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       # taz.de -- Steve Carell in „The Four Seasons“: Beziehungskrisen in vier Jahreszeiten
       
       > „The Four Seasons“ ist ein gelungenes Remake des Klassikers aus den
       > 80ern. Die Serie erzählt von Liebesbeziehungen und
       > Generationenkonflikten.
       
   IMG Bild: Colman Domingo als Danny und Marco Calvani als Claude in „Die vier Jahreszeiten“
       
       Berlin taz | Nick will sich scheiden lassen. Das teilt er seinen
       verblüfften Freunden ausgerechnet an seinem 25. Hochzeitstag mit. Den
       feiern Nick (Steve Carell) und seine Frau Anne (Kerri Kenney-Silver) ganz
       romantisch in einem Haus am See zusammen mit zwei befreundeten Pärchen.
       Anne ahnt nichts vom Scheidungswunsch und organisiert als Überraschung für
       ihren Mann eine Riesenparty, um die Ehegelübde feierlich zu erneuern. Die
       Katastrophe scheint vorprogrammiert.
       
       Die [1][Netflix-Serie „The Four Seasons“] ist das gelungene Remake einer
       erfolgreichen Komödie aus dem Jahr 1981. Der Titel ist an Antonio Vivaldis
       Violinkonzerte „Vier Jahreszeiten“ angelehnt, die ausgiebig zur Untermalung
       dieses flotten Achtteilers eingesetzt werden.
       
       Die jeweils halbstündigen, dialogreichen Episoden spielen an vier
       verschiedenen Urlaubsorten zu vier verschiedenen Jahreszeiten und erzählen
       von den gruppendynamischen Prozessen der befreundeten Paare rund um die
       Trennung von Nick und Anne. Schon wenige Monate nach der im Frühling
       vollzogenen Trennung fährt Nick mit seiner neuen, gut 20 Jahre jüngeren
       Freundin Ginny (Erika Henningsen) in den Sommerurlaub. Mit dabei sind stets
       die anderen beiden Paare, Kate (Tina Fey) und Jack (Will Forte), sowie
       Danny ([2][Colman Domingo]) und Claude (Marco Calvani).
       
       ## Eine viel zu junge Partnerin
       
       Wie funktionieren langjährige Liebesbeziehungen? Welche Konflikte gilt es
       zu bewältigen? Was bedeutet es, gemeinsam älter zu werden? Auch wenn die
       starbesetzte Serie „The Four Seasons“ anfangs als eine fast etwas zu
       beliebig wirkende Beziehungskomödie daherkommt, nimmt die Erzählung
       ungemein Fahrt auf, wenn sie versucht, diese Frage zu beantworten.
       
       Der Sommerurlaub an der mexikanischen Küste im Ökoressort, den die
       31-jährige Ginny plant, wird für Nicks luxusverwöhnten über 50-jährigen
       Upper-Middle-Class-Freunde zur Zerreißprobe. Als dann auch noch ein
       Hurrikan kommt und sich herausstellt, dass Ex-Frau Anne in einem
       benachbarten Hotel Urlaub macht, kommt es am Traumstrand zur Eskalation.
       
       Nicht weniger dramatisch wird es bei der Herbstfahrt in die ehemalige
       Uni-Kleinstadt der sechs Freunde im beschaulichen Neu-England, wo
       mittlerweile die Töchter zweier Paare studieren. Die Unitheater-Aufführung
       eines Stücks, das Nicks und Annes Tochter Lila (Julia Lester) geschrieben
       hat, wird zur knallharten Abrechnung mit den Eltern und der neuen Freundin
       des Vaters. Die anderen beiden Paare sind derweil mit den Untiefen ihrer
       Beziehungskrisen beschäftigt. Und das geht nahtlos weiter auf der
       Winterfahrt ins Skigebiet.
       
       ## Feinfühlige Ironie
       
       Statt auf krawallige Satire setzt „The Four Seasons“ auf feinfühlige Ironie
       in einer kammerspielartigen Atmosphäre, wo die Figuren gediegen ihre
       Spleens ausleben: Der Hypochonder Jack sehnt sich nach seiner verlorenen
       Jugend, während Ehefrau Kate die Schnauze voll davon hat, sich um den
       ganzen Alltag kümmern zu müssen und ihren selbstmitleidigen Mann zu
       trösten.
       
       Claude bemuttert in einem fort seinen Ehemann Danny, der gerade einen
       Herzinfarkt hatte, aber keine Abstriche bei seiner Arbeit als Architekt
       machen will und fortwährend die Urlaubsgemeinschaft bekocht. Und Anne
       versucht, trotz der Trennung Spaß zu haben, was nicht immer gelingt, etwa
       als sie vergeblich ihren Surflehrer verführen will. Nick suhlt sich derweil
       im frisch verliebten Glück und hadert bald mit den für ihn viel zu
       jugendlichen Freunden seiner Geliebten.
       
       Die Serie erzählt pointiert von Klassenschranken, Generationenkonflikten,
       der peinlichen Unfähigkeit, [3][alt zu werden], und der
       widerlich-männlichen Attitüde, für immer ein sportlicher und cooler Junge
       bleiben zu wollen. Am Ende driftet die sehenswerte Geschichte, die dann
       doch große Unterschiede zum Film von 1981 hat, ins Tragische ab und wartet
       mit einem verblüffenden Finale auf.
       
       2 May 2025
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://www.netflix.com/de/title/81750702
   DIR [2] /Spielfilm-Sing-Sing-ueber-Knastalltag/!6068731
   DIR [3] /Kolumne-Aus-dem-Leben-einer-Boomerin/!t6033761
       
       ## AUTOREN
       
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