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       # taz.de -- Fußball-Spektakel in Champions League: Zwischen Wirklichkeit und Traum
       
       > In einem tollen Wettstreit der Spielstile kann weder der FC Barcelona
       > noch Inter Mailand gewinnen. Die größte Show bietet der 17-jährige Lamine
       > Yamal.
       
   IMG Bild: Dann eben alleine: Lamine Jamal nimmt es mit der gesamten Inter-Abwehr auf
       
       Berlin taz | Als in der 87. Minute der Ball in hohem Bogen [1][den Fuß von
       Lamine Yamal] verließ und erst mal gar nicht mehr zu sehen war, schien die
       Nacht auf dem Montjuïc endgültig im Bereich des Surrealismus angekommen.
       Irgendwo zwischen Wirklichkeit und Traum. Ein paar Hundert Meter weiter hat
       mit Joan Miró einer der größten Meister dieser Kunst sein Museum. Im
       Olympiastadion war es Yamal, der die Betrachter mit auf eine Reise durch
       sein Werk nahm. Der Ball kam irgendwann zurück in die irdische Hemisphäre
       und plumpste auf das Lattenkreuz.
       
       Es war der finale Pinselstrich eines 3:3 zwischen Barcelona und Inter
       Mailand, das keine Entscheidung brauchte, weil nächsten Dienstag noch ein
       Rückspiel folgt. Das geneigte Sportpublikum darf sich schon darauf freuen.
       Im ersten Akt gab es ein faszinierendes Duell der Stile zu sehen, aber ohne
       böses Blut, hässliche Aktionen oder Manie, sich mit den Schiedsrichtern
       anzulegen.
       
       Barça attackierte mit dem „gesegneten Fundamentalismus“ (die Zeitung As)
       [2][seines Trainers Hansi Flick], also ohne nennenswertes Sicherheitsnetz.
       Inter verteidigte einerseits, so gut es konnte, erwies sich aber auch als
       magistral im schnellen Kontern und als imposant beim kreativen Verwerten
       von Eckbällen zu zwei Treffern.
       
       So ein Fußballspiel erlebt dann das schnellste Tor der
       Halbfinal-Geschichte, schon nach einer halben Minute durch Inters Marcus
       Thuram, und zwar nicht irgendwie, sondern mit der Hacke. So ein Spiel
       ermöglicht einem Außenverteidiger wie Inters Denzel Dumfries mit zwei Toren
       und einer Torvorlage einen undenkbaren Hattrick. Und in so einem Spiel
       feiert ein 17-Jähriger seinen bereits 100. Einsatz für Barças Profiteam mit
       einer Darbietung, die selbst seine Standards sprengt.
       
       ## Furioses Solo von Yamal
       
       Lamine Yamal also, Barcelonas Rechtsaußen. In Zahlen war er der Spieler,
       der am öftesten aufs Tor schoss, die meisten Flanken abgab, die meisten
       Dribblings gewann – sowie, gänzlich ungewöhnlich bei seiner Position, die
       drittmeisten Ballkontakte hatte. Psychologisch war er der Junge, der dieses
       Halbfinale offen hielt, als er beim Stand von 0:2 beschloss, dass er jetzt
       oft genug aufgelegt hatte, dass er es jetzt alleine mit Inters Abwehr
       aufnehmen musste. Inmitten eines Knäuels von Verteidigern startete er ein
       furioses Solo zum Anschlusstreffer, und hätte nach seiner nächsten
       Galaaktion kurz darauf nicht Inter-Torwart Yann Sommer mit den
       Fingerspitzen den Ball an die Latte gelenkt – nicht vorzustellen, wie dann
       geredet worden wäre.
       
       Schon so machte Simone Inzaghi keinen Hehl daraus, wie sehr ihn der
       Teenager beeindruckt hatte: „So ein Phänomen wird nur alle 50 Jahre
       geboren.“ Der Architekt [3][der taktisch wohl besten Mannschaft Europas]
       gestand auf sympathische Weise seine eigene Perplexität: Beim Videostudium
       zur Vorbereitung habe er sich das alles etwas machbarer vorgestellt, als es
       bei seiner ersten Begegnung mit dem Leibhaftigen dann war.
       
       Inzaghi entschuldigte damit sein Team wie sich selbst von der anfänglichen
       Hilflosigkeit gegen den Orkan Yamal. Nach dem Wechsel nahm der Trainer ein
       paar Nachbesserungen vor, und Lamine legte mal ein paar ruhige Momente ein.
       Sowieso war es eines der Spiele, in dem man über Komplimente für die Gegner
       automatisch auch das eigene Team lobte. Gegen Barcelona, das
       „offensivstärksten und am schönsten anzuschauende Team Europas“ so mit
       „Herz und Organisation“ dagegen zu halten – das sei „fantastisch“, so
       Inzaghi.
       
       In Mailand wird ihm wohl sein Kapitän und Angriffsleader Lautaro Martínez
       fehlen. Der Argentinier verletzte sich vor der Halbzeit ebenso wie
       Verteidiger Jules Koundé, kürzlich noch Pokalfinalheld gegen Real Madrid,
       bei den Katalanen, die derzeit schon auf Goalgetter Robert Lewandowski und
       Linksverteidiger Alejandro Balde verzichten müssen. Folgen der Strapazen
       einer langen Saison, in der beide Vereine noch um die nationale
       Meisterschaft kämpfen. Es dürfte sie nicht davon abhalten, am Dienstag
       wieder Spektakel bis zum Umfallen zu bieten.
       
       1 May 2025
       
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       ## AUTOREN
       
   DIR Florian Haupt
       
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