantischen
       Menschen vorgegangen, so Koçak weiter. Derzeit blicke man aber in einen
       „autoritären Abgrund“.
       
       Gegen die Ausweisungen soll nun eine ganze Protestwoche stattfinden. Es
       werde am Samstag einen „weltweiten Protesttag vor Deutschen Botschaften“
       geben, kündigte Hannah Bruns vom Bündnis gegen politisch motivierte
       Ausweisungen an. Am kommenden Freitag werde dann eine „Großdemo“ am
       Alexanderplatz stattfinden.
       
       ## Bislang keine Verurteilungen
       
       Den vier Aktivist*innen wird vorgeworfen, sich an der Stürmung des
       FU-Präsidiums [2][im vergangenen Oktober] beteiligt zu haben. Dabei sollen
       sie dem Senat zufolge Mitarbeiter*innen mit Äxten, Sägen und Knüppeln
       bedroht haben. Bei der Besetzung sollen Schäden im Wert von mehr als
       100.000 Euro entstanden sein. Keine*r der Aktivist*innen, heißt es,
       sei an der FU als Student*in eingeschrieben.
       
       Gegen die Aktivist*innen liegen noch weitere Strafanzeigen vor. Die
       Innenverwaltung benennt auf Anfrage aber nur die „Vorfälle an der Freien
       Universität Berlin vom 17. Oktober 2024“ als Grund für die
       Ausweisungsbescheide, die die vier Aktivist*innen Mitte März
       erreichten. Es sei zu „signifikanter Sachbeschädigung“ und weiteren
       Straftaten im Zusammenhang mit dem „Israel-Palästina-Komplex“ gekommen.
       
       Bis dato wurde keine*r der Aktivist*innen rechtskräftig verurteilt.
       Alexander Gorski von deren Anwaltsteam sagte am Freitag, man kenne „nicht
       einmal die genauen Vorwürfe“. Die Anwält*innen bekämen seit Monaten
       keine Akteneinsicht. „Ohne eine strafrechtliche Verurteilung ist der Entzug
       der Freizügigkeit nicht rechtens“, erklärte Gorski.
       
       Entzogen wurde sie den drei EU-Bürger*innen trotzdem. Eine strafrechtliche
       Verurteilung sei dafür keine Voraussetzung, so die Verwaltung von
       Innensenatorin Iris Spranger (SPD). In der Bewertung würden vielmehr die
       von einer Person ausgehende Gefahr, ihre Integration sowie der
       Aufenthaltszweck und dessen Dauer eine Rolle spielen.
       
       Das Verwaltungsgericht Berlin hat jetzt anders entschieden und die
       Ausweisung des Iren Shane O'Brien am Donnerstag gestoppt. Er darf zunächst
       bis zum Abschluss der Strafverfahren gegen ihn in Berlin bleiben. „Das kann
       gut und gern ein bis zwei Jahre dauern“, sagte Gorski. „Ich bin
       zuversichtlich, dass die anderen Eilanträge ebenso entschieden werden“,
       fügte er hinzu.
       
       ## Koçak: „Unterstütze zivilen Ungehorsam vollkommen“
       
       Auf die mutmaßlichen Straftaten der vier Aktivist*innen angesprochen,
       sagte [3][Linken-Politiker Ferat Koçak]: „Ich unterstütze zivilen
       Ungehorsam vollkommen.“ Auch er selbst habe in seiner Studienzeit an der FU
       einen Hörsaal besetzt. „Gewalt ist dennoch nicht legitim.“ Es dürfe aber
       auch keine Vorverurteilung stattfinden.
       
       „Dieses Verfahren muss erst vor Gericht entschieden werden“, erklärte der
       Bundestagsabgeordnete. Die Barrieren zur Abschiebung aufgrund von
       politischem Protest würden immer weiter sinken: „Wo soll das noch
       hinführen?“
       
       Seine Mitstreiterin Hannah Bruns äußerte sich zu den Gewaltvorwürfen gar
       nicht: „Durch die Eskalation des Berliner Senats erhöht sich auch der
       zivile Ungehorsam“, sagte sie nur.
       
       11 Apr 2025
       
       ## LINKS
       
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       ## AUTOREN
       
   DIR Klarissa Krause
       
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