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       # taz.de -- Hörvermögen: Wieso Frauen und Stadtmenschen anders hören
       
       > Eine neue Studie zeigt, dass die Wahrnehmung von Tönen sich nicht nur mit
       > dem Alter verändert. Sie unterscheidet sich generell zwischen Menschen.
       
   IMG Bild: Das Ohr und seine Umgebung machen den Unterschied
       
       Mit dem Alter lässt unser Gehör nach. Kinder und Jugendliche können noch
       hochfrequente Töne wahrnehmen, die Erwachsenen schon gar nicht mehr
       bemerken. Senior:innen brauchen oft Hörgeräte, um ihre Mitmenschen
       überhaupt noch zu verstehen. Doch das Hörvermögen hängt noch von anderen
       Faktoren ab. [1][In einer Studie der Universität Toulouse] haben Forschende
       untersucht, welche weiteren Faktoren beeinflussen, wie gut wir hören.
       
       ## Die Studie
       
       Für ihre Untersuchung sammelten die Wissenschaftler:innen Daten von
       448 Menschen aus 13 Bevölkerungsgruppen in Ecuador, England, Gabun,
       Südafrika und Usbekistan. Um die Hörleistung der Teilnehmenden zu
       bestimmen, maßen sie die Empfindlichkeit der Hörschnecke – der sogenannten
       Cochlea.
       
       [2][Dieses Hörorgan besteht aus Haarsinneszellen, die sich bewegen, sobald
       ein Schall auf sie trifft]. Dabei erzeugen sie extrem leise Geräusche, die
       man mit speziellen Mikrofonen aufzeichnen und so prüfen kann, wie gut das
       Ohr funktioniert. Auf diese Weise erstellten die Forschenden für alle
       Teilnehmenden ein individuelles Profil ihrer Cochlea-Sensibilität.
       Anschließend prüften sie die Ergebnisse auf Zusammenhänge mit körperlichen
       Faktoren wie Geschlecht oder Alter sowie äußeren Einflüssen wie Umwelt.
       
       ## Frauen hören besser als Männer
       
       Dabei fanden die Forschenden heraus, dass Frauen im Schnitt zwei Dezibel
       besser hören als Männer. Ein Unterschied, der im Alltag allerdings nicht
       bemerkbar ist. Frauen reagieren demnach empfindlicher auf Töne in allen
       Frequenzbereichen. Als mögliche Erklärung nennt die Studie hormonelle
       Abweichungen oder kleine anatomische Unterschiede der Cochlea. Frauen haben
       beispielsweise einen kürzeren Gehörgang, wodurch sie empfindlicher auf hohe
       Frequenzen reagieren.
       
       Während solche Geschlechterunterschiede in kleinerem Maße bereits bekannt
       sind, liefern die Wissenschaftler:innen eine zweite Erkenntnis, die
       umso überraschender ist. Umweltfaktoren haben einen erheblichen Einfluss
       auf unser Gehör. Am deutlichsten zeigt sich der Unterschied zwischen Stadt-
       und Landbewohner:innen.
       
       Menschen in urbanen Gegenden haben gelernt, tiefe Frequenzen wie
       Straßenlärm auszublenden – dadurch kann ihre Empfindlichkeit für ähnliche
       Tonlagen sinken, während sie höhere Töne besser wahrnehmen. Auch wie weit
       Menschen über dem Meeresspiegel wohnen, spielt eine Rolle.
       Bewohner:innen sehr hoher Gegenden hören tendenziell schlechter –
       vermutlich, weil ihr Sauerstoffgehalt im Blut geringer ist.
       
       ## Was bringt’s?
       
       Nicht nur unsere Gene, sondern auch unsere Umgebung beeinflusst, wie gut
       wir hören. Diese Erkenntnis kann dabei helfen, Hörverlust und
       [3][individuelle Lärmtoleranz] weltweit besser zu verstehen. Die
       Forscher:innen legen nahe, dass ihre Ergebnisse auch ganz praktisch
       genutzt werden können: Um Hörgeräte besser auf verschiedene
       Bevölkerungsgruppen abzustimmen.
       
       28 Apr 2025
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://www.nature.com/articles/s41598-025-92763-6#citeas
   DIR [2] /Hilfe-fuer-Gehoerlose-in-Sicht/!6013170
   DIR [3] /Der-Fluch-des-guten-Gehoers/!5644513/
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Valerie Braungardt
       
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