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       # taz.de -- Palästina-Demo in Berlin: Protest gegen die Trumpisierung von Abschiebungen
       
       > Hunderte Menschen protestieren gegen die Ausweisung von vier
       > Palästina-Aktivist:innen. Sie sehen das Grundgesetz in Gefahr.
       
   IMG Bild: Sie bleiben alle: Palästina-Protestierende am Alexanderplatz
       
       Berlin taz | Ein Meer aus palästinensischen Fahnen weht am Alexanderplatz.
       Mehrere hundert Menschen haben sich hier am Freitagnachmittag
       zusammengefunden, um gegen [1][die drohende Ausweisung der
       Palästina-Aktivist:innen Shane O'Brien, Kasia Wlaszczyk, Roberta Murray und
       Cooper Longbottom] zu demonstrieren. Junge Studierende in Kufiyas rauchen
       selbstgedrehte Zigaretten, schwarz gekleidet Antifas stehen eingewickelt in
       „FCK AfD“ Fahnen herum, ältere arabische Männer und Frauen unterhalten sich
       über das Neuste.
       
       Ein Mann hält Bilder mit verstümmelten Kindern aus dem Gazastreifen hoch,
       auf einem Banner einer kommunistischen Organisationen wird eine neue
       Intifada gefordert. Es dauert nicht lange, bis die Polizei das erste Mal in
       die Menge geht, und eine Person festnimmt. „Shame on you, shame on you“
       rufen die Demonstrierenden.
       
       Zur Demo unter dem Slogan „Wir bleiben alle! Politisch motivierte
       Abschiebungen stoppen“ hatten Menschenrechtsorganisation und linke
       Initiativen aufgerufen, darunter etwa Amnesty International Deutschland,
       die Interventionistische Linke und Sea Watch. Im Aufruf wurde vor der
       „Instrumentalisierung des Aufenthaltsrechts“ gewarnt, das die drohende
       Ausweisung der Aktivist:innen darstelle. Diese sei ein „Testballon, um
       auszuloten, wie weit staatliche Repression gegen kritischen Aktivismus in
       Deutschland gehen kann.“
       
       Mehrfach wurde in Redebeiträgen eine Verfassungskrise attestiert. Ein
       Redner beklagte etwa „eine zunehmende ideologische Konformität von
       Institutionen mit der Linie der Regierung“, die ihn an die frühe Phase des
       Nationalsozialismus erinnere. Ausgeholt würde das „Recht, Rechte zu haben“,
       zitierte der Aktivist die Philosophin Hannah Arendt, denn Rechte würden
       zunehmend von Staatsangehörigkeit oder politischer Haltung abhängig
       gemacht. „Solange wir nicht alle frei sind, ist niemand frei“, rief der
       Redner – und erntete tosenden Applaus.
       
       ## Einzug des Trumpismus in die Politik
       
       Ende März [2][war öffentlich geworden], dass das Berliner Landesamt für
       Einwanderung (LEA) auf Geheiß des Berliner Senats eine Ausweisung der vier
       Aktivist:innen anstrebt, die bis auf den US-Amerikaner Longbottom aus
       der EU stammen, hier also eigentlich Freizügigkeit genießen. Vorgeworfen
       wird ihnen etwa die Beteilung an einer gewalttätigen Besetzung der Freien
       Universität im Oktober 2024 – von einem Gericht verurteilt wurde jedoch
       noch keine:r der vier Aktivist:innen.
       
       Im Falle von Shane O'Brien hat das Berliner Verwaltungsgericht vergangene
       Woche den Vollzug der Abschiebung zunächst gestoppt. O'Brien darf nun
       bleiben, bis in der Hauptsache entschieden hat. Das Gericht verneinte
       [3][Berichten zufolge] allerdings nicht grundsätzlich, dass EU-Bürger:innen
       auch ohne Verurteilung die Freizügigkeit entzogen werden kann – bemängelte
       aber, das LEA hätte die polizeilichen Vorwürfe nicht eigenständig
       überprüft.
       
       Eine Rednerin von Amnesty International sagte auf der Auftaktkundgebung,
       der Fall stehe examplarisch dafür, wie sich die deutsche Politik zunehmend
       an Donald Trump orientiere. Sie zog einen Vergleich [4][zum Fall des
       Palästina-Aktivisten Mahmoud Khalil], dem die Trump-Administration auf
       Basis nicht belegter Vorwürfe der Terrorunterstützung abschieben will. Von
       der Bundesregierung forderte sie, das Aufenthaltsrecht nicht zu
       missbrauchen, die Rede- und Versammlungsfreiheit zu wahren und
       Palästina-Solidarität nicht unter Generalverdacht zu stellen.
       
       Um kurz nach 17 Uhr setzt sich die schätzungsweise 500 Menschen in
       Bewegung. Die Protestierenden skandieren die bekannten Parolen der Szene,
       von „Hoch die internationale Solidarität“, über „Yallah, yallah, Intifada“
       bis zu „Israel is a terrorist state“. Bereits kurz nach Demostart heizt
       sich die Situation kurz auf, als die Polizei wiederholt Demonstrierende aus
       dem Protestzug zieht. Ein Sprecher der Polizei sprach nur zwanzig Minuten
       nach Demostart gegenüber der taz von vier Festnahmen. Grund seien verbotene
       Symbole, sowie Hamas-verherrlichende Schriftzüge. Unter den Festgenommenen
       sei zudem ein „wiedererkannter Straftäter“.
       
       Vor dem Berliner Dom haben sich etwa zwanzig Gegendemonstrant:innen
       versammelt. Sie tragen Israelflaggen und Schilder auf denen die von den
       Hamas entführten Geiseln zu sehen sind. Aus dem Demonstrationszug wird
       ihnen „Fuck Israhell“ und „Shame on you!“ entgegnet. „Islamfaschisten seid
       ihr!“, ruft einer aus dem Gegenprotest.
       
       18 Apr 2025
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Ausweisung-von-Palaestina-Aktivistinnen/!6081707
   DIR [2] https://theintercept.com/2025/03/31/germany-gaza-protesters-deport/
   DIR [3] https://www.lto.de/recht/hintergruende/h/vg-berlin-24l9125-ausweisung-palaestina-aktivist-freizuegigkeit-eu-rechtswidrig
   DIR [4] /Pro-palaestinensischer-Aktivist/!6082409
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Nicolai Kary
   DIR Timm Kühn
       
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