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       # taz.de -- Unabhängigkeit von russischem Gas: EU-Kommissar will mehr LNG aus den USA einkaufen
       
       > Der Energiekommissar der EU, Dan Jørgensen, fordert erneut mehr
       > Gas-Importe aus den USA. Das stößt aus Klima- und Sicherheitsgründen auf
       > Kritik.
       
   IMG Bild: Hier könnte auch mehr Gas aus den USA ankommen: LNG-Terminal bei Wilhelmshaven
       
       Berlin taz | Der EU-Kommissar für Energie, Dan Jørgensen, will mehr
       flüssiges Erdgas (LNG) aus den USA importieren. Das sagte er [1][dem
       Newsletter Table.Europe]. „Wir sind offensichtlich nach wie vor von
       russischem Gas abhängig. Das ist untragbar aus politischen,
       sicherheitspolitischen und moralischen Gründen“, sagte der dänische
       Politiker. Das gebe Russland die Möglichkeit, Energie „weiterhin als Waffe
       einzusetzen“. Indirekt bedeute es auch, „dass wir Putins Krieg
       mitfinanzieren“.
       
       Die EU will bis 2027 kein Öl und Gas mehr aus Russland beziehen. Derzeit
       kommt noch knapp ein Sechstel des in der EU verbrannten Gases aus Russland.
       Nach dem russischen Angriff auf die Ukraine 2022 wurde [2][zunächst
       deutlich weniger russisches Gas importiert], 2024 kauften europäische
       Unternehmen aber wieder 18 Prozent mehr Gas aus Russland als 2023.
       
       Der größte Gaslieferant ist Norwegen, das per Pipeline etwa ein Drittel des
       EU-Gasbedarfs einführt. Nach Russland auf Platz zwei folgen die USA, die 16
       Prozent der EU-Gasimporte ausmachen. Gas aus den USA muss verflüssigt als
       sogenanntes LNG eingeführt werden, weil es nicht per Pipeline transportiert
       werden kann.
       
       Das macht LNG teurer und klimaschädlicher als per Pipeline transportiertes
       Gas, weil LNG-Tanker mit fossilen Brennstoffen angetrieben werden und
       Methan bei der Verladung entweichen kann, das die Erde um ein Vielfaches
       stärker anheizt wie CO2.
       
       ## Greenpeace fordert Gas-Ausstieg bis 2035
       
       Russisches Gas mit LNG aus den USA zu ersetzen, hält Mira Jäger deswegen
       für „hochproblematisch“. Jäger ist Energie-Expertin bei Greenpeace. Wenn
       die EU ihre Klimaziele einhalten will, müsse sie bis 2035 aus der
       Gasverbrennung aussteigen, sagt Jäger.
       
       Deshalb dürften keine langfristigen Lieferverträge abgeschlossen und keine
       neue Gas-Infrastruktur errichtet werden. „Die Milliarden, die darin
       investiert werden, müssten eigentlich in den Ausbau der Erneuerbaren
       Energien fließen“, sagt Jäger.
       
       EU-Kommissar Jørgensen fordert schon seit Amtsantritt Donald Trumps mehr
       LNG-Importe aus den USA. Der US-Präsident hatte die EU Anfang April
       aufgefordert, [3][Öl und Gas im Wert von 350 Milliarden US-Dollar aus den
       USA zu kaufen]. 2024 importierte die EU für etwa 13 Milliarden US-Dollar
       LNG aus den USA.
       
       Jørgensen und die EU-Kommission können allerdings nicht selbst
       Lieferverträge mit den USA abschließen, dafür sind die gasverbrauchenden
       Unternehmen verantwortlich. Die Kommission kann höchstens Druck auf
       Unternehmen aufbauen und Regierungen anregen, neue LNG-Importterminals zu
       bauen.
       
       ## Schon jetzt zu viel Gas-Infrastruktur
       
       Einer [4][Studie der Denkfabrik Ember] zufolge werden aber bereits die
       derzeit geplanten Gas-Pipelines und LNG-Kapazitäten in Europa 2030 nur zu
       drei Vierteln ausgelastet sein, weil das Gasangebot die Nachfrage
       übersteigen wird. Das bedeute eine Verschwendung öffentlicher Gelder sowie
       unnötig hohe Kosten für Konsumenten, schreiben die Studienautor*innen.
       
       „Energiesicherheit gibt es nur, wenn Europa auf Erneuerbare umsteigt und
       die Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen abbaut“, sagte Jäger. Auch Trump
       sei [5][kein berechenbarer Handelspartner].
       
       Die LNG-Exporteure in den USA kämpfen derweil mit den Auswirkungen von
       Trumps „America first“-Wirtschaftspolitik. Sie werden von den Zöllen hart
       getroffen, weil Ersatzteile für die Gasförderung und Stahl für neue
       Exportterminals teurer werden.
       
       Außerdem will Trump sie zwingen, nur noch US-amerikanische LNG-Tanker für
       den Export zu verwenden, um den heimischen Schiffbau anzuregen. Derzeit
       gibt es aber keinen einzigen unter US-Flagge fahrenden LNG-Tanker und keine
       Kapazitäten in US-Werften, um sie zu bauen, [6][wie die Financial Times
       berichtet].
       
       28 Apr 2025
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://table.media/europe/analyse/joergensen-wir-brauchen-plaene-fuer-den-fall-dass-etwas-schief-geht/
   DIR [2] /Ende-der-liberalen-Weltordnung/!6081822
   DIR [3] /Wissenschaftlerin-zur-US-Klimapolitik/!6081981
   DIR [4] https://ember-energy.org/latest-insights/the-final-push-for-eu-russian-gas-phase-out/
   DIR [5] /Verhaftung-einer-Richterin-in-den-USA/!6081986
   DIR [6] https://www.ft.com/content/bc632c27-b598-402d-b3bf-b0b87eda528e
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Jonas Waack
       
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